Tödlicher Applaus
der Spezialeinheit.
Die Waffe lag gut in seinen Händen. Es war eine Steyr AUG, die Standardwaffe des österreichischen Heeres und vieler Polizeieinheiten. Tom hatte bisher nur bei den Übungen der Reservistentruppe mit Waffen zu tun gehabt. Jetzt war er froh über diese Erfahrung. Schieß, wenn sie nicht tun, was du sagst!, hämmerte er sich ein, schieß einfach! Dann sprang er vor, trat die Tür auf und brüllte halb aus Angst und halb aus Verzweiflung: »Alle auf den Boden, die Hände hinter den Kopf!«
Sein Finger auf dem Abzug zitterte, und er schaffte es nicht, seinen Blick zu fokussieren. Er hatte Schüsse erwartet, aber nichts geschah. Der Raum lag still und dunkel da. In der Mitte erkannte er eine Gestalt am Boden, und auf dem Tisch daneben flimmerte ein Computerbildschirm.
»Cathrine?«, rief er. Keine Reaktion. Tom tastete nach dem Lichtschalter neben der Tür, und als es hell wurde, sah er, dass die Gestalt Hans Maier war. Er lag auf dem Rücken, und in seinem Bauch steckte etwas. Tom senkte die Waffe, blieb aber in Bereitschaft, falls es sich um eine Falle handelte, und näherte sich dem reglosen Körper.
Hans atmete nur schwach. Seine Haare klebten an der schweißnassen Stirn, die Haut wirkte grau und durchsichtig, und sein Bauch war aufgedunsen.
Was war passiert? Wer hatte das getan? Waren noch andere im Haus? Tom trat an die Wand, hinter der Cathrine eingemauert war. Die kleine Öffnung, durch die Luft zu ihr nach innen hätte dringen können, war jetzt verschlossen.
Wütend stieß Tom Hans mit dem Gewehrkolben an. »Verdammtes Arschloch!« Hans reagierte nicht. Tom sah sich nach etwas um, womit er auf die Mauer losgehen konnte, fand aber nichts Geeignetes. Er schob den Tisch zur Wand, stellte einen der Stühle darauf, kletterte nach oben und untersuchte die Stelle, an der der Mörtel noch frisch zu sein schien. Seine Hoffnung stieg, als seine Finger über den Putz fuhren. Er war noch weich. Aber er brauchte ein Werkzeug, etwas Hartes, um den Putz aus den Fugen zu kratzen.
Als er sich erneut im Raum umsah, verharrte sein Blick auf Hans Maier und dem Schaft des Werkzeugs, das aus seinem Bauch ragte. Es war offensichtlich die Kelle, die Hans benutzt hatte. Tom kletterte vom Tisch, stellte sich breitbeinig über Hans und zog mit einem kräftigen Ruck das Werkzeug aus seinem Bauch. Augenblicklich sammelte sich dunkles Blut in der Wunde und begann auf den Boden zu tropfen. Waren Hans’ Überlebenschancen vorher schon gering gewesen, so hatte er jetzt garantiert keine mehr. Dennoch empfand Tom keine Reue. Er kletterte schnell wieder auf den Tisch und begann, den Mörtel wegzukratzen. Bald hatte er den ersten Stein gelöst.
Da er im Inneren der Kammer nichts erkennen konnte, legte er den Mund an die Öffnung und rief: »Cathrine!« Keine Antwort. Tom begann, den benachbarten Stein zu bearbeiten, und hielt überrascht inne, als die Ecke eines Plastikbeutels auftauchte. Behutsam legte Tom den Plastikbeutel frei, der einen Gegenstand enthielt, den er vorsichtig herausnahm. Es war ein Handy. Zwei Icons, die Tom nicht kannte, blinkten hektisch auf dem Display, ein grünes und ein rotes. Warum war das Handy eingemauert worden? Unschlüssig legte Tom es in seine Tasche und begann, weitere Steine zu lösen.
»Cathrine!«, rief er noch einmal und spähte durch das Loch. Doch das Licht, das durch die Öffnung fiel, reichte nicht tief genug, um irgendetwas zu erkennen. Allmählich verließ ihn der Mut, und er spürte, wie müde er war. Verzweifelt dachte er, dass Cathrine wahrscheinlich längst tot war.
Im selben Augenblick hörte er ein Krachen von Metall auf Stein und Glas splittern. Die Kelle fiel ihm aus der Hand und rutschte in die Kammer. Tom fluchte, duckte sich dann aber und beobachtete die Kellertür, von der der Lärm gekommen war. Sein Blick streifte Hans Maier, der inzwischen in einer dunkelroten Blutlache lag. Die Haut seines Gesichts wirkte jetzt nicht einmal mehr grau, sondern wie durchsichtiges Pergament.
Tom sprang vom Tisch, ergriff das Gewehr, stieg über die Blutlache und bezog links neben der Kellertür Deckung. Draußen herrschte Stille. Leise öffnete er die Tür und blickte in einen Vorraum, von dem eine weitere Tür abführte. Sie stand offen, und Tom erkannte dahinter eine Treppe nach unten.
Gab es ein unterirdisches Versteck oder einen Fluchtweg? Toms Herz hämmerte wild in seiner Brust, als er durch die Tür schlüpfte. An die Wand gepresst und das Gewehr im Anschlag, schlich er
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