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Tödlicher Applaus

Tödlicher Applaus

Titel: Tödlicher Applaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Øystein Wiik
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klammern, das sich in seine Handfläche schnitt.
    Als das Boot wieder Fahrt aufnahm, hing er im strudelnden Wasser. Er hatte keine Ahnung, wohin es ging, aber alles war besser als der Ort, den er hinter sich ließ. Krampfhaft klammerte er sich an das Seil und konzentrierte sich einzig und allein darauf, nicht loszulassen.
     

Lochmann versus Price
    Hauptkommissar Lochmann bahnte sich mit seinem Dienstausweis in der erhobenen Hand mühsam den Weg zu der Absperrung, an der die vermeintliche Handybombe lag. Der dort abgestellte junge Beamte hielt tapfer die Stellung, wahrte aber einen gehörigen Sicherheitsabstand zu dem verdächtigen Objekt. Er sah dem Kriminalhauptkommissar bewundernd entgegen. Lochmann war der Inbegriff des coolen Polizeihelden. Südlicher Typ, schwarzes, mit Gel nach hinten gestrichenes Haar, T-Shirt, Jeans und eine halblange Lederjacke. Sein Körper war muskulös und geschmeidig, sein Gang federnd.
    Lochmann nickte dem jungen Polizisten anerkennend zu.
    »Herr Hauptkommissar, Sie sollten nicht …«
    Lochmann ignorierte die Warnung und hob das Mobiltelefon, ohne zu zögern, vom Boden auf. »Es war richtig, die Leute wegzuschicken«, sagte er, während er Toms Handy untersuchte. »Aber wenn das hier eine Bombe wäre, würde das Display nicht funktionieren. Und wenn damit irgendeine ferngesteuerte Bombe ausgelöst werden sollte, hätte es spätestens beim Klingeln des Handys geknallt.«
    Lochmann öffnete das Menü, um das Anrufprotokoll zu überprüfen, so gut das ohne Norwegischkenntnisse eben ging. Er nahm sich die Namensliste vor und gab »Tom Hartmann« ein. Volltreffer. Tom Hartmann war als der Besitzer des Telefons registriert. Dann war er also hier.
    In diesem Augenblick leuchtete das Handydisplay auf. Lochmann lauschte verdutzt den ersten Takten von Medinas Turm-Arie, ehe er antwortete. »Lochmann!«
    Beim Klang der deutschen Stentorstimme zuckte Cathrine Price zusammen. »Ich … Ich hätte gerne Tom Hartmann gesprochen?«, sagte sie zögerlich auf Deutsch. »Ist er da?«
    »Wer sind Sie? Mit wem spreche ich?« Lochmann klang knapp und nüchtern.
    »Ich bin seine Frau. Exfrau. Cathrine Price.«
    »Wir haben Ihren Mann … Exmann noch nicht gefunden«, versetzte Lochmann in unterkühlt höflichem Ton.
    Cathrine war zwischen widersprüchlichen Gefühlen hin- und hergerissen. Einerseits war sie erleichtert, dass Tom noch immer auf freiem Fuß war, andererseits war sie als Polizistin nicht sonderlich erbaut darüber, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach geflohen war, was einem Schuldeingeständnis gleichkam. »Wie? Das ist ja furchtbar!«
    Lochmann hatte ein wachsames Ohr. Cathrines Stimme klang nicht ganz aufrichtig. »Wieso furchtbar?«
    »Das heißt doch … dass er geflohen ist.« Cathrine fühlte sich nicht wohl in Lochmanns Universum. Die durchdringende Energie dieses Mannes war selbst durch die Telefonverbindung zu spüren.
    »Sie haben Ihren Exmann heute Nacht um 00:29 Uhr angerufen?« Lochmann war klar, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Es konnte genauso gut jemand anderer gewesen sein.
    Normalerweise war Cathrine Price eine abgebrühte und routinierte Polizistin, aber nun geriet sie aus dem Gleichgewicht. Sie zitterte wie eine Konfirmandin vor Lochmanns Fragen. »Ich …«, setzte sie an, während ihre Gedanken wie Projektile zwischen den unterschiedlichen Möglichkeiten einer Antwort hin und her schossen. Warum fiel es ihr so schwer, einfach nur ehrlich zu sein? »Ich habe ihn angerufen, um zu erfahren, wo er steckt und ob er schon Kontakt zur Polizei aufgenommen hat. Falls nicht, wollte ich ihm das noch einmal dringend nahelegen. Ich habe ihm erklärt, dass …«
    »Frau Price, wie viele Exmänner hören auf ihre Exfrauen?« Lochmann klang mit einem Mal amüsiert.
    »Ich verstehe nicht ganz. Glauben Sie, ich hätte ihm zur Flucht geraten? Das ist doch absurd.«
    »Vorläufig glaube ich gar nichts. Ich gehe davon aus, dass es eine Frage von Minuten ist, bis wir ihn haben. Alle Zuschauer werden kontrolliert. Haben Sie ein brauchbares Foto Ihres Exmannes, das Sie mir per MMS schicken können?«
    »Alle zerrissen und verbrannt.« Cathrine stellte verblüfft fest, dass sie log, ohne rot zu werden.
    »Wirklich alle?«
    »Es waren nicht sonderlich viele. Ich bin eine elende Fotografin.«
    »Können Sie ein Archivbild von der Zeitung besorgen, für die er gearbeitet hat?«
    Cathrine sah ein, dass es keinen Sinn hatte, Lochmann noch mehr Widerstand zu leisten. Sie musste ihm

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