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Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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normaler Mensch mehr ein Haus hier draußen kaufen.«
    Johan hielt sein Glas einer Serviererin hin, um sich nachschenken zu lassen.
    »Was sind das für Leute? Ich meine, die sich für so viele Millionen ein Haus kaufen?«
    Nora überlegte einen Moment. Sie hatte mehrere der Familien vor Augen, die in den letzten Jahren nach Sandhamn gekommen waren.
    »Die meisten sind ganz normale Leute. Nur mit mehr Geld. Einige versuchen, sich, so gut es geht, einzufügen, und andere wiederum haben überhaupt nichts mit der Inselgemeinschaft am Hut. Manche Familien investieren unglaublich viel Geld in die Restaurierung und Renovierung. Andere zerstören die alten Häuser völlig, indem sie auf alles Traditionelle pfeifen und nur nach dem neuesten Trend renovieren. Oder sie klotzen hässliche Anbauten hin, die überhaupt nicht zur Bausubstanz passen.«
    Sie schwieg, während sie an ein Haus dachte, das besonders stark verfallen gewesen war.
    »Aber einige sind wirklich sehr schön geworden, das muss ich zugeben. Auf die Art ist es so eine Art Bewahrung von Kulturgut.«
    »Wenn man so viel Geld für ein Sommerhaus hinblättert, kann man ja wohl tun und lassen, was man will«, sagte Johan.
    Nora schüttelte nachdrücklich den Kopf. Sie war da ganz anderer Meinung.
    »Wenn man sich einen Ort wie Sandhamn aussucht, dann muss man sich auch anpassen und die ungeschriebenen Gesetze einhalten. Beispielsweise war es immer Tradition, dass man um die ganze Inselherumgehen können soll. Da kann man jetzt als frischgebackener Hauseigentümer nicht plötzlich einen Zaun bis hinunter ans Wasser ziehen, auch wenn man ein Strandgrundstück hat. Wenn einem die lokalen Sitten nicht passen, soll man lieber seine Millionen nehmen und sich stattdessen eine eigene Insel kaufen. Geld ist ja offenbar genug vorhanden.«
    Das Letzte kam ärgerlicher heraus, als sie gewollt hatte. Aber sie konnte ihren Frust über die Entwicklung und die Gleichgültigkeit nicht zurückhalten, die manche der neuen Hausbesitzer gegenüber der Inselbevölkerung und den langjährigen Sommergästen an den Tag legten.
    Plötzlich hatten die ursprünglichen Werte, wie die Möglichkeit, zu fischen und zu jagen oder seine Stimme im Grundeigentümerverband einzubringen, ein völlig anderes Gewicht bekommen. Vieles, was früher ganz selbstverständlich zum Leben auf Sandhamn dazugehört hatte, sollte plötzlich neu bewertet und mit einem Preisetikett versehen werden.
    Das gab Nora das unbehagliche Gefühl, dass alles zum Verkauf stand. Alles konnte von gerissenen Spekulanten gekauft und verkauft werden.
    Aber es hatte keinen Sinn, sich bei einem festlichen Abendessen darüber aufzuregen. Sie hob hastig ihr Weinglas und prostete Johan zu, um ihre Worte abzumildern.
    »Lass uns lieber auf euer gutes Abschneiden bei der Regatta trinken«, sagte Nora mit einem Lächeln.
    Wie üblich wurde es im Laufe des Hauptgangs sehr warm. Das altehrwürdige Klubhaus hatte noch nie eine funktionierende Ventilation gehabt. Die Kellner liefen eilig zwischen den Tischen umher, obwohl die Temperatur um die dreißig Grad lag und die Herren schon lange ihre Jacketts ausgezogen hatten.
    Alle lachten und unterhielten sich angeregt. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt.
    Niemand verlor auch nur ein Wort über die Todesfälle auf der Insel.

[Menü]
Kapitel 40
    Nach dem Essen wurde getanzt.
    Es spielte dieselbe Kapelle, die auch schon die letzten achtzehn Jahre im Seglerrestaurant gespielt hatte. Als sie damals anfingen, war Nora ein Teenager gewesen und die Musiker in der Band nur ein paar Jahre älter. Vor achtzehn Jahren hatte sie den Gitarristen für den süßesten Jungen der Welt gehalten.
    Das war lange her.
    Henrik forderte Nora zu den Klängen von »Lady in Red« auf. Nora hatte immer gefunden, dass sie gut zusammen tanzten. Sie hatten beide Rhythmusgefühl, und es fiel ihnen leicht, den Takt zu halten. Alles kam ihr jetzt viel einfacher vor. Das mit dem Job in Malmö würde sich bestimmt auch regeln. Falls es überhaupt klappte. Sie fuhr mit den Fingern an Henriks Rücken entlang und sog seinen Duft ein. Sie konnte sich nie merken, wie sein Rasierwasser hieß, aber den Duft hätte sie auf hundert Kilometer Entfernung wiedererkannt. Mit geschlossenen Augen gab sie sich der Musik hin und genoss es, die Melodie im Körper zu spüren.
    Nach einem weiteren Tanz gingen sie hinaus auf die Veranda, um Luft zu schnappen und sich abzukühlen. Auf der dicht bevölkerten Tanzfläche herrschten nahezu

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