Tödliche Täuschung
dem Gericht zu.
Delphine beschrieb gerade ein großes gesellschaftliches Ereignis. Ihr Gesicht leuchtete bei der Erinnerung an diese aufregenden Stunden.
»Alle Mädchen waren einfach hinreißend«, sagte sie mit weicher Stimme. Ihre schlanken Hände ruhten auf dem Geländer vor ihr; sie umklammerte es nicht, sondern berührte es nur ganz sacht. »Die Kleider waren exquisit.« Sie lächelte beim Sprechen.
»Wie ein Meer von Blüten, das der Wind hereingeweht hatte - so sah es aus, als sie über den Boden wirbelten. Die Kronleuchter funkelten, und das Licht spiegelte sich in ihrem Schmuck und ihrem Haar wider. Und die jungen Männer waren so elegant. Killian tanzte den ganzen Abend mit Zillah und hat kaum mit jemand anderem gesprochen. Einige Tänze hat er ausgelassen, aber ich habe nicht gesehen, dass er einer anderen Dame auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt hätte, ganz gleich, wie schön oder wie charmant sie gewesen sein mochte.« Sie zog die Schultern ein wenig in die Höhe. »Und es waren viele Damen mit Titel dort und Erbinnen, die ein beträchtliches Vermögen zu erwarten hatten. An diesem speziellen Abend war Lady…«
Sacheverall hob die Hand. »Ich bin überzeugt, dass viele hoch stehende Persönlichkeiten anwesend waren, Mrs. Lambert.
Wichtig ist nur, dass Mr. Melville Ihrer Tochter sehr offensichtlich den Hof gemacht hat, sodass alle es sehen konnten und man seine Absichten kaum missverstehen oder falsch auslegen konnte. Und nun, Madam, muss ich ein weitaus schmerzlicheres Thema ansprechen, wofür ich mich entschuldigen möchte. Ich wünschte aufrichtig, es ließe sich vermeiden, aber das ist leider ausgeschlossen.«
»Ich verstehe.« Delphine nickte, und das Leuchten in ihrem Gesicht verschwand; ihr Körper schien förmlich zu schrumpfen, als sie sich von vergangenem Glück ab und wieder der Gegenwart zuwandte. »Tun Sie, was notwendig ist, Mr. Sacheverall.«
»Sie haben mit gerade erzählt, dass Mr. Melville Ihrer Tochter öffentlich und erkennbar den Hof gemacht hat. Es muss also in Ihrem Freundeskreis, ja in der ganzen Gesellschaft, bekannt gewesen sein, dass die beiden heiraten würden?«
»Selbstverständlich.« Sie hob ihre schönen Augenbrauen.
»Sie hat keinen Hehl aus ihrem Glück gemacht. Welches junge Mädchen tut das schon?«
Sacheverall ging einige Schritte in die eine Richtung, dann wieder in die andere. Er bewegte sich sehr elegant und war sich dessen bewusst. Schließlich blieb er stehen und sah sie wieder an. »Mr. Melville hat also plötzlich und ohne einen Grund, der uns einsichtig wäre, die Verlobung gelöst und sich geweigert, sein Eheversprechen einzuhalten. Welche Wirkung wird das auf Miss Lamberts Ruf haben und ihre Aussichten auf eine zukünftige Ehe?«
»Es wird sie natürlich ruinieren!« Die Panik in Delphines Worten war unüberhörbar. »Wie könnte es anders sein? Die Leute werden sich fragen, warum, und wenn es keine Antwort auf diese Frage gibt, werden sie das Schlimmste vermuten. Das tut doch jeder, nicht wahr?«
»Ja, Mrs. Lambert, ich fürchte, das gehört zu den weniger einnehmenden Charakterzügen der menschlichen Natur«, sagte Sacheverall voller Mitleid. »Selbst wenn es ungerechtfertigt ist.« Er lächelte kläglich. »Und Schönheit hat bisweilen ihre Nachteile, da sie bei den weniger vom Schicksal Begünstigten Neid erweckt.«
Delphine schien den Tränen nahe zu sein. »Und dabei ist sie vollkommen unschuldig!«, sagte sie verzweifelt. »Es ist so ungerecht!« Ihr Blick richtete sich auf die Geschworenen und kehrte dann zu Sacheverall zurück. »Wie konnte er ihr das antun - ihr oder einer anderen Frau? Es ist grausam! Ich kann die Leute schon hören, wie sie einander fragen, was denn wohl nicht stimmt mit ihr. Was weiß er über sie, was er nicht sagen will?« Sie musterte ihn trotzig. »Und da ist nichts! Gar nichts! Sie ist bescheiden und klug, aber nicht zu klug; hübsch, aber nicht zu stolz oder überheblich, und sie ist so ehrenhaft, wie ein junges Mädchen es nur sein kann.« Sie schluckte, und ihre Stimme wurde rau. »Und sie war so verliebt in ihn. Es ist so furchtbar , dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, warum er es tut! Sie müssen es herausfinden! Sie müssen beweisen, dass Killian Melville, nicht Zillah boshaft und von widernatürlichem Wesen ist.«
»Das werden wir, Mrs. Lambert«, versicherte Sacheverall ihr sanft. »Wir werden dem Gericht und der Gesellschaft beweisen, dass Miss Lambert ohne Ursache großes
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