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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ist trotz aller Schönheit deprimierend wie jede andere Großstadt auch.
    Natalja war enttäuscht, als sie wieder zum Hotel Ritz zurückkehrte. Auch Paris kann das Gefühl von Einsamkeit wecken, wenn der Himmel weint. Paris muß man im Sonnenschein erleben – dann spricht jeder Stein zu dir und erzählt dir von der Liebe.
    Sie ging nicht in die Bar, sondern fuhr hinauf in ihre Suite und öffnete die Flasche Dom Pérignon. Der Champagner war noch gut gekühlt, schmeckte vorzüglich.
    Morgen abend bei Madame de Marchandais.
    Wie sieht dieser Ducoux aus? Wird er auf ihre Verführungskünste hereinfallen und ihr so hörig werden, daß er die Geheimakten für sie fotografiert?
    Natalja trank die halbe Flasche leer, blickte auf die Barockuhr, die auf einem Marmorpaneel stand, und entschloß sich trotz der späten Stunde, doch noch Sybin anzurufen. Vielleicht störe ich ihn gerade bei einem Sextänzchen im Bett, dachte sie boshaft. Wer ihn dabei unterbricht, den überschüttet er mit gemeinen Worten.
    Aber Sybin war – das wunderte sie – allein und war sogar erfreut, ihre Stimme zu hören.
    »Endlich rufst du an!« sagte er. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Ich dachte, du meldest dich sofort nach deiner Ankunft in Paris.«
    »Ich habe mir Paris angesehen.«
    »Eine wunderschöne Stadt, nicht wahr?«
    »Es regnet, als seien Wolken zerborsten, da ist nichts mehr schön. Morgen abend bin ich bei Madame de Marchandais.«
    »Gratulation!«
    »Die Namen, die du mir gegeben hast, haben alle Türen geöffnet.«
    »Und jetzt öffne dich, mein Schweinchen«, sagte Sybin fröhlich.
    »Das weiß ich noch nicht.« Natalja sog vor Wut scharf die Luft ein. »Du verkaufst mich, wo du willst! Was bin ich eigentlich?«
    »Das, was du bist! Wir sind ein Team … ich bin das Gehirn, du bist der Körper. Damit ist der Erfolg vorprogrammiert. Enttäusche mich nicht.«
    Wütend legte Natalja auf.
    Wie ich ihn hasse, dachte sie, und trotzdem muß ich ihm dankbar sein. Was wäre ich heute ohne ihn? Eine tanzende Hure auf der Bühne einer Stripteasebar. Von dort hat er mich rausgeholt, und er hat meinen Eltern eine große Wohnung besorgt und meinem Vater eine Stelle in einer seiner Firmen – als Elektriker. Jetzt haben sie keine Sorgen mehr, und Mamutschka braucht nicht mehr auf dem schwarzen Markt zu stehen und Gegenstände zu verkaufen, die andere auf den Müll geworfen haben. In den schweren Zeiten war Väterchen jeden Morgen in aller Frühe zu den Müllhalden gegangen und hatte die neuen Abfallberge nach etwas Brauchbarem durchwühlt. Das sollte man nicht vergessen. Ihren Hurenlohn hatte er nur mit Mißfallen angenommen … Petr Victorow hatte nie seinen Stolz verloren und grämte sich, wenn Natalja ihm die Scheinchen auf den Tisch legte. Sybin war der Retter, und dafür gebührte ihm Dank.
    Am nächsten Abend ließ sich Natalja zu Madame de Marchandais am Bois-de-Boulogne bringen. Die imposante Villa mit den Säulen beeindruckte sie. Und als sie die Eingangshalle betrat und das halbnackte Garderobenmädchen sah, wußte sie plötzlich, daß ihr ein großes Abenteuer bevorstand.
    Madame de Marchandais empfing sie mit einem Wangenkuß an der Tür zum ›Roten Salon‹. Sie starrte Natalja begeistert an und musterte sie, als sei sie ein Modell.
    »Wie wunderbar schön und jung Sie sind, Natalja«, sagte sie. »Sie werden eine Bereicherung meines Zirkels sein. Die Herren werden Sie umschwärmen. Wie lange bleiben Sie in Paris?«
    »Das weiß ich noch nicht.« Madame weckte Nataljas Interesse. Sie war eine imposante Persönlichkeit. Niemand außerhalb der Villa hätte geglaubt, daß sie die Herrin des exklusivsten Edelbordells von Paris war. »Ich lebe zeitlos.«
    »Wer kann sich das noch leisten?! Kommen Sie, Sie werden einige der wichtigsten Männer von Paris, ja von Frankreich kennenlernen.«
    Im ›Roten Salon‹ war um diese Zeit das gesellschaftliche Leben bereits in vollem Gange. Die Damen und Herren tranken ihren Champagner, die barbusigen Mädchen servierten Gebäck oder Wein, an dem langen Buffet füllte man die Teller mit auserlesenen Köstlichkeiten, von Hummerpastete und Kaviar bis zu Fasanenbrust und Loup de Mer in Aspik.
    Madame führte Natalja an einen Tisch, an dem Ducoux und Awjilah gerade über den Terrorismus debattierten und der Iraner in diesem Moment sagte, Terrorismus sei menschenverachtend und man müßte eine internationale Antiterrortruppe zusammenstellen. Beide Herren schnellten sofort von ihren Sesseln hoch, als

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