Tödliche SMS (German Edition)
und schlief augenblicklich ein. Die wütende Melodie ihres Handys in ihrer Tasche hörte sie nicht mehr.
4.
Montag, 30. Oktober
Oh Gott, er hat sie umgebracht.
Silke liegt auf einem großen Tisch. Ihr Körper leblos, blutverschmiert, totenstill, kein Lebenszeichen mehr. Ein gesichtsloser Mensch beugt sich über sie. Ein riesiger Mund grinst bösartig, und als Andrea den Raum betritt, beginnt die Person schauderhaft zu lachen, ihre Stimme verändert sich, klingt auf einmal wie das Läuten einer Türglocke. Entsetzt starrt sie auf das Wesen. Sie war nicht rechtzeitig gekommen.
Es war ein Traum.
Erschöpft und schweißgebadet erwachte Andrea am späten Vormittag.
Es war alles nur ein furchtbarer Traum. Nur das Läuten hallte nach wie vor in ihrem Kopf. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie begriff, dass das Klingeln nicht zu ihrem Traum, sondern zur Wohnungstür gehörte. Sie schlug die Decke zurück und blickte beiläufig zu den beiden Tauben hoch, konnte aber nur eine erkennen, die auf der Dachrinne hin und her stolzierte. Der Himmel war grau und wolkenverhangen, genau wie Andreas Stimmung. Was aber nicht am Wein vom Vortag lag, sondern an der Tatsache, dass Silke tot war. Dieser Gedanke katapultierte sie in Sekunden in die schreckliche Realität zurück, der sie am Vorabend versucht hatte zu entfliehen.
Im einem ihren Kopfschmerzen angemessenen Tempo zog sie ein T-Shirt über und ging barfuß über den Flur zur Eingangstür. Das Klingeln hielt an. Sie legte die Sicherheitskettevor. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, oder bereits die Rückkehr ihrer Panik? Dann öffnete sie jenen Spaltbreit, den die Kette zuließ. Vor ihr stand Remo Bauer. Doch er war nicht allein. Hinter ihm standen zwei Männer in Zivil und die Polizistin in Uniform vom Vortag.
„Es tut mir leid, aber wir müssen uns in der Wohnung Ihrer Freundin umsehen“, sagte der Inspektor. Er sah über ihre Schulter in den Vorraum, wo Andreas Kleidungsstücke auf dem Boden lagen, die aber zum Glück, aufgrund der geringen Öffnung, nicht zu sehen waren.
Ohne ein Wort zu sagen, schloss Andrea die Tür, nahm die Kette ab, öffnete die Tür jetzt zur Gänze und ließ die Polizisten eintreten. Obwohl sie halb nackt im Vorraum stand, beachtete sie kaum jemand. Zeitgleich hob sie ihre Kleidung vom Boden auf und verschwand zähneknirschend im Badezimmer. Dort stopfte sie ihr Gewand in die Waschmaschine, schaltete sie jedoch nicht ein. Ein Blick in den Spiegel genügte und Andrea wusste, dass hier mehr angebracht war als eine heiße Dusche. Ihre Haare klebten förmlich an ihrem Kopf, ihr Make-up hatte hässliche Flecken in ihr Gesicht gemalt, der dunkle Kajal und die schwarze Wimperntusche hatten ihren Weg über die Wangen in Richtung Hals gefunden und ihre Augen waren rot und verschwollen. Sie sah einfach schrecklich aus. Es glich einem Wunder, dass Remo Bauer sie auf den ersten Blick erkannt hatte. Oder hatte sie etwa am Vortag schon so ausgesehen? Sie dachte nicht daran, sich diese Frage zu beantworten. Die Antwort wäre mehr als ernüchternd gewesen, denn wie hätte sie sonst aussehen sollen, nachdem sie die Leiche ihrer besten Freundin gefunden hatte.
Sie entledigte sich ihrer spärlichen Bekleidung. Gerade als sie die Tür zur Duschkabine öffnete, klopfte es an der Badezimmertür. Erst jetzt bemerkte Andrea, dass sie nicht abgeschlossen hatte. Die Polizistin steckte ihren Kopf herein. „Estut mir leid, Frau Reiter, aber ich muss Sie bitten, mich einzulassen“, sagte sie.
„Wozu?“, fragte Andrea verständnislos.
„Solange die Untersuchung der Wohnung läuft, darf ich Sie nicht alleine lassen. Das ist leider Vorschrift.“ Ihre Mimik verriet, dass auch ihr nicht wohl bei dem Gedanken war, das Kindermädchen einer erwachsenen Frau zu spielen.
„Das ist jetzt aber nicht wahr!“, empörte sich Andrea laut. „Was glauben Sie denn, was ich hier mache? Die Tatwaffe verschwinden lassen?“
„Ist alles schon mal vorgekommen“, hörte sie die Stimme des Inspektors durch die halb geöffnete Tür. Blitzschnell griff Andrea nach einem Handtuch und hielt es sich vor den nackten Körper. Aber nichts geschah. Remo Bauer betrat nicht, wie von Andrea befürchtet, das Bad. Da war es wieder. Dieses Misstrauen.
Einatmen. Ausatmen. Es geht mir gut.
„Hab ich eine Alternative?“, fragte Andrea, ebenfalls durch die geöffnete Tür.
Die Polizistin schüttelte den Kopf und der Inspektor bestätigte dies mit einem energischen „Nein!“
„Na gut, dann kommen
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