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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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seine Aussage konnte Diepold und folglich auch ihn in den Abgrund reißen.
    Es stand also fest: Dem Mann, der sich in Nahaufnahme auf Riesenleinwänden und Fernsehbildschirmen als Geiselnehmer exponiert hatte, war es also erneut gelungen, unerkannt zu entkommen. Bekleidet mit einem Kampfanzug war er unbehelligt aus der Oper spaziert. Dreist und genial. Lochmann konnte nicht umhin, eine gewisse Bewunderung für seinen Gegner zu empfinden, diesen Amateur, der von Anfang an alle Profis an der Nase herumgeführt hatte.
    Wie war Hartmann ihnen dieses Mal entschlüpft? Und wohin war er jetzt unterwegs? Bestimmt gab es eine ganz simple Antwort darauf. Selbst wenn Hartmann jetzt improvisierte – er würde in jedem Fall logisch handeln.
    Lochmann setzte sich ruckartig in Bewegung, lief zum nächsten Einsatzwagen und schnappte sich das Mikrofon, das mit dem Polizeifunk verbunden war. »Funken Sie alle Taxis aus der Umgebung an!« Lochmanns Stimme zitterte vor Erregung. »Wenn ein Taxi einen Cobra-Soldaten als Fahrgast hat, soll es sofort seine Position durchgeben.«
     

Bruderzwist
    Hans wartete, bis sein Bruder sich zu ihm herunterbeugte, um seinen Puls zu fühlen. Dann schnellte er hoch und bündelte all seine Kraft in dem Kopfstoß, der Rudi völlig überraschend bäuchlings niederstreckte.
    Hans war über ihm, ehe er auch nur an Gegenwehr denken konnte. Er griff mit einer Hand in Rudis Haar, legte die andere um seinen Hals und drückte zu. Rudi ließ seinen Körper schlaff werden, um zu verhindern, dass Hans seinen Kehlkopf zerquetschte.
    »Maria ist eine Zeitbombe. Wenn du verhindern willst, dass sie hochgeht, solltest du dich ganz schnell zusammenreißen!«
    Rudi bekam kaum Luft und brachte nur ein Gurgeln heraus.
    Hans lockerte den Griff ein wenig. »Ich habe es für uns getan. Du wirst schon über sie hinwegkommen.«
    In diesem Augenblick zerbrach etwas in Rudi. Hans’ Eigenmächtigkeit war einfach unfassbar für ihn. Die Loyalität zwischen ihnen, ihre gemeinsame Geschichte, ihre Zusammengehörigkeit: das alles hatte Hans in den Dreck getreten, und das auf eine Weise, die Rudi anwiderte und die er ihm niemals würde verzeihen können. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er abgrundtiefen Hass auf seinen Bruder. Er hasste Hans dafür, dass er sie an Maria verraten hatte, indem er den einzigen sichtbaren Unterschied zwischen ihnen zur Schau gestellt hatte. Und er hasste ihn, weil er ihm die Möglichkeit genommen hatte, eigene Entscheidungen zu treffen, ein eigenes Leben zu führen. Oder war es schon immer so gewesen? Hatte Hans’ Rachedurst sie in diese ausweglose Situation gebracht? Hatte er sich Maria absichtlich zu erkennen gegeben? Aus Eifersucht? Ja, so musste es sein.
    Hans ließ Rudis Hals los und erhob sich langsam. War er zu hart mit seinem Bruder umgesprungen? Rudis Atem klang, als hätte er einen Asthmaanfall.
    Halb bewusstlos drehte Rudi den Kopf zur Seite und kauerte sich wie ein Säugling zusammen. Seine Stimme war kaum zu hören. »Ich … werde … niemals … über … sie … hinwegkommen, hörst du?« Dann trat er mit voller Wucht mit seinen schweren Stiefeln zu.
    Hans merkte, wie etwas in seinem Knie riss, aber er war Schmerz gewohnt und isolierte ihn mental, damit er sich nicht in seinem Körper festsetzte. Sein Bein knickte weg. Er griff erneut in Rudis Mähne und schlug sein Gesicht auf den Betonboden. Jeder Widerstand wich aus Rudis Körper. Hans versuchte erneut aufzustehen. Das Knie gehorchte ihm nicht, aber er stützte sich auf eine Stuhllehne und stemmte sich hoch. Er beobachtete seinen Bruder, der wie eine Schildkröte über den Boden kroch. Aus seiner Kehle kamen krächzende Keuchlaute. Es war unwahrscheinlich, dass Rudi noch einmal versuchen würde, ihn anzugreifen.
    »Es ist zu spät. Die Sprengladung geht in siebzig Minuten hoch. Sie ist so programmiert.« Hans’ Stimme klang in diesem Augenblick nicht triumphal, sondern resigniert – so als habe er keine andere Wahl gehabt angesichts des schicksalhaften Bands, das ihn an seinen Bruder kettete und das endlich durchtrennt werden musste, auch wenn dieser Hieb Maria Kamarov traf.
    »Dann mach sie rückgängig, Hans, versprich mir, dass du das tust! Wenn Maria tatsächlich unsere Schwester ist, musst du die Programmierung löschen.« Rudi trug seine Bitte ganz leise vor, mit dünner, brüchiger Stimme wie ein verschrecktes, kleines Kind. Er legte den Kopf auf den Boden und nahm den Geruch frischen Mörtels wahr. Dann rollte er

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