Tödlicher Kick
Stunden pro Tag, fünf Tage die Woche. Es gab doch einen Unterschied zwischen einer Prostituierten und einer Bäckereifachverkäuferin.
Oder etwa nicht?
Tatsache war, dass Curly nach Mongabadhis Tod flugs in den Job hatte zurückkehren wollen. Sie war nicht zu ihren Eltern gegangen, nicht zu irgendeiner Freundin. Sie hätte wieder für Esmeralda gearbeitet und für ›Erwin‹ die Beine breit gemacht. Freiwillig.
»Unter Ihrem rechten Auge wird ein leichter Bluterguss entstehen.« Der Notarzt packte die kleine Stabtaschenlampe ein, mit der er Goldstein eben prüfend in die dunkelgrauen Augen geleuchtet hatte. »Schonen Sie sich ein, zwei Tage.«
Ein Mobiltelefon schrillte und der Arzt sprach mit der Rettungsleitstelle über den nächsten Notfall. Goldstein erhob sich von der geöffneten Heckklappe des Notarztwagens.
»Können wir noch kurz mit Ihnen sprechen, Herr Goldstein?«, hielt ich den Trainer rasch zurück.
»Was für eine Frage! Sie haben mir eben das Leben gerettet.« Er grinste das bemerkenswert attraktive Grinsen eines erfolgreichen Mannes, der in mir einen verlockenden Zeitvertreib sah.
Ein Arschloch also.
Goldsteins Grinsen wurde anzüglich, als hätte er meine Gedanken erraten: »Über was willst du denn sprechen, Lila?«
Er ließ die Silben meines Namens auf der Zunge zergehen wie einen Löffel Sahne.
Ich hätte platzen können vor Wut: Der benutzte meinen Namen wie einen bescheuerten YouTube-Kurzporno auf seinem Handy.
Macho. Herrenwitzreißer. Ekelerreger.
»Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben, Herr Goldstein.«
Goldsteins Grinsen wurde breiter: »Das ist doch nur eine Frage der Zeit, Frau Ziegler.« Offenbar hatte ich mich gerade vom Zeitvertreib in eine sportliche Herausforderung verwandelt.
Auch Danner war Goldsteins Tonfall nicht entgangen. Er verschränkte die Arme. Glücklicherweise verkniff er es sich, mir an den Arsch zu grapschen, um irgendwelche Eigentumsverhältnisse zu klären.
Der Trainer zog eine Visitenkarte aus der Tasche und hielt sie mir hin: »Für die Lebensrettung würde mich gern mit einer Einladung zum Kaffee revanchieren, Frau Ziegler.«
Ich zückte im Gegenzug die Karte unserer Detektei.
Sein süffisantes Grinsen fiel Goldstein wie ein saurer Bonbon aus dem Gesicht, als der den Text überflog.
»Wir versuchen, die Umstände von Oran Mongabadhis Tod zu klären«, erläuterte ich.
»Und dabei soll ich Ihnen behilflich sein?«
Na also, der Widerling war auf Abstand gebracht.
»Die Polizei hat die Mannschaft doch bereits befragt«, wandte Goldstein ein.
»Kamen Sie persönlich denn gut mit Oran Mongabadhi aus?«, wollte ich trotzdem wissen.
Der Trainer nickte: »Mongabadhi war möglicherweise der beste Nachwuchs, den wir seit Jahren hatten. Er war geradezu besessen vom Sport und hat sich beeindruckend schnell entwickelt.«
»Er soll ja nicht nur in sportlicher Hinsicht von Ihnen gelernt haben«, hakte Danner ein. »Ist an Schmidtmüllers Anschuldigungen was dran? Haben Sie Oran Mongabadhi auch über die Vorzüge schöner Frauen aufgeklärt?«
»Sie sollten sich bei Ihren Recherchen nicht nur auf Informationen von durchgeknallten Schlägern und der Klatschpresse verlassen«, parierte Goldstein verärgert.
Danner zog ungläubig die Brauen hoch: »Ich dachte immer, zu einem anständigen Training gehört das anschließende Entspannungsprogramm dazu?«
Goldstein rieb sich das Kinn. »Mit einer Belohnung zu winken, hebt natürlich die Motivation.«
»Vor allem bei den jungen Kerlen, hm? Das kann Mann doch nachvollziehen.« Danners Blick wanderte anzüglich an mir herunter.
»Ich spiel jedenfalls nicht den Pfaffen, das kannst du mir glauben«, grinste Goldstein und war jetzt plötzlich mit Danner beim vertraulichen Du angelangt.
»Ist ja schließlich auch nicht verboten«, pflichtete Danner ihm bei. »Aber was zum Teufel wollte Mongabadhi mit dem kleinen Lockenkopf? Ich geh doch nicht in den Imbiss, lass mir das Essen einpacken und fresse die nächsten drei Jahre Currywurst. Hatte der nicht langsam genug von ihr?«
»Da kannste Gift drauf nehmen. Der hätte sich bestimmt nicht dauerhaft mit ihr eingelassen.« Goldstein klopfte Danner jovial auf die Schuler. »Soll ich dir was verraten? Der Kleine hatte wohl noch nie einer Frau unter den Rock geguckt. Und dann gerät er beim ersten Mal gleich an eine Professionelle.«
»Die hat ihm die Eier gekocht, hm?«
Meine Nackenhaare sträubten sich. Statt Danner sprach hier wieder Erwin,
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