Tödlicher Ruhm
Und jetzt stand Sex auf dem Programm. Das war seine Chance.
Er fand ihr Ohr und flüsterte hinein, während er ganz leicht mit dem Finger gegen den kleinen Ring tippte.
»Kelly«, sagte er breit grinsend.
Und in diesem Moment, genau in diesem Augenblick, wussten sie es beide.
Kelly war sicher, dass sie keiner Menschenseele von ihrer gepiercten Schamlippe erzählt hatte, nicht einmal den Mädchen. Sie hatte es absichtlich für sich behalten, um es zu einem späteren Zeitpunkt im Spiel triumphierend als sexy Geständnis einzusetzen, wenn sie das Gefühl bekam, glänzen zu müssen.
Aber die Stimme an ihrem Ohr wusste davon. Hamishs Stimme. Hamish wusste es, denn im selben Augenblick, als er den winzig kleinen Draht berührte, hatte er ihren Namen geflüstert. Und da begriff Kelly. Der Scheißkerl hatte sie dort schon einmal berührt. Die halb garen Verdächtigungen, die ihr durch den schmerzenden Kopf gegangen waren, als sie am Morgen in der grässlichen kleinen Sexhütte aufgewacht war, verwandelten sich plötzlich in schmiedeeiserne Fakten.
»Mein Gott!«, hauchte Kelly eher überrascht als böse. »Du hast an mir rumgefummelt, als ich ohnmächtig war. Du hast an mir rumgefingert. Du wusstest, dass ich gepierct bin.« Sie flüsterte, noch viel zu schockiert von ihrer Erkenntnis. Alle anderen im Kasten waren mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt.
Keiner hörte sie. Keiner.
Wie Kelly war auch Hamish in dem Augenblick, als er diese beiden alles verratenden Silben »Kelly« hauchte, aufgegangen, dass er einen furchtbaren, furchtbaren Fehler begangen hatte. Bis jetzt allerdings war es noch ein Geheimnis. Nur die beiden wussten davon, während die anderen noch mit ihrem Gekicher und Gefummel beschäftigt waren.
»Bitte«, flehte Hamish in Kellys Ohr. »Sag es ihnen nicht.«
Doch die Art und Weise, wie sie körperlich vor ihm zurückschreckte, verriet ihm, dass sie es doch tun würde. Wie konnte sie auch anders? Wieso sollte sie auch anders? Sie würde es den anderen erzählen, der ganzen Welt, und er wäre geliefert. Natürlich würde er alles abstreiten, ihr Wort stand gegen seines, aber die Leute mochten Kelly, sie würden ihr glauben. Das Mindeste, was ihn erwartete, war landesweite Schande, und das Schlimmste... ein Verfahren wegen sexueller Nötigung. Wegen Digitaler Penetration. Seine Karriere war am Ende, so viel stand fest. Ärzte konnten sich einen solchen Skandal nicht leisten. Welche Frau würde sich ihm jetzt noch an vertrauen?
Um ein Haar musste er lachen. Da waren sie, betatschten einander wie Tiere im Schlammloch, und er musste befürchten, dass man ihn der Notzucht beschuldigte! Hamishs blindes Schwarz vor Augen wurde rot vor Wut. Diese Schlampe! Diese widerwärtige Scheißschlampe! Eben noch hatte sie sich liebend gern von ihm befummeln, sich befingern lassen. Und jetzt wollte sie sein Leben zerstören, weil er genau dasselbe schon einmal getan hatte.
Hamishs aufschäumende Wut und Angst entsprachen genau dem, was Kelly empfand. Sie war außer sich, angewidert. Am liebsten hätte sie sich übergeben. Dieser Scheißkerl hatte sie geschändet, als sie nicht mehr bei sich war! Ihr seinen Finger reingesteckt. Hatte er sie vergewaltigt? Er hätte sie vergewaltigen können. Wahrscheinlich nicht, sagte sich Kellys fiebriges Hirn. Sie wusste es, wenn sie vergewaltigt worden wäre. Tatsächlich? Vielleicht war er klein gebaut, vielleicht war er sehr vorsichtig gewesen. Sie erinnerte sich noch an das Gefühl, mit dem sie aufgewacht war. Dieses Unbehagen, dieser plötzliche, überwältigende Drang, in den Pool springen zu müssen. Hatte er sein Ding in sie reingesteckt ? Wie sollte sie es je herausfinden?
»Bitte, sag es nicht weiter«, flüsterte Hamish noch einmal, und plötzlich war seine Hand an ihrem Mund.
Doch Kelly drängelte sich bereits aus dem Schwitzkasten und rempelte auf der Suche nach dem Ausgang zwischen den lachenden, grapschenden Leibern hindurch.
Sie geht raus, dachte Hamish. Was hat sie vor?
Auch David merkte, dass Kelly es eilig hatte, zum Ausgang zu gelangen. Kelly, die Frau, die mit ihrem Wissen sein Schicksal in Händen hielt... Die Schlampe, die sich über ihn lustig machte. Was will sie?, dachte er. Was hat die dumme Gans vor?
Keuchend und schwitzend kam Kelly an Dervla vorbei. Dervla wusste, dass es Kelly war, weil sie ihr schnelles Atmen erkannte. Für Dervlas Ohren klang sie aufgeregt, fast triumphierend. Was war denn los mit ihr? Dervla dachte an die Nachricht,
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