Tödliche SMS (German Edition)
Sie rein“, blaffte Andrea, obwohl die Polizistin bereits mitten im Raum stand. „Aber schließen Sie die verdammte Tür ab.“
„Keine Angst, meine Kollegen werden das Bad nicht betreten, solange wir hier sind. Übrigens, ich heiße Rita Schuhmann.“ Sie streckte Andrea ihre rechte Hand entgegen.
Andrea ergriff sie. „Andrea Reiter. Aber das wissen Sie ohnehin schon.“ Dann drehte sie sich herum und verschwand in der Duschkabine.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie das Gefühl hatte, wiederhergestellt zu sein, und sie die Kraft hatte, dem, was nun folgen würde, entgegenzutreten. Sie schlüpfte in Silkes weißenBademantel, der hinter der Tür hing, schlug ihre feuchten Haare in ein Handtuch ein und verließ gemeinsam mit Rita Schuhmann das Bad. In ihrem Zimmer zog sie sich frische Unterwäsche, Jeans und einen Pulli an und trat in den Vorraum.
Ein Polizist hatte sich inzwischen Silkes Schlafzimmer vorgenommen. Er zog sämtliche Schubläden auf und kramte darin herum. Remo Bauer und sein Kollege sahen sich inzwischen im Wohnzimmer um. Trotzdem hatte sich die ganze Wohnung kaum verändert. Andrea hatte schon Angst, dass sich hier alles in ein Chaos verwandelt hatte. Aber dem war nicht so. Die Polizisten gingen sehr behutsam mit Silkes Sachen um. Trotzdem überkam Andrea ein ungutes Gefühl, als ein junger Polizist die Fotoalben ihrer Freundin betrachtete. Auch ihr Kleiderkasten wurde durchwühlt, ihre Dessous in die Hand genommen sowie ihre Schmutzwäsche eingesackt und ihre Videos und Bücher durchgesehen.
Andrea fragte sich, ob das wirklich notwendig war, sagte aber nichts. Sie spürte, wie ihre Augen glasig wurden.
„Ist das Ihre Handtasche oder die Ihrer Freundin?“, riss Remo Bauer sie aus ihren Gedanken. Er stand hinter ihr. Sie hatte ihn nicht bemerkt.
„Meine“, antwortete sie. Er warf einen kurzen Blick hinein, stellte sie wieder auf den Boden und starrte auf ihre nackten Füße. Einen Moment lang fühlte sich Andrea unsicher. Splitterte ihr Nagellack ab? Nein, der war in Ordnung. Waren ihre Beine rasiert? Auch das hatte sie erst vor kurzem getan, wenngleich er das unter den Jeans sowieso nicht sehen konnte. Vielleicht war es ja auch der blaue Stein ihres silberfarbenen Zehenrings, dem seine volle Aufmerksamkeit galt. „Und sind Sie sich nun sicher, dass das gestern Silke war?“, lenkte sie ihn von ihren Füßen ab.
„Ja, leider“, antwortete er und wandte sich wieder ihrem Gesicht zu.
„Was ist mit Silkes Eltern?“
„Sie werden gerade von Kollegen informiert.“
Andrea setzte eine besorgte Miene auf, deshalb fügte er hinzu: „Eine Psychologin ist auch dabei. Eine sehr gute sogar. Kennen Sie die Eltern Ihrer Freundin?“
„Ja“, antwortete Andrea und erinnerte sich an die vielen Sonntage, an denen Silke und sie sich selbst zum Mittagessen eingeladen hatten. Silkes Eltern hatten sie stets willkommen geheißen. „Ich werde sie in den nächsten Tagen besuchen.“
„Heißt das, Sie haben sich dazu entschlossen, die ganze Woche zu bleiben?“
Sie nickte und über das Gesicht Remo Bauers huschte unmerklich ein Lächeln. Täuschte sie sich, oder freute er sich darüber?
„Vielleicht brauchen ihre Eltern meine Unterstützung. Sie müssen wissen, Silke war ihr einziges Kind. Ihre Mutter war bereits vierzig, als sie meine Freundin zur Welt brachte. Die Königs hatten die Hoffnung, ein eigenes Kind zu bekommen, schon aufgegeben.“
„Wie alt sind die beiden?“
„Maria, so heißt Silkes Mutter, ist jetzt Anfang siebzig. Ihr Vater zwei Jahre jünger. Ich weiß nicht, wie sie die Nachricht aufnehmen, wie sie den Tod Silkes verkraften und ob sie alle Behördenwege schaffen.“
„Die beiden werden ihre Tochter identifizieren müssen“, bemerkte Remo Bauer.
„Das ist genau das, was ich meinte.“ Andrea griff nach ihrer Tasche und drängte sich an dem Inspektor vorbei in Richtung orange Couch. Er folgte ihr mit den Augen.
„Muss ich hierbleiben?“
Er bejahte. „Ich weiß, dass das hier nicht leicht für Sie ist. Aber leider haben wir unsere Vorschriften. Sie müssen so lange in der Wohnung bleiben, bis wir fertig sind. Wir werden sichernoch eine Stunde brauchen. Sollten wir verwertbare Spuren finden, müssen wir eventuell einen Raum versiegeln. Aber auch dann können Sie selbstverständlich in der Wohnung bleiben.“
Andrea war verwundert. Sie hatte nicht eine Minute daran gedacht, die Wohnung zu verlassen. Diese Zimmer waren immerhin auch einmal ein Teil von ihr
Weitere Kostenlose Bücher