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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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bald vorbei ist?«
    »Meine Sänger streiken, und deshalb fließen keine Gagen mehr. Es wäre viel zu riskant, jetzt die anderen Transaktionen durchzuführen. Ist das denn so schwer zu verstehen?«
    »Wie lange streiken Ihre Sänger jetzt schon, Victor? Eine Woche? Sie sind mit den Zahlungen aber bereits einen Monat im Rückstand. Diese Männer verstehen keinen Spaß, Victor. Verständnis suchen Sie bei denen vergebens. Diese Leuten töten für weit geringere Beträge als die, die Sie ihnen schulden.«
    »Ich habe doch niemandem Geld weggenommen. Ich kann nur nichts für sie tun, solange es keine Kontenbewegungen gibt, hinter denen ich ihr Geld verstecken kann.«
    Der Mann lehnte sich zurück. »Victor, lieber guter Victor, meine Klienten wollen ihr Geld. Ihnen bleiben noch achtundvierzig Stunden. Sollten diese verstreichen …« Der Mann zuckte unbekümmert mit den Schultern. Dann verließ er Victor, schloss die Autotür sorgsam hinter sich und verließ das Parkhaus aufrechten Ganges.
    Victor startete den Motor und blieb im Leerlauf stehen. In weniger als einem Jahr hatte er mehrere Millionen verloren. Die Spekulation mit den Volkswagen-Aktien war ihm zum Verhängnis geworden. Noch vor einem Jahr hätte er jedem dieser ungeduldigen Henker einen Vorschuss geben können, doch so, wie die Situation jetzt war, konnte er nur noch hoffen, dass Tom Hartmann gefasst wurde und der Aktienmarkt sich wieder konsolidierte.
    Nur ein Wunder konnte die Schuldenspirale, in der er steckte, noch stoppen. Die Lunte brannte. Er hatte die Schuldzinsen mit dem Geld beglichen, das er eigentlich hätte waschen und an seine Auftraggeber zurückzahlen sollen. Die Situation war festgefahren, betäubend. Noch während er verzweifelt nach einer Lösung suchte, schaltete sein Hirn auf Standby. Das war etwa so, wie in einem Schneesturm einzuschlafen, weil man keine Kraft mehr hat weiterzugehen. Kälte tut nicht weh, sie macht den Körper angenehm schwer.
    Victor setzte den Wagen in Bewegung. Er durfte jetzt verdammt noch mal nicht einschlafen! Es war ein gewisser Trost, den rund laufenden, kräftigen Motor zu spüren. Er fuhr aus dem Parkhaus und gab auf dem Wiedner Gürtel Vollgas, drehte die Musik auf und hörte in voller Lautstärke den Ritt der Walküren . Für wen hielten diese Geldgeier ihn eigentlich? Er, Victor Kamarov, hatte leuchtende Sterne erschaffen, unvergessliche Hörerlebnisse für Millionen von Menschen. Glaubte dieser Pöbel wirklich, ihn mit Forderungen oder Drohungen in die Knie zwingen zu können? Er war Victor Kamarov, der einflussreichste Impresario seit Serge Diaghilev.
    Victor gab Gas. Es hatte zu regnen begonnen, und die Straßen glänzten wie Seide. Jetzt durfte das Auto zeigen, was es konnte. Er war auf der Autobahn, die aus Wien hinausführte, und hatte freie Bahn. Die Musik näherte sich dem Höhepunkt. Er drückte das Gaspedal voll durch. Es war wie fliegen.
    »Kommt und holt mich, ihr Teufel! Kommt doch!« Victors Stimme schnitt wie ein Schwert durch Wagners Orchesterklang. Plötzlich gehorchte ihm das Lenkrad nicht mehr, aber er spürte keine Angst.
    Unsichtbare Geister hatten das Auto übernommen und spielten mit ihm, ließen es kreisen, springen, drehen, weich und willig. Dann war alles vorbei.
     

Zimmerservice
    Tom Hartmann klappte Rudi Maiers Laptop zusammen. Jetzt brauchte er den Rechner nur noch zur Polizei zu bringen. Auszüge von Kamarovs privaten Konten waren darin ebenso abgespeichert wie ein detaillierter Plan der norwegischen Oper samt Belüftungssystem. Darüber hinaus verfügte er über ein Hackerprogramm, und in einem Ordner namens »Cavaradossi« waren Codes und Kommandos abgelegt. Rudi hatte die Codewörter geknackt und so Zugriff auf den Server der norwegischen Oper bekommen. Auch eine Skizze der Seebühne war auf dem Laptop nebst einem Plan des Bühnenbildes für Peter Grimes . Das sollte reichen, um Rudi Maier mit den Morden in Verbindung zu bringen. Den Mord an Katja erklärten diese Daten jedoch noch nicht.
    Es klopfte diskret an der Zimmertür. »Zimmerservice.« Tom hielt den Atem an – die Stimme kam ihm bekannt vor. Er schlich lautlos zur Tür und legte das Auge an den Spion. Im selben Augenblick spürte er einen stechenden Schmerz im Gesicht. Die Tür wurde mit unbändiger Kraft aufgestoßen, und bevor er sich sammeln konnte, folgte ein weiterer Schlag und dann ein Tritt ins Gesicht. Sein Kiefer knirschte, und er ging zu Boden. Warmes Blut füllte seine Mundhöhle, und er spuckte

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