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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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Fuge, bis sie auf Widerstand traf. Jedes Glied ihrer Finger schmerzte. Die Fingerkuppen platzten auf, als sie mit den Resten ihrer Nägel weiter grub. Der Putz war an dieser Stelle porös, und immer größere Brocken lösten sich. Obwohl der Schmerz in ihren Fingern durchdringend war, arbeitete sich Cathrine immer weiter vorwärts.
    »Mein Herz ist rein.« Sie sagte sich den Satz laut vor, immer wieder, um Cecilie nicht aus den Gedanken zu verlieren. Dann brach sie in Tränen aus.
    Als ihre Finger ihr den Dienst versagten, streckte sie sie aus und presste ihre Handfläche in den Spalt. Der Stein rührte sich nicht. In ihrer Verzweiflung stemmte Cathrine die Füße gegen die Wand und legte sich mit ihrem ganzen Gewicht nach hinten. Ihr magerer Körper zitterte. Wieder und wieder warf sich Cathrine nach hinten und bündelte den letzten Rest ihrer Kraft. Da begann der Stein nachzugeben. Er bewegte sich, und plötzlich flutschte er mit einem Ruck aus der Mauer.
    Cathrine kippte nach hinten und schlug sich den Kopf an. Aber was machte das schon. Sie hatte es geschafft und weinte vor Freude und Erschöpfung. Dann sog sie gierig die laue, Leben spendende Nachtluft ein.
     

Jäger der Nacht
    Die Katze hatte bei ihrer nächtlichen Jagd ihr Revier in einem großen Bogen durchstreift. Ein Stück weit war sie der Hauptstraße gefolgt und hatte sich an einer Hausecke den Nacken gerieben, um das störende Etwas an ihrem Hals zu entfernen. Irgendwann hatte sie das Unterfangen aufgegeben und war in eine Seitenstraße geschlichen, die auf die Felder führte. Sie untersuchte ein paar Hofeinfahrten auf Mäuse und Ratten, doch ihr eigentliches Ziel war das Rapsfeld vor dem Ort, in dem nachts häufig Jungvögel Schutz suchten. Die Katze spitzte die Ohren und hob ihren Kopf, um Witterung aufzunehmen, und machte einen Buckel. Die Gerüche dieser Nacht waren anders als sonst.
    Dunkle Gestalten schlichen durch ihr Revier. Die Nacht war voller Jäger, und der Katze gefiel das ganz und gar nicht. In zwei langen Sätzen überquerte sie die Straße und verschwand zwischen den gelben Rapsblüten, um den Fährten der menschlichen Jäger zu folgen.
    Die Männer bewegten sich langsam vorwärts, stellten vorsichtig einen Fuß vor den anderen, um keine Geräusche zu machen. Hin und wieder waren leise gekrächzte Befehle zu hören. Die Katze lief zu einem der Jäger, schnurrte laut und schmiegte sich an sein Bein. Doch der Jäger fegte sie irritiert weg und unterdrückte ein Fluchen.
    Oberst Waringer besprach sich über Funk leise mit Lochmann. Der Nachtwind strich warnend über das goldene Feld. Durch die Nachtsichtgeräte sah das nächtliche Spiel des Windes aus wie Nordlichter oder wie sternenreiche Galaxien mit einem schwarzen Loch in ihrer Mitte, dem Ort, an dem sich Tom Hartmann aller Wahrscheinlichkeit nach verschanzt hatte. Die Männer hatten das Areal jetzt so dicht eingekreist, dass eine Flucht unmöglich war.
    Doch es war riskant, in ein Objekt wie das im Dunkeln liegende Gehöft einzusteigen, noch dazu wussten sie nicht, wie viele Personen sich in dem Haus befanden. Da Tom Hartmann höchstwahrscheinlich nicht allein operierte, konnten seine Hintermänner sich sehr wohl ebenfalls darin befinden. Außerdem war das Risiko, einen der eigenen Leute zu erschießen, zu groß, da Hartmann einen Cobra-Kampfanzug trug.
    Der Oberst hatte Lochmann gegenüber seiner Sorge Ausdruck verliehen und ihn gebeten, nicht weiter vorzurücken, bis man die Situation besser überblicken könne. Zuerst müsse festgestellt werden, ob es im Haus Bewegungen gab und von wo aus die größte Gefahr drohe.
    Die Nacht war sternenklar, und der Mond tauchte die Szenerie in ein helles Licht. Waringer nahm das Gebäude genau in Augenschein. Auf der ihm zugewandten Seite ging die Hauswand auf jeder Seite in die Mauer über. Es gab keine Türen, allerdings einige Fenster. Wollten sie von dieser Seite aus einsteigen, mussten sie wohl oder übel durch die Fenster klettern, eine Vorgehensweise, die Waringer gar nicht gefiel.
    Tom presste sich mit dem Rücken gegen die Wand neben der Kellertür. Er holte tief Luft und senkte die Schultern. Dann stellte er die Waffe auf automatisches Feuer und senkte das Visier seines Helmes. Er würde das Überraschungsmoment auf seiner Seite haben und ging davon aus, dass sie ihn mit Helm und Kampfanzug nicht wiedererkannten. Außerdem hoffte er, dass er sie so abschrecken und glauben lassen konnte, er sei nicht allein, sondern nur die Speerspitze

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