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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Elton
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doch würdet ihr meine Flöhe jagen«, stellte Woggle fest. »Erklärt mir den Unterschied zwischen einem Fuchs und einem Floh.«
    Offensichtlich wusste niemand so recht, wo er anfangen sollte.
    »Also...«, schlug Kelly ein wenig nervös vor, »Füchse sind süß und Flöhe nicht.«
    »Ach, sei nicht albern, Kelly«, fuhr David sie an.
    »Sie ist nicht albern«, sagte Woggle. »Sie hat eine universelle Wahrheit ausgesprochen, denn es ist schändlich, dass wir Menschen den Wert des Lebens nach ästhetischen Gesichtspunkten beurteilen. Was wir als schön empfinden, pflegen wir, was wir hässlich finden, vernichten wir. Oh, verflucht sei der menschliche Virus, der diesen makellosen Planeten infiziert!«
    David hatte offenbar die Nase voll. Er würde seinen Anspruch auf den moralischen Standpunkt nicht kampflos aufgeben. »Füchse richten nur sehr geringen Schaden an. Sie zu jagen ist ein Sport, keine Notwendigkeit, und das macht es für anständige, moderne Menschen im neuen Großbritannien des einundzwanzigsten Jahrhunderts so verachtenswert und zutiefst inakzeptabel.«
    »Fuchsjäger sagen, Füchse richten reichlich Schaden an. Sie sagen, Füchse sind Schädlinge«, erwiderte Woggle.
    »Diese Ansicht bestreite ich.«
    »Wo wohnst du eigentlich, Dave?«, fragte Gazzer, der wie immer auf der Suche nach einem guten Spruch war. »Auf einem Bauernhof?«
    »Ich wohne in Battersea«, antwortete David ärgerlich. »Aber das ist nicht der...«
    Gazzer und Jazz lachten über Davids Verlegenheit, was David nur noch wütender machte. Er hasste es, wenn die Leute so taten, als müsse man auf dem Land leben, um etwas von Füchsen zu verstehen.
    »Das ist eine ernste Sache«, schnauzte er sie an. »Es geht nicht darum, billig zu punkten.«
    »Kameraden, der Unterschied zwischen Füchsen und Flöhen besteht darin, dass Flöhe euch stören und Füchse nicht. Aber die Faschistenbauern und Jägernazis behaupten, Füchse würden sie stören. Sie behaupten, dass Füchse Hühner reißen und Wald und Flur terrorisieren«, schaltete sich Woggle ein.
    »Ich bestreite diese Behauptungen vehement«, beharrte David, »aber der Punkt ist...«
    »Der Punkt ist, o Adolf des Insektenreiches, der Punkt ist, Herr Hitler, dass ich, mögen Füchse nun ländliche Terroristen sein oder nicht, sie ebenso wenig töten würde, wie ich meine Flöhe töte, selbst wenn sie mich auch beißen mögen. Es liegt daran, dass ich ein moralisch entwickeltes Individuum bin, wohingegen du ein mieses, mörderisches, scheinheiliges Gestapo-Schwein bist, dem man eine Briefbombe schicken sollte.« Woggles dünne, nasale Stimme klang fest. Offenbar meinte er, was er sagte. Er sprang sogar auf die Füße.
    »Deine Sorge um das Wohl der Tiere«, rief er, wobei die Haut um seine buschigen Augenbrauen plötzlich rot anlief, »geht genau so weit, bis deine eigenen Interessen bedroht sind, und keinen Schritt weiter. Du bist genau wie die Millionen übler Abschaum in diesem Land, die Fuchsjagd und Robbenschlägen verbieten würden, aber kalt lächelnd gebratene Fabrikhühner und mutierte Rindfleischburger in sich reinstopfen! Wenn du meine Flöhe jagst, solltest du es mit der gebotenen Selbsterkenntnis tun. Ich schlage vor, du trägst einen roten Rock, o Dschingis Khan, und bläst dein grelles Horn. Ich schlage vor, du schmierst das Blut meiner Flöhe nach dem Töten deinen Jungen ins Gesicht und begehst das Fest mit einem Abschiedstrunk aus Bechern, geschnitzt aus den Hufen geschlachteter Hirsche! Denn du bist nicht besser als Lord Blutrunst von Bastardshire, David! Du, der du vorgibst, dich zu sorgen, bist in Wahrheit der selbst ernannte Meister der Peeping-Tom-Flohjagd!«

    Das Seltsame war, dass die meisten Menschen, die Woggles Flohpredigt am Ende der ersten Woche von Hausarrest sahen, in gewisser Weise mit dem übereinstimmten, was er sagte. Die Fuchsjagd-Gegner hießen ihren landesweit prominentesten Fürsprecher willkommen, während die Freunde des Jagdsports einen Mann hochleben ließen, der städtische Tierschutzaktivisten zwang, sich der Widersprüchlichkeit ihres Vorhabens zu stellen.
    Woggle war wie die Bibel: Alle behaupteten, er stütze ihre Argumente. Und die Leute liebten ihn. Plötzlich war es, als wäre Woggle der Schoßhund der Nation — schmutzig, stinkend und aufdringlich, aber irgendwie doch liebenswert.
    Hätten die neun anderen Bewohner des Hauses eine Ahnung gehabt, welches Ausmaß Woggles Popularität außerhalb des Hauses angenommen hatte, hätten sie

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