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Tödliche Pralinen

Tödliche Pralinen

Titel: Tödliche Pralinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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tiefe Depression. Also gab ich
die Erbsenzählerei dran, duschte ein zweites Mal, kochte mir einen starken
Kaffee, trank ihn und stellte mir nacheinander die Fragen, die bisher ungelöst
geblieben waren:
    1. Warum unterschied sich Tanneurs Verfassung am
17. August von der an anderen Tagen?
    2. Welches Ereignis hatte ihn dazu veranlaßt,
seinen Job hinzuschmeißen?
    3. Wo hatte er den 18. August verbracht?
    4. Und den 19.?
    5. Was steckte hinter seinem geheimnisvollen
Verschwinden?
    6 . Tanneur hätte sich den rechten Daumen
nicht verletzen können, wenn er während eines Films mit Fernandel in seinen
Zähnen gestochert hätte. Wie dann? Wo? Dazu kam noch sein leichtes Hinken...
    7. Warum hatte Thomas Jannet sich angeboten, ihn
zu verteidigen?
    8. Warum hatte Jannet sich um die Freilassung
seines Mandanten bemüht?
    9. Warum hatte Tanneur Paoli (dem Gangster, dem
Korsen, dem Großen Manitu) versprochen, das Trinken aufzugeben?
    10. Welche Beziehung bestand zwischen dem
Taxifahrer und dem Gangster?
     
    Die Fragen Nr. 7, 8 und 10 konnte ich sofort
beantworten.
    Tanneur und Paoli kannten sich. Schließlich
erwähnt man den Großen Manitu nicht einfach so. Doch wie gut kannten sich die
beiden? Man durfte nicht vergessen, daß Paoli der Freund und Mandant des
Winkeladvokaten war, was zum Teil auch auf Tanneur zutraf. Welcher Schluß war
daraus zu ziehen?
    Daß Jannet sicherlich von Paoli den Auftrag
erhalten hatte, sich um den Taxifahrer zu kümmern, schloß ich daraus. Demnach
war Tanneur wichtiger, als allgemein angenommen wurde. Gehörte er vielleicht
zur korsischen Bande? Er konnte sehr wohl seine Fahrkünste in ihren Dienst
stellen. Wenn auch nicht ständig, so doch hin und wieder. Bei welchem Raubzug
der Korsen hatte in letzter Zeit ein Fluchtwagen eine Hauptrolle gespielt? Bei
einer Schießerei in Montmartre. Die Polizei hatte angenommen, daß der Wagen
Paoli gehört habe. Beweisen konnte sie es nicht, da er im Verkehrsgewühl des
Boulevard Magenta verschwunden war. Für den Coup hatte man einen geschickten
und waghalsigen Fahrer gebraucht. Wann genau war das gewesen? Januar? Februar?
    Ich sollte diesen Frédéric Tanneur wirklich
genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht würde mich das zu einem Mordmotiv
führen. Wahrscheinlich jedoch nicht. War es nicht überhaupt absurd, Tanneur zum
Mitglied — oder zur Aushilfskraft — der Bande zu machen? Sprach nicht sein
Lebensstandard und vor allem der seiner Familie gegen solch eine Vermutung?
    Meine Gedankenspiele ließen nur einen
vernünftigen Schluß zu: Ich war wieder dabei, mich aufs Glatteis zu begeben!
    Eines stand jedoch fest: Tanneur und Paoli
kannten sich, und der Gangster mußte den Taxifahrer schon sehr mögen oder sehr
brauchen, daß er seinen eigenen Anwalt an ihn auslieh. Wie aber hatte der Korse
so schnell von den Schwierigkeiten erfahren, in denen Tanneur sich befand? Ganz
einfach: Solche Leute haben überall ihre Verbindungen.
    Ich konnte mir vorstellen, daß der Große Manitu
Tanneurs Fähigkeiten dringend benötigte. Das Arbeitsangebot war dem Fahrer am
17. August gemacht worden, nachdem dieser die Taxizentrale verlassen und bevor
er den Fuchs getroffen hatte. Sonst hätte er dem Spitzel nicht seine Stelle
angeboten. Daraus folgte, daß Tanneur eine längerfristige Arbeitsmöglichkeit in
Aussicht hatte. Jannet hatte seinen Mandanten also so schnell aus den Fängen
des Inspektors befreit, weil die geheimnisvolle Arbeit dringend erledigt werden
mußte. Und genau bei dieser Arbeit hatte sich der Taxifahrer am Daumen
verletzt. Er ging so wie jemand, dem man soeben eine Spritze verpaßt hatte.
Eine Tetanusspritze zum Beispiel. Zurück zu der längerfristigen Beschäftigung:
Sie mußte bestens bezahlt werden, denn Tanneur hatte vor, davon zu leben. An
Geld fehlte es Paoli nicht, und als geizig galt er ebensowenig.
    Die Geldfrage brachte mich wieder auf die
Vergiftung des kleinen Jean Tanneur.
    Die Arbeit für Paoli befreite den Taxifahrer von
seinen finanziellen Sorgen. Angenommen, er hatte von seiner Frau die Nase voll,
so konnte er sie jetzt verlassen und ihr außerdem noch Geld zukommen lassen. Er
müßte ja schön blöd sein, wenn er seine guten Zukunftsperspektiven durch ein
Verbrechen aufs Spiel setzen würde!
    War der teuflische Plan — angenommen, es gab ihn
überhaupt — ausgeheckt worden, bevor das Angebot des Großen Manitu gekommen
war?
    Ja.
    Hatte das lukrative Angebot den Mord an seinem
Sohn überflüssig gemacht?
    Ja.
    Warum hatte Tanneur

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