Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedlicher Hinterhalt

Toedlicher Hinterhalt

Titel: Toedlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Brockmann
Vom Netzwerk:
hatte gelernt, auf Abstand zu ihrem Gemütsleben zu gehen – alles, was sie fühlte, von sich wegzustoßen, auseinanderzunehmen und schließlich wegzustecken, damit sie ruhig und gefasst blieb. Diese Fähigkeit hatte sich während ihrer Laufbahn als Ärztin als ziemlich nützlich erwiesen. Um ehrlich zu sein, hatte sie gerade erst an diesem Tag im Gespräch mit Betsy McKennas verzweifelten Eltern ausgiebig davon Gebrauch gemacht.
    Das Problem war nur, dass sie all die wirren Gefühle trotzdem in sich trug. Sie schleppte sie so lange mit sich herum, bis sie einen Ort und die Zeit dazu fand, um sie herauszulassen oder um einfach irgendwann zu explodieren.
    Doch gerade war weder der passende Zeitpunkt noch befand sie sich am richtigen Ort.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Tom sanft in die Dämmerung hinein. »Schwerer Tag, was?«
    »Ich bin ein bisschen … müde«, gab sie zu. Die Ashtons waren obendrein auch noch die Könige und Königinnen des Understatements, verflucht noch einmal. Aber warum verhielt sie sich ihm gegenüber so vorsichtig und förmlich? Immerhin redete sie hier mit Tom – den sie in Baldwin’s Bridge am ehesten als Freund bezeichnen würde. Also offenbarte sie ihm schließlich doch die Wahrheit. »Tatsächlich bin ich so erschöpft, dass ich kaum noch geradeaus gucken kann. Der Tag war total beschissen.«
    Wieder versagte ihr die Stimme, aber sie scherte sich nicht mehr darum.
    »Zumindest, bis ich am Marktstand angehalten hab und mir erzählt wurde, dass mein Vater und Joe den ganzen Nachmittag über in der Hotellobby Schach gespielt haben.« Ihre Stimme zitterte, als sie sich zu ihm herumdrehte. »Was auch immer du getan hast, ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll.«
    Kelly wollte ihn umarmen, so wie Joe es in der Auffahrt getan hatte, doch sie ließ es bleiben. Sie konnte es nicht, wusste einfach nicht, wie sie es anstellen sollte.
    Außerdem verriet ihr sein Gesichtsausdruck, dass sie ihn gerade zu Tode erschreckte – genauso wie sie Gary am Anfang ihrer Ehe Angst gemacht hatte, bevor sie lernte, all ihre Gefühle vor ihm zu verbergen, und ebenso, wie ihr Vater früher immer ihretwegen beunruhigt gewesen war.
    »Mach dir keine Sorgen«, versicherte sie Tom. »Ich werde nicht losheulen.«
    Natürlich brach sie exakt in diesem Moment in Tränen aus. Doch sie weinte nicht nur – sondern lachte gleichzeitig. Über ihr »perfektes« Timing, über seinen ulkigen Gesichtsausdruck und über die Vorstellung, dass sich alle echten Bostoner Ashtons gerade in ihren Gräbern umdrehten, weil eine ihrer Nachkommen ihre Gefühle öffentlich und dermaßen heftig äußerte.
    Also tat sie das Einzige, was sie unter diesen Umständen machen konnte.
    Sie entschuldigte sich höflich und rannte los, um sich in ihr Zimmer zurückzuziehen.
    Tom folgte ihr nicht.
    Das hatte sie auch nicht von ihm erwartet.
    »Sie wird nicht aufkreuzen.«
    Als David von seiner Kamera aufsah, in die er gerade einen neuen Film einlegte, sah er, dass Brandon noch immer sein T-Shirt und seine Jeans anhatte. »Sie kommt bestimmt gleich. Ziehst du dich bitte schon mal um?«
    »No way, Kumpel. Nicht, solange sie nicht hier ist. Das bringt ja nichts. Außerdem habe ich heute noch was vor – Sharon, die rothaarige Cocktailkellnerin, mit der ich am Pool in der gleichen Schicht arbeite, hat eine eindeutige Anspielung gemacht, dass sie sich heute die Show dieses Jimmy-Buffett-Doubles im Marina Grill ansehen möchte. Wenn ich will, kann ich sie definitiv haben.« Bran ging herüber an Davids Zeichentisch. »Whoa, ist das Mallory?«
    »Jepp.« David hatte am Nachmittag schon ein paar Skizzen aus dem Gedächtnis heraus angefertigt.
    »Du zeichnest nur ihr Gesicht ab, oder? Ich meine, dieser Körper ist – Dingens … künstlerische Freiheit, stimmt’s?«
    David rückte das weiße Bettlaken zurecht, das er auf dem blanken Holzfußboden ausgelegt hatte. »Nee.«
    Brandon stieß einen Pfiff aus. »Jo, dann hoffe ich mal, dass sie sich ausziehen wird.«
    David sah seinen Freund an. »Grab sie nicht an, Bran. Sie ist so …« Zartfühlend. Das stimmte, aber da sich Mallory der ganzen Welt als toughe Zicke präsentierte, ahnte das kaum jemand. Die meisten Leute machten sich nicht mal die Mühe, herauszufinden, was sich hinter dieser Maske verbarg. »Sie ist zu jung«, erklärte er schließlich. »Ich glaube, sie ist noch nicht mal achtzehn.«
    Es klingelte.
    »Bitte«, betonte David noch einmal auf dem Weg zur Tür. »Verschreck sie

Weitere Kostenlose Bücher