Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Kuhnert
Vom Netzwerk:
bist du eigentlich gestern Abend noch hingefahren?«
     

44
     
    »Sind Sie noch da?«
    »Ja, natürlich.« Soll Schmidt ihr sagen, dass er es war, der die Leichenschau vorgenommen hat. Er zögert. Es gibt Frauen, die seinen Beruf als seltsam empfinden. Arzt, Gott in Weiß, das mögen sie. Einer, der Tote zerschneidet und zersägt – der ist ihnen unheimlich. Andererseits, wenn sie sich schon unter so ungewöhnlichen Bedingungen verpasst haben, ist das vielleicht die Chance für einen ganz besonderen Neuanfang.
    »Ich habe Sie dort gar nicht gesehen.«
    »Wieso wollen Sie mich geseh …?« Jetzt schweigt sie für einen Moment. »Waren Sie denn auch da?«
    »Ich bin Rechtsmediziner. Ich habe den Leichnam untersucht.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann erleichtertes Aufatmen.
    »Rechtsmediziner? Wie spannend.« Ein kokettes Lachen folgt. »Das müssen Sie mir unbedingt genauer erklären.«
    Ina von Lauenstein hat instinktiv das Zauberwort gewählt, mit dem man Doktor Alfons Schmidt zum Schnurren bringen kann. Sein vergebliches Warten ist vergessen.
    »Gerne«, säuselt er ins Telefon und ist wie ausgewechselt. »Anfang der Woche?« Er will schließlich nicht drängen. »Wollen wir es Dienstag oder Mittwoch noch einmal im Café Mövenpick versuchen?«
    »Da bin ich bereits verabredet«, schiebt sie vor. »Donnerstag und Freitag ist auch schlecht«, sie macht eine kurze Pause, »aber morgen Abend würde es mir gut passen.«
     

45
     
    Kevin geht vor dem Landschulheim auf und ab. Wo Matusch jetzt schon wieder steckt? Das alles gefällt ihm immer weniger. Wieso ist der noch einmal weggefahren, ohne ihn zu fragen?
    Ein beklemmendes Gefühl steigt in ihm auf. Immerzu sieht er das weiße Feld mit den wolligen Gräsern vor sich, hört die Schüsse. Was Matusch sich nur dabei gedacht hat, Felix auch noch mit dem Auto zu verfolgen? Das gefällt ihm überhaupt nicht. Und dann Matuschs Augen. Als Matusch nach dieser Ballerei zurückkam, glänzten sie seltsam fiebrig.
    »Was hast du gemacht?« Kevin hat ihm die Frage entgegen geschmettert, aber Matusch antwortete einfach nicht, zeigte nur stumm auf den Sitz. Statt weiter zu fragen, ist er dann wie befohlen auf den Beifahrersitz geklettert. Richtig blöd ist er sich dabei vorgekommen. Einmal hat er noch einen Versuch gestartet, aber Matusch hat nicht geantwortet. Und nicht nur das. Keinen Ton hat Matusch auf der ganzen Rückfahrt gesagt, hat nur vor sich hin gestarrt.
     
    Eingehüllt von einer Staubwolke taucht der grüne Nissan am Ende des Weges auf. Wenige Augenblicke später bremst Matusch mit quietschenden Reifen rechts vor dem Eingang.
    Beim Aussteigen entdeckt er Kevin auf den Treppenstufen.
    »Was geht, Alter?«
    »Wo warst du?« Kevin kann seine Ungeduld schlecht verbergen.
    »Vorne an der Straße.«
    »Wieso mit dem Auto, das sind doch nur ein paar Meter?«
    »Was is’ Karl, willste Stunk?«
    »Ich find das nicht gut … das mit Felix.« Endlich ist es raus.
    Matusch fixiert Kevin mit zusammengekniffenen Augen.
    »Was soll der Scheiß?« Er macht einen Schritt auf Kevin zu und steht nun direkt vor ihm. Er deutet mit dem Zeigefinger auf den Eihwaz an seinem Unterarm. »Wir halten hier zusammen. Wir gegen den Rest der Welt – für immer.«
    Kevin spürt den rauchigen Atem von Matusch auf seiner schweißnassen Gesichtshaut.
    »Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns – dass das klar ist«, zischt Matusch.
    Es läuft Kevin bei diesen Worten kalt den Rücken herunter.
    »Aber … ich wollte doch nur …«, rudert er zurück, als er das bedrohliche Zucken von Matuschs Hand sieht.
    »Dann ist ja gut, ich dachte schon, du weißt nicht mehr, wo du hingehörst.« Freundschaftlich legt ihm Matusch den Arm auf die Schulter. »Jetzt komm mit, wir müssen die Neuzugänge begrüßen.«
    Beide gehen ins Haus. Als sie den Flur erreichen, bleibt Kevin plötzlich stehen.
    »Hast du Felix erschossen?«
    Matusch kneift die Augen zusammen.
    »Hättest ja die letzten Meter mitfahren können.« Matusch verzieht sein Gesicht zu einem unheimlichen Grinsen. »Der Schnösel kann echt schnell rennen.«
    »Hast du oder hast du nicht?«
    Mit gefletschten Zähnen zieht Matusch den Ärmel seiner Jacke hoch. Sein Eihwaz leuchtet rot.
    »Ich bin ein Jäger. Und zwar ein verdammt guter.«
     

46
     
    Schweigend fahren Beckmann und Martha mit dem alten Volvo über die Burgdorfer Hochbrücke auf die von zwei- und dreigeschossigen Fachwerkhäusern gesäumte Marktstraße und parken das Auto

Weitere Kostenlose Bücher