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Tödliche Therapie

Tödliche Therapie

Titel: Tödliche Therapie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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sofort auf die ganze Straße
über. Ich versuchte, Mrs. Coltrain auf die Seite zu ziehen, verlor aber das
Gleichgewicht und fiel hin. Dabei löste sich ihre Hand aus meiner, und als ich
wieder stand, war sie nicht mehr zu sehen. Ich bedeckte schützend mein Gesicht
mit den Händen und kämpfte mich seitlich aus dem Gewühl. Dem Schlimmsten entkommen,
blickte ich über die Menge, konnte aber weder Lotty noch Mr. Contreras
entdecken. Ich lief auf die Vorderseite des Hauses. Zwei Polizisten in Uniform
und Schutzhelmen standen herum und unterhielten sich, während Dieter Monkfish
noch immer unermüdlich in sein Megaphon sprach. Es war so laut, daß die
Polizisten dem anschwellenden Lärm hinter dem Haus keine Aufmerksamkeit
schenkten.
    „Drei alte Männer werden da hinten
zusammengeschlagen“, keuchte ich und wurde mir bewußt, daß etwas Feuchtes über
meine Backe rann.
    Einer der Polizisten sah mich argwöhnisch an. „Sind
Sie sicher?“
    „Sie brauchen nur nachzusehen. Lieutenant Mallory
hat versprochen zu kommen, falls jemand ermordet würde. Wollen Sie warten, bis
er den Fall übernimmt?“
    Derjenige, der mich angesprochen hatte, zog sein
Sprechgerät aus dem Bund und schaltete es ein.
    „Du bleibst hier mit ihr, Carl. Ich geh nachsehen.“
    Er schlenderte den schmalen Weg zwischen Lottys
Praxis und dem Nachbarhaus entlang. Nach ein paar Sekunden kreischte Carls
Sprechgerät. Carl antwortete, begriff, was los war, und holte Verstärkung.
Innerhalb weniger Minuten wimmelte es nur so von Polizisten mit Schutzhelmen.
     
    14   Blinde Zerstörungswut
     
    Als Dieter Monkfish die Bereitschaftspolizei
bemerkte, drehte er durch. Er schrie seinen treuen Gefolgsleuten durchs Megaphon
zu, daß sie angegriffen würden und lief weg in Richtung Hintereingang.
    Wenn ich mir nicht wegen Lotty und Mr. Contreras
Sorgen gemacht hätte, wäre ich in die entgegengesetzte Richtung geflohen. Ich
hatte mich schon ein paarmal mitten in einer wildgewordenen Menge befunden und
hatte miterlebt wie die Polizei versuchte, diese in den Griff zu bekommen.
Alle reagierten voller Panik, die Polizei machte rückhaltlos von ihren Schlagstöcken
Gebrauch, und es war ebensogut möglich, von Freunden wie von Feinden
niedergeknüppelt zu werden.
    Ich legte schützend die Hand auf meine Verletzung
und dachte angestrengt nach. Wenn sie den Revolver bei mir fanden, würden sie
sich nicht die Zeit nehmen, nach meinem Waffenschein zu fragen. Und ich wollte
ausgerechnet jetzt nicht noch mehr Prügel beziehen.
    Die Kameraleute, nach dem langen, ereignislosen
Vormittag begeistert von der Aussicht auf wirkliche Action, folgten Dieter
Monkfish. Ich schloß mich einem Kameramann an und benutzte ihn als
Schutzschild.
    Eine Neuauflage der Geschehnisse von Grand Park
1968 erwartete uns. Die Polizei hatte eine lückenlose Kette am nördlichen
Ende des Weges gebildet und drängte die Menge Richtung Cornelia Street, wo die
Grünen Minnas standen. Die Leute schrien, Steine und Bretter flogen durch die
Luft. Eine Coladose traf einen Polizisten am Helm. Cola lief ihm übers Gesicht,
und er drosch blind auf alles ein, was ihm in den Weg kam, bis er von der Menge
überrannt wurde. Die enge Straße machte jegliche Taktik zunichte, Polizisten
und Demonstranten gerieten hoffnungslos durcheinander.
    Ich wagte es nicht, mich ins Gedränge zu mischen,
und hielt hilflos Ausschau nach Lotty, ohne sie zu entdecken. Ich hielt mich
nahe an der Hauswand, um nicht in die Schlägerei hineingezogen zu werden, als
ich hörte, wie die Alarmanlage losging. Oder vielleicht fühlte ich es auch nur,
denn in dem Chaos war nichts außer tierischen Schreien zu hören.
    Zwischen den Kameraleuten hindurch bahnte ich mir
einen Weg zur Vorderseite des Hauses. Die Leute warfen Steine und Eisenteile in
die gläserne Ladenfront; die Alarmanlage heulte unheilvoll. In maßloser Wut
ergriff ich das Handgelenk eines jungen Mannes, als er mit dem Arm ausholte, um
einen Stein zu schleudern. Er ließ den Stein fallen, und ich rammte ihm ein
Knie in den Bauch, daß ihm die Luft wegblieb. Als nächstes wandte ich mich zu
der Frau links von ihm. Ich schüttelte ihren fetten Arm, bis ihr der
Ziegelstein aus der Hand fiel.
    „Wollen Sie, daß Ihre Enkelkinder Ihr haßverzerrtes
Gesicht beim Steinewerfen im Fernsehen sehen?“ brüllte ich sie an.
    Aber es war hoffnungslos, allein gegen diesen
hirnlosen Mob anzugehen. Sie zerschlugen die Glasfront und stürmten ins Haus.
Ich lehnte mich an ein Auto und rang

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