Tödlicher Schnappschuss
Einbrecher in
Christian Vorbergs Wohnung zu stellen, berichtet.
»Frag lieber nicht«,
knurrte Ulbricht und blieb stehen. Er betrachtete die Palmen, die sich im
seichten Wind wiegten. Fast wie am Meer, dachte er. Fast wie damals, mit
Birgit auf Mallorca. Und er fragte sich, wie lange das wohl her war.
Wiebke war ganz klein gewesen; sie hatten sich bei ihrer Ankunft mit dem
Hotelmanager gestritten, der sich anfangs geweigert hatte, dem Ehepaar ein
Kinderbett ins Zimmer zu stellen.
Ein anderes Leben, dachte er
und seufzte.
»Sag mal, hörst du
mir überhaupt zu?«, holte ihn Majas vorwurfsvolle Stimme in die
Gegenwart zurück.
»Natürlich«,
log er. »Ich bin ganz Ohr, nur auf dem Weg zu einer dieser lästigen
Anwendungen. Aber pass auf: Du musst zu Alexandra Voosen fahren und ihr
Handy einkassieren. Sie hat eins von diesen neumodischen Dingern, mit
denen man so ziemlich alles machen kann. Mit Terminkalender und so weiter.«
»Sie hat ein iPhone.«
»Kann sein. Darauf hat
sie wohl alle Daten, das hat sie mir gesagt. Und du musst…«
»Moment«, wurde
er von Maja unterbrochen. »Heißt das, dass du bei Alexandra
Voosen warst?« Sie schnappte nach Luft, als er nichts erwiderte.
»Du hast sie also verhört.«
»Ich habe ein paar
Fragen gestellt, ja.« Er rollte mit den Augen, was Maja natürlich
nicht sehen konnte.
»Du bist unmöglich«,
zeterte Maja. »Ich hasse es, wenn du auf eigene Faust losziehst und
hinter meinem Rücken ermittelst. Ich…«
»Ja ja, ich weiß
- du leitest die Ermittlungen. Aber ich habe dir einfach nur zuarbeiten
wollen. Sie hat behauptet, zur Tatzeit in München gewesen zu sein.
Angeblich ist sie erst in den frühen Morgenstunden am Flughafen
Hannover angekommen; ein Ticket konnte sie mir aber nicht zeigen.«
»Das lässt sich
überprüfen.« Maja klang versöhnlich. »Gut, ich
werde veranlassen, dass man ihr Handy einzieht. Die Kollegen aus der
IT-Abteilung sollen sich das Gerät ansehen und auswerten, vielleicht
wissen wir darin morgen schon mehr. Und ich werde ihr Alibi überprüfen
lassen.«
»Und sie behauptet,
Christian Vorberg nicht näher gekannt zu haben. Aber sie lügt,
denn Vorbergs Vermieterin hat Alexandra Voosen mehrfach dabei beobachtet,
wie sie das Haus betreten hat. Und sie haben nicht nur Kaffee getrunken,
wenn du verstehst?«
»Nein?«
»Sie haben - ich
zitiere Martha Hutmacher - es getrieben wie die Karnickel.«
»Für Geld?«
»Wahrscheinlich. Aber
immerhin - sie kannten sich besser, als Alexandra Voosen zugeben wollte.
Ich könnte schwören, dass sie
der Schlüssel zum Mord an Vorberg ist.«
»Das werden wir überprüfen.
Und wenn ich wir sage, dann meine ich das Fachdezernat 1 der
Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden und keine Kurgäste.«
Ulbricht überhörte
die bissige Anmerkung großzügig. »Was ist mit dem
Einbruch in Christian Vorbergs Wohnung? Habt ihr da schon was erreicht?«
»Also, es war Vorbergs
Bruder, der sich Zugang zur Wohnung seines toten Bruders verschafft hatte«,
wiederholte Maja geduldig. »Er sitzt jetzt bei uns in U-Haft. Eine
Streifenwagenbesatzung hat ihn kurz nach der Tat aus dem Verkehr gezogen -
weil sein Auto eine abgelaufene TÜV-Plakette hatte.« Sie
lachte. »Dumm gelaufen, was?«
»Er sitzt bei euch?«
»Ja - warum?«
»Ich muss mit ihm
reden.«
»Du willst ihn verprügeln,
weil er dich mit einem einzigen Schlag niedergestreckt hat und dich tief
in deiner Polizistenehre verletzt hat.« Wieder lachte sie, und er
mochte ihr Lachen.
»Hat er das gesagt?«
»Wort für Wort.
Inzwischen haben wir auch die Mutter der Vorberg-Brüder befragt.
Dabei hat sich herausgestellt, dass ihre Söhne streng genommen nur
Halbbrüder sind. Markus stammt von einem anderen Mann; sie hat damals
ihren Mann betrogen, der sie verlassen hat, als er vom Seitensprung seiner
Frau erfuhr. Entsprechend schwer hatte es auch Markus - ich glaube, dass
seine Mutter ihn vom ersten Tag an gehasst hat. Jedenfalls hat sich im
Gespräch ergeben, dass Christian eindeutig ihr Lieblingssohn war. Er
hat es im Leben zu etwas gebracht, hat einen anständigen Beruf
erlernt, mit dem er viel Geld verdient hat, während sich der jüngere
Markus mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und dem Staat
regelmäßig auf der Tasche liegt. Wenn du mich fragst, hatten
die beiden Brüder eine beschissene Kindheit. Sicherlich war es für
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