Tödlicher Schnappschuss
laut rumpelnd und mit dröhnendem Dieselmotor seine Arbeit
auf. Grundmann, der mit unbeteiligter Miene in seinem Kaffee gerührt
hatte, sprang auf und knallte das Fenster zu, dann setzte er sich wieder.
Ulbricht erschien gemeinsam
mit Oberkriminalrat Dauber im Konferenzraum und nickte Maja zu, während
er sich ihr gegenüber niederließ.
»Ich will es heute kurz
machen«, eröffnete Dauber die Morgenrunde. »Hinter uns
liegt eine sehr kurze Nacht, und wir alle sind der Lösung des Falles
ein wenig näher gerückt. Im Fall der toten Alexandra Voosen
haben wir ihre Kundenkontakte durchleuchtet, was nicht immer leicht war,
aber wir wissen, dass sie sich zuletzt mit Arndt Hartmann getroffen hat.
Wie Sie alle wissen, leitet Hartmann das größte
Immobilienunternehmen in der Region und ist auch an zahlreichen anderen
Firmen beteiligt, die zur Kollmann-Gruppe gehören und dem Vermögen
seiner Schwiegereltern entstammen. Insofern ist es nicht ganz einfach,
hier diskret vorzugehen. Dennoch sollten wir nicht zögern, ihn zu
seinem Treffen mit Alexandra Voosen zu befragen. Es ist möglich, dass
er der letzte ist, der sie lebend gesehen hat.« Dauber legte eine
Pause ein, um die Worte sacken zu lassen. Alders räusperte sich. Er
kratzte sich am Kinn, wobei seine Bartstoppeln vernehmlich raschelten.
»Wir waren in der Nacht
in Hehlen und haben das Fachwerkhaus der Toten untersucht. Dabei ist uns
ein kleiner Zettel an der Pinnwand aufgefallen. Darauf war ein Treffen an
der Lutterburg vermerkt, das gestern um 22 Uhr stattgefunden haben sollte.
Da Frau Voosen zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits nicht mehr lebte, haben
wir der Lutterburg einen Besuch abgestattet. Vergeblich, denn niemand hat
sich dort blicken lassen.«
»Was ist die
Lutterburg?«, fragte Ulbricht in die Runde. Erst jetzt erinnerte er
sich daran, dass er eigentlich gestern noch dorthin fahren wollte. Dann
war er mit Maja essen gewesen und hatte die Zeit und das geheimnisvolle
Treffen total vergessen. Er wurde eben doch alt.
»Dabei handelt es sich
um mehrere historische Gebäude, die dem Verfall geweiht sind, wenn
nicht schnell etwas geschieht«, eröffnete Dauber ihm. »Bei
dem Ensemble handelt es sich um ein Pförtnerhaus, um zwei Villen und
um eine kleine Kapelle, zu der ein eigener Friedhof gehört. Das
Anwesen liegt auf einer Anhöhe im Wald zwischen Bodenwerder und
Pegestorf. Ein Sahnestück für einen Investor, doch aus einem mir
unerfindlichen Grunde gibt es keinen Käufer, der sich des Anwesens
annehmen möchte.« Nun lächelte er. »Man erzählt
sich Spukgeschichten über die Lutterburg, natürlich alles
Unsinn.« Eine wegwerfende Handbewegung. »Nachts halten sich
dort oft Jugendliche auf, um Geisterbeschwörungen durchzuführen.
Ich halte das für Quatsch, wahrscheinlich sind diese nächtlichen
Besuche in den Ruinen der Lutterburg nur die Mutproben von vorlauten
Teenagern. Wie dem auch sei: Es gab Gerüchte, dass sich in letzter
Zeit sogar zwei Investoren um das Grundstück gerissen haben sollen.
Einer wollte die alten Gebäude dem Erdboden gleichmachen und dort
eine moderne Ferienanlage errichten - sein Konkurrent wollte angeblich
viel Geld in die Sanierung der alten Gebäude investieren und dort
Wohn- und Büroräume einrichten. Das Grundstück soll mehr
als drei Millionen Euro kosten - eine stolze Summe für ein paar baufällige
Ruinen in bester Lage und mit Blick auf die Weser und die Deutsche Märchenstraße.
Vielleicht ist der Preis auch der Grund dafür, dass beide Pläne
seit einem halben Jahr auf Eis liegen und nichts geschieht.« Dauber
blickte in die Runde und machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr:
»Wenn wir die Sache nun im Zusammenhang sehen, könnte ich mir
vorstellen, dass Arndt Hartmann einer der beiden Investoren ist, die am
Kauf der alten Lutterburg interessiert sind. Was allerdings Frau Voosen
damit zu tun hat, weiß ich nicht.«
»Es ist bekannt, dass
sie ihre Kunden erpresst hat. Immer wieder haben wir es auch mit Damen von
Begleitagenturen zu tun, die sich in der Wirtschaftsspionage betätigen.
Im Bett scheinen manche Manager sehr gesprächig zu sein, wenn es ums
Geschäft geht. Wahrscheinlich wollen sie den Damen damit imponieren.
Die Escort-Ladys nutzen die männliche Schwäche und verkaufen ihr
so erlangtes Wissen an die Konkurrenz der Kundschaft«, überlegte
Maja.
»Das geht
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