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Toedlicher Hinterhalt

Toedlicher Hinterhalt

Titel: Toedlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Brockmann
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nicht, sondern blieb einfach vor ihm knien, das Gesicht vom Mondlicht erhellt. Gott, sie war so wunderschön. »Aber du liebst sie nicht. Nicht so, wie ein Mann eine Frau lieben sollte. Wenn du von ihr sprichst, von Jenny, dann ist es, als würdest du von einem Kind reden, das dir sehr am Herzen liegt. Das du gernhast.«
    Damit traf sie voll ins Schwarze, doch das bedeutete nicht, dass die Gelübde, die sie einander gegeben hatten, nicht weniger bindend waren.
    »Du empfindest keine Leidenschaft für sie«, flüsterte sie.
    »Sie liebt mich.« Das tat sie wirklich – so sehr Jenny eben jemanden lieben konnte.
    »Sie liebt es, dass du dich um sie kümmerst. Sie liebt dein Vermögen.«
    Auch das stimmte wiederum.
    »Sag mir, dass du sie aufrichtig liebst«, forderte Cybele ihn heraus, »und ich werde gehen.«
    »Ich liebe sie«, log er auf Englisch und Französisch.
    Doch sie glaubte ihm nicht.
    »Das tue ich«, beharrte er auf Englisch. »Ich weiß, wenn ich von ihr rede, klingt es nicht so, aber ich schwöre, dass ich sie liebe.«
    Cybele verstand ihn. Das wusste er. Dennoch rührte sie sich nicht von der Stelle.
    »Was ist mit Joe?«, fragte Charles nun beinahe schon verzweifelt. Er war sich nicht sicher, ob er stark genug sein würde, falls sie ihn berührte. Wenn sie es täte, würde sie die Wahrheit erfahren. Er liebte Jenny nicht. Er hatte sie geheiratet, weil sie ein Kind von ihm erwartete, weil sie die Art von Frau war, der die Männer hinterherschauten, und weil er es mochte, offenkundig beneidet zu werden. Er hatte Jenny gewollt, er hatte sie begehrt und sogar geglaubt, er liebe sie, doch so war es nicht. Er hatte bis jetzt keine Ahnung gehabt, was Liebe wirklich bedeutete, wie sie sein konnte.
    »Du solltest oben in Joes Zimmer sein«, sagte er zu Cybele. »Er liebt dich, weißt du. Er ist frei, um dich aus vollem Herzen lieben zu können.«
    »Du möchtest also, dass ich zu Guiseppe gehe. Du möchtest, dass ich heute Nacht mit ihm zusammen bin und nicht mit dir.« Vor Fassungslosigkeit standen ihr Tränen in den Augen. Alles hing nun von seiner nächsten Reaktion ab, das wusste er.
    Zwar waren ihre Worte nicht als Frage formuliert gewesen, doch er antwortete ihr trotzdem. »Ja.« Er brachte es kaum heraus. Gott helfe ihm! »Geh zu Joe. Denn ich kann dir nicht geben, was du brauchst.«
    »Ich verstehe.« Mit dem Handrücken rieb sie sich über die Augen, atmete einmal tief durch, drehte sich um und verließ sein Zimmer.
    Als die Tür hinter ihr zuging, wäre Charles ihr am liebsten nachgelaufen und hätte sie aufgehalten, noch nie zuvor in seinem Leben hatte er ein solches Verlangen verspürt.
    Doch mit dem Gefühl, abgrundtief schlecht zu sein, blieb er still sitzen. Beinahe regungslos lauschte er und hörte, wie die Stufen knarrten, als sie hinaufzugehen begann. Ihr Zimmer lag rechts der Treppe, Joes befand sich links davon. Sie war nun direkt über ihm und zögerte auf einmal.
    Charles schloss die Augen und betete, obwohl er sich gar nicht sicher war, worum er überhaupt bitten sollte.
    Als jedoch plötzlich eines der Dielenbretter oben im Flur knarzte und sie nach links ging, wusste er es. Genau darum hatte er nicht gebeten.
    Charles schlug die Augen auf und blickte hinaus auf das Meer. Die physischen Schmerzen der vergangenen Nacht waren nichts im Vergleich zu denen in jener Nacht vor fast sechzig Jahren, als er Cybele in die Arme seines besten Freundes getrieben hatte.
    Schlaflos hatte er dagelegen und die gesamte Nacht damit verbracht, sich selbst dafür zu hassen, dass er zwar schwach genug war, um sie zu lieben, jedoch nicht so schwach, um sie sich auch zu nehmen. Es hatte vor Eifersucht und Frust in ihm gebrodelt, während er sich Cybele in Joes Zimmer vorstellte, in seinem Bett, wie sie unter ihm lag und … Gott, was noch. Er verfluchte sich selbst, Joe, Jenny und auch Cybele. Wie konnte sie bloß in sein Zimmer kommen und ihn in Versuchung bringen, untreu zu sein, nur weil sie von jemandem – irgend jemandem – in den Armen gehalten werden wollte. Und so musste es doch sein, wenn sie, ohne groß zu zögern, von Charles zu Joe wechselte. Offensichtlich war er austauschbar gewesen …
    Doch diesen Hass zu schüren hatte es nicht erträglicher gemacht. Vor allem nicht am nächsten Morgen, als Joe beschwingten Schrittes und mit einem unmissverständlichen Leuchten in den Augen zum Frühstück erschienen war.
    Nun, fast sechzig Jahre später, hatte Joe den gleichen weichen, entrückten Blick,

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