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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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ob tibetanisch oder Thai, was es in Wahrheit ist. Es ist dein Tattoo, und es bedeutet, was immer es für dich bedeuten soll.«
    Wer hätte gedacht, dass Laylas ungeheure Gelassenheit so leicht zu erschüttern war? Ihr Gesicht lief vor Verlegenheit und Zorn rot an. »Es ist tibetanisch, du Blödmann«, wiederholte sie. »Ich weiß, dass es tibetanisch ist.«
    David setzte sein provozierendes angedeutetes Lächeln auf und zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen: »Du irrst dich, aber es ist unter meiner Würde, mich deswegen mit dir zu streiten.«
    »Es ist tibetanisch! Es bedeutet »Scheißfriedliches Licht im Inneren! <«, schrie Layla und stapfte davon, um sich einen beruhigenden Kräutertee aufzubrühen.
    »Ich hab mal von einem Typen gehört, einem Schwulen«, sagte Garry. »Der hat sich so ein chinesisches Sprichwort auf den Arm schreiben lassen, das hieß: »Sanfter Suchender nach Wahrheit<. Jedenfalls reißt er in einer Nudelbar in Soho eine Chinesenschwuchtel auf, und sein neuer Freund sagt: »Eigentlich steht da, dass du eine blöde, naive, glubschäugige Fotze bist.<«
    Garry, Jazz, Sally und Kelly brachen in schallendes Gelächter aus. Hamish und Moon lächelten. Layla stand am Wasserkessel, puterrot vor Zorn, und biss sich auf die Lippen, während David einen Moment die Augen schloss, als sammelte er Kraft aus seiner eigenen Ruhe.
    Dann zeigte Hamish das keltische Kreuz an seinem Unterarm, und schließlich war David an der Reihe. Er hatte eindeutig schon darauf gewartet.
    »Ich habe nur ein Tattoo«, erklärte er, als wäre dies an sich schon Beweis genug für ausgezeichneten Geschmack und geschärfte Wahrnehmung. »Und es ist sehr, sehr schön.«
    Mit diesen Worten schob David das Bein seiner weiten Seidenhosen hoch und legte seinen linken Knöchel frei, auf dem — dreimal um sein Bein geschlungen — die ersten vier Zeilen des »Sein oder nicht sein«-Monologs aus Hamlet geschrieben standen.
    »Keine Schmetterlinge, keine tibetanischen Einkaufszettel, keine bösen Drachen. Schlicht und einfach die scharfsinnigste Betrachtung der essenziellen Absurdität menschlicher Existenz, die je zu Papier gebracht wurde.«
    »Oder in diesem Fall auf die Haut«, erklärte Jazz, doch David ignorierte ihn.
    »Existenzialismus, dreihundert Jahre bevor er überhaupt erfunden wurde. Humanismus in einer brutalen, barbarischen Welt. Ein winziger Lichtschein, der seither alle Jahrhunderte erhellt hat.«
    »Ja, schon gut, aber wieso sollte man es sich aufs Bein schreiben lassen?«, fragte Jazz und sprach damit im Namen der ganzen Nation.
    »Weil es mir das Leben gerettet hat«, antwortete David, ohne mit der Wimper zu zucken. »Als mein Leben finster war und ich keine Möglichkeit mehr sah, in dieser Welt weiterzumachen, hatte ich den Entschluss gefasst, meinem Leben ein Ende zu bereiten. Glaubt mir, ich war wild entschlossen, Selbstmord zu begehen.«
    »Aber du hast es nicht getan, oder?«, sagte Garry. »Schon komisch.«
    »Nein, hab ich nicht. Stattdessen habe ich in einer Nacht dreimal den Hamlet gelesen, von vorn bis hinten.«
    »Meine Fresse. Eher würde ich mich umbringen«, sagte Garry, doch David ließ sich nicht aufhalten.
    »Auch der traurige Prinz hatte eine solche Schreckenstat geplant, genau wie ich, nur erhob er sich darüber, erhob sich und entwickelte so großen Edelmut.«
    »Und das ist der Grund, weshalb du es selbst nicht getan hast, David?«, fragte Moon, die sich offensichtlich alle Mühe gab, David bei seinem Geständnis zu unterstützen. »Weil nichts von dem, was du empfunden hast, jemals so schlimm wie Hamlet sein konnte?«
    »Wir haben es in der Schule durchgenommen«, sagte Garry. »Glaub mir, nichts ist so schlimm wie Hamlet.«
    »Oh, Mann, halt die Klappe, Garry«, warf Moon ein. »David weiß, was ich meine, oder?«
    »Ja, ich weiß, Moon, und die Antwort ist ja und nein. Zweifellos haben mich die Qualen des dunklen Prinzen manches gelehrt. Aber eigentlich habe ich mich gegen den Selbstmord entschieden, weil mir beim Lesen dieses Stücks bewusst wurde, dass ich eine Welt niemals verlassen möchte, in der es etwas derart Wunderbares wie Shakespeares Verse gibt oder auch nur eine Blume oder einen Sonnenaufgang oder den Duft von frisch gebackenem Brot.«
    »Scheiße, was hat denn Brot damit zu tun?«, sagte Moon.
    »Ich glaube, wenn ein Mensch Schönheit erkennt, lebt in ihm die Möglichkeit von Schönheit in allen Dingen auf, Moon. Und deshalb habe ich beschlossen, die Worte, die der junge

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