Tödliche SMS (German Edition)
stören.“
Andrea lächelte dünn. „Das ist ja nun leider vorbei.“
Die alte Dame schenkte Wasser nach. „Ja, das ist es nun. Aber was ist denn eigentlich passiert? Die Zeitungsberichte nehmen es ja auch nicht immer so genau mit der Wahrheit.“ Sie nippte an ihrem Wasser.
Andrea runzelte die Stirn. „Um ehrlich zu sein, ich habe keinen einzigen Zeitungsartikel gelesen.“
„Weiß die Polizei schon, wer es war?“ Die alte Frau blickte von ihrem Teller auf, sah Andrea direkt in die Augen.
„Die Polizei ist noch nicht weit gekommen. Sie ermittelt im Freundeskreis und im beruflichen Umfeld von Silke. Bis jetzt gibt’s leider nichts Genaues.“
Frau Meinrad schüttelte den Kopf. „So ein Unglück.“
„Ist Ihnen was aufgefallen? Vielleicht an Silke? Hat sie sich irgendwie anders verhalten als sonst?“, fragte Andrea hoffnungsvoll.
„Ich hab nicht darauf geachtet. Aber wenn ich sie im Stiegenhaus traf, kam sie mir vor wie immer, fröhlich und ausgelassen. So wie sie halt war.“
„Fröhlich und ausgelassen“, wiederholte Andrea. Sie legte das Besteck beiseite. Ihr Teller war leer, was der alten Dame ein verzücktes Lächeln ins Gesicht zauberte.
„Was ich Ihnen noch sagen wollte. Im Dezember zieht ein neuer Mieter ein. Ist jemand vom Haus, der schon länger eine größere Wohnung sucht. Hatte angeblich bisher nur eine Einzimmerwohnung. Eine Frau Wrabetz von der Hausverwaltung kommt heute Nachmittag mit ihm vorbei, um die Wohnung anzusehen. Ich lebe ja jetzt in München.“
Sie machte eine kurze Pause, wartete auf eine Reaktion von Frau Meinrad. Aber die alte Frau aß in Ruhe weiter. Nicht aus Gleichgültigkeit, sondern vielmehr deshalb, weil sie die Veränderung, die so ein Tod mit sich brachte, nicht ändern konnte.
„Ich werde Ihnen schreiben. Versprochen!“
„Ja, tun Sie das, Andrea. Und passen Sie gut auf sich auf.“
Das war jetzt das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit, dass jemand sie bat, auf sich aufzupassen. Schön langsam sollte sie diesen Ratschlag ernst nehmen.
Am Nachmittag um vier kamen die Dame von der Hausverwaltung und der Nachmieter. „Das ist Herr Kogler“, erklärte Herta Wrabetz.
Andrea betrachtete den Mann oberflächlich. Er war etwa einsachtzig groß, hatte brünettes kurzes Haar. Sie schätzte ihn auf Anfang vierzig. Das Gesicht kam ihr bekannt vor. Während sie die beiden hereinbat und die Wohnungstür wieder schloss, durchforstete sie ihr Gedächtnis, kam aber nicht drauf, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. Das ging ihr in letzter Zeit öfter so.
„Es tut mir leid, dass wir so kurzfristig hereinplatzen“, ergriff Kogler das Wort. „Aber ich konnte heute etwas früher von der Arbeit nach Hause gehen und habe Frau Wrabetz gebeten, Sie anzurufen, weil ich in den nächsten Tagen keine Zeit habe. Ichhoffe, Sie sind deshalb nicht ungehalten. Der Mietvertrag läuft ja erst Ende November aus.“
„Nein, keineswegs“, log Andrea, freute sich aber, dass dieser Kogler allem Anschein nach gute Manieren hatte, etwas steif, aber höflich.
„Wie Sie sehen, habe ich schon mit dem Packen begonnen.“ Sie deutete auf die wenigen Kartons, die verstreut im Vorraum standen. „Wo wollen Sie anfangen?“
„Egal!“, antwortete die Hausverwalterin. Dann besah sie sich die Wand im Vorraum. „Hier wurde erst kürzlich gestrichen, nicht wahr?“, flötete Frau Wrabetz und blickte sich mit gespielter Begeisterung um.
„Ja, meine Freundin hat alle Räume frisch gestrichen, bevor sie …“
„Ach ja! Tut mir sehr leid“, unterbrach sie Herta Wrabetz. Sie hatte sich wahrscheinlich gerade den Grund der Wohnungsvermietung in Erinnerung gerufen.
„Ich hab es in der Zeitung gelesen“, warf nun auch Kogler ein. „Eine furchtbare Sache, die da mit Ihrer Freundin passiert ist. Da glaubt man, solche Dinge passieren nur in Amerika und dann das. Was denkt denn die Polizei? Sind die dem Täter wenigstens schon auf der Spur?“
Andrea schüttelte verneinend den Kopf. „Ich weiß nicht. Möchten Sie jetzt die Wohnung sehen?“
Die beiden bejahten und Andrea führte sie den Vorraum entlang zu Silkes Schlafzimmer. Das Terrakotta an den Wänden war perfekt auf das dunkle Mobiliar des Zimmers abgestimmt. In der Mitte des Raums stand Silkes Futon. Die Decken und Pölster waren mit weißer Bettwäsche überzogen. Das Zimmer war ein krasser Gegensatz zu Silkes greller Farbenwelt, was Andrea erst jetzt auffiel. Sie wandte sich an Kogler. „Ich hoffe, die Farben der Räume gefallen
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