Toedlicher Hinterhalt
Sam, Locke und er hatten sie in einem Raum im Ostflügel des riesigen Hauses der Ashtons aufgebaut.
Ihr neues Hauptquartier war einmal das Musikzimmer der Familie gewesen – noch immer stand in einer Ecke ein Klavier darin. Außerdem hatten sie Tische, Schreibtische und einige Kork-Stellwände aus einem Laden für Bürobedarf hereingetragen.
Joe und Charles waren eine gute Stunde damit beschäftigt gewesen, all die Fotos, die Tom vom Kaufmann hatte, mit Reißzwecken aufzuhängen.
»Ja«, erwiderte Tom und drehte sich auf seinem Stuhl zu Kelly um. »Ich bin allein.«
Er lehnte sich zurück und blickte sie an. Sie trug ein Sommerkleid mit kleinen Blumen darauf. Das Haar hatte sie hochgesteckt, was ihr ein frisches, süßes und fast schon engelsgleiches Aussehen verlieh.
»Dein Vater hält ein Schläfchen auf der Veranda, und Joe hat sich zu ihm gesetzt. Mein Team ist gerade losgefahren, um sich mit der Stadt vertraut zu machen, besonders mit dem Bereich um das Hotel und den Jachthafen herum. Locke wird wahrscheinlich auf den Kirchturm steigen. Ein Ansatz, wie man einen Terroristen aufhalten kann, ist, alle guten Positionen für einen Scharfschützen zu besetzen.«
»Meintest du nicht, dieser Kaufmann sei auf Autobomben spezialisiert?«
»Richtig. Ich gehe nur alles Grundlegende durch.«
»Alyssa Locke und Jazz haben dich beide … wie noch mal genannt … L. T.?«
Tom nickte. »Das ist die Kurzform für Lieutenant . Es klingt ein wenig respektvoller als Tom , aber nicht so förmlich wie Sir .«
Sie trat weiter ins Zimmer, begutachtete die Fotos an den Stellwänden und die Computer. »Das ist ja alles ziemlich … aufwendig.«
»Möchtest du etwas Bestimmtes, Kelly?«, fragte er abrupt. »Ich versuche nämlich gerade, einen Lieferwagen zu finden.«
Sie sah ihn mit großen Augen an. Doch es war nicht die Miene, die sie aufsetzte, wenn sie auf unschuldig machte. Dieser Gesichtsausdruck war echt. Sie war unsicher und ein bisschen eingeschüchtert. »Ja, ich wollte … mit dir reden. Ich hatte heute Morgen die Gelegenheit, ein paar Recherchen über Patienten anzustellen, die nach schweren Kopfverletzungen an Paranoia litten.«
»Ah«, gab er zurück. »Du bist als Ärztin hier.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich …« Sie atmete tief durch. »Ich bin als deine Freundin hier.«
Er sagte kein Wort, sondern wartete einfach darauf, dass sie weitersprach. Dabei quälte er sich selbst, indem er den Blick über ihre Schultern gleiten ließ, auf die durch die Fenster hindurch Licht fiel.
»Je mehr ich darüber las«, fuhr Dr. Ashton fort – es half ihm, wenn er sie als Ärztin betrachtete –, »desto überzeugter wurde ich.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Ich glaube ehrlich nicht, dass du an Paranoia leidest, Tom. Die meisten Patienten haben viel unspezifischere Wahnvorstellungen als du. Sie beschreiben eher schubartig auftretende Angstzustände und das vage Gefühl, verfolgt zu werden. Es wurde kein einziger Fall erwähnt, bei dem es so weit ging, dass jemand eine konkrete Bedrohung befürchtet hätte – und schon gar keine, bei der andere Menschen gefährdet gewesen wären. Bei Paranoia geht es darum, dass man sich selbst verfolgt fühlt. Nach dem, was du erzählt hast, weiß der Kerl aber noch nicht einmal, dass du dich hier aufhältst.«
»Mein Fall ist also entweder so ungewöhnlich, dass er in einem medizinischen Fachmagazin erscheinen sollte, oder –«
Kelly trat noch näher vor ihn. »Oder du bist nicht paranoid. Vielleicht hast du den Kaufmann ja wirklich gesehen. Ich habe den ganzen Tag lang darüber nachgedacht, und ich finde, du solltest mehr tun als nur das hier.« Sie deutete in den Raum. »Du solltest jemanden anrufen. Sag den Behörden, dass dieser Mann hier in Baldwin’s Bridge aufgetaucht ist.«
Sie stand jetzt so dicht vor ihm, dass er ihr zartes Parfum riechen konnte.
»Na ja, also, ich habe bereits angerufen«, teilte er ihr mit. »Gleich als Erstes. Aber kein Mensch nimmt mich ernst. Und wenn ich noch einmal anrufe und um Hilfe bitte, setze ich meine Karriere aufs Spiel. Ich habe dir doch von diesem Konteradmiral erzählt – Tucker. Er hat es schon seit Jahren auf mich abgesehen. Mit Sicherheit würde er die Situation ausnutzen, um meine Entlassung durchzusetzen.« Er lachte angewidert auf. » Das klingt jetzt aber wirklich nach Verfolgungswahn, oder? Aber es stimmt. Admiral Crowley hat es mir persönlich bestätigt. Und er hat mir ausdrücklich geraten, mich
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