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Tödliche Saturnalien

Titel: Tödliche Saturnalien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts John Maddox
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Begegnung in Furias Zelt, während Julia mir mit finsterem Blick lauschte.
    »Und du hast gedacht«, sagte sie, als ich geendet hatte, »daß ich mich aufregen würde, weil du den Euter dieser Striga gestreichelt hast?«
    »Ich habe gar nichts gestreichelt!« protestierte ich. »Die Frau hat meine bluttriefende Hand an sich gerissen und auf ihre Brust gepreßt. Euter ist jedenfalls nicht die korrekte Bezeichnung. Im übrigen ein recht attraktives Anhängsel, wenn du es genau wissen willst.«
    »Erspar mir die grausamen Einzelheiten«, sagte sie.
    »Egal«, fuhr ich fort, zappelig wie ein verlegener Schuljunge vor einem strengen Direktor, »das war es gar nicht. Es waren ihre Worte. Ich wäre ein Liebling Plutos, ein Jagdhund und eine männliche Harpyie, und mein Leben sei der Tod all dessen, was ich liebe. Ich bin kein abergläubischer Mensch, Julia. Aber ich hatte es schon auf der ganzen Welt mit Betrügern zu tun, und ich weiß, wann ich mit etwas anderem konfrontiert bin. Diese Frau hat mich mit einem Fluch belegt.«
    Sie trank einen Schluck von dem harzigen Wein und setzte sich, augenscheinlich beschwichtigt, neben mich. »Und jetzt erzähl mir den Rest. Was ist gestern nacht passiert, nachdem du mich nach Hause gebracht hast?«
    Die Erzählung dauerte nicht lange. Ich trug meine Geschichte jetzt schon zum dritten Mal vor, und es war noch nicht einmal Mittag. Sie hörte gelassen zu, bis ich an die Stelle mit dem Menschenopfer kam. Sie wurde blaß und ließ den Honigkuchen fallen, den sie gerade zu knabbern begonnen hatte. Julia war weder kalt, abgehärtet und machthungrig noch ein sensationslüsternes Adelstöchterchen.
    »Oh!« meinte sie, als ich fertig war. »Ich wußte, daß diese Frauen heimtückisch sind, aber mir war nicht klar, daß sie wirklich böse sind!«
    »Eine interessante Unterscheidung«, fand ich. »Ich nehme an, du meinst die Patrizierinnen und nicht die Hexen?«
    »Genau. Diese Strigae sind einfach nur primitiv wie Barbaren oder Menschen aus der Zeit vor Homer. Aber Clodia und die anderen machen es nur aus perverser Lust mit.«
    »Cicero hat gerade eben fast dasselbe gesagt«, erzählte ich ihr.
    »Cicero?« fragte sie überrascht. »Wann hast du mit ihm gesprochen?« Ich gab ihr eine Zusammenfassung unseres Gesprächs. Aus irgendeinem Grund liebte Julia alles Philosophische und hörte gebannt zu. Ich war ein wenig verstimmt darüber, daß sie bei dem Bericht über meine lebensgefährliche Lage und meine verzweifelte Flucht, kein bißchen verängstigt gewirkt und bei weitem nicht so fasziniert gelauscht hatte. Zugegeben, ich saß direkt neben ihr und hatte das Abenteuer offensichtlich überlebt, trotzdem hätte ich mir irgendeinen Ausdruck von Sorge gewünscht. Es sollte nicht die einzige Enttäuschung meines Lebens bleiben.
    »Er hat recht«, sagte sie nickend. »Du bist Zeuge eines uralten, religiösen Rituals geworden, und diese weisen Frauen vom Lande sind auf eine schreckliche Weise unschuldig.«
    »Philosophische Distanz zur Welt mag ja ein bewundernswerter Zug sein«, wandte ich ein, »aber diese Frauen wollten mich umbringen! Oder mir zumindest die Augen ausstechen.«
    »Die Strafen für die frevelhafte Entweihung eines Rituals sind immer sehr hart«, fuhr sie ungerührt fort. »Außerdem hast du es ja heil überstanden. Du bist bestimmt kein epischer Held oder so was.« Ich merkte, daß sie noch immer wütend auf mich war.
    »Cicero höchstpersönlich hat mich mit Odysseus verglichen«, sagte ich.
    »Cicero neigt zu rhetorischen Übertreibungen. Genau wie die meisten Patrizier«, befand sie. »Und wie finden wir jetzt diese Ascylta?«
    Es hatte keinen Sinn. »Wir müssen vielleicht warten, bis sie ihren Stand wieder unter dem Bogen im Circus Flaminius aufschlägt. Wahrscheinlich ist sie irgendwo dort …«, mit ausladender Geste wies ich auf das bunte Treiben auf dem hoffnungslos überfüllten Forum, »… aber es wäre völlig zwecklos, sie zu suchen.«
    »Hast du etwas Besseres vor?« fragte sie spitz.
    »Na ja, heute ist Freitag, und ich habe eine unruhige Nacht hinter mir. Ich hatte eigentlich eine kleine Ausschweifung geplant …«
    Sie stieß sich mit ihren Händen von der Brüstung ab und landete elegant auf ihren zierlichen, hochgeborenen Füßchen. »Komm schon, Decius«, rief sie, »laß uns diese Frau suchen gehen.«
    Julias Unternehmungslust deprimierte mich. Zweifelsohne hatte sie gut geschlafen und war nun der Ansicht, daß eine Wanderung durch die Stadt ein

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