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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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morgens beendete Victoria das kleine Abenteuer. Sie zahlte, obgleich Sybin die Rechnung übernehmen wollte, und sie lehnte es auch ab, daß er sie mit seinem Jaguar zum Hotel bringen wollte. Sie nahm ein Taxi, und Sybin winkte ihr von der Tür des Tropical aus nach.
    In ihrem Zimmer in der Botschaft setzte sie sich auf die Bettkante und ließ den Abend noch einmal an sich vorbeiziehen.
    Igor Germanowitsch Sybin … was war das für ein Mann? Ein eitler Fatzke mit Manieren. Ein Emporkömmling mit Bildung. Was verbirgt sich hinter seiner Hollywoodfassade?
    Morgen, im Rubjow-Museum, wollte sie mehr über ihn erfahren …
    Sybins Stimme dröhnte in dem Hörer, als Dr. Sendlinger das Telefon abhob. Zunächst verstand er kein Wort, so schrie Sybin herum, und so fragte er, als Sybin Atem holen mußte:
    »Was ist denn los?«
    »Soll ich das alles wiederholen?« brüllte Sybin.
    »Ich habe kein Wort verstanden. Ist ein Reaktor in die Luft geflogen?«
    »Für Witze habe ich jetzt keinen Nerv! Anassimow ist verschwunden! Genügt das nicht?«
    Dr. Sendlinger kniff die Augen zusammen und griff nach einem Zigarillo. Erst als er den ersten Zug getan hatte, fragte er:
    »Was heißt verschwunden?«
    »Soll ich dir das buchstabieren? V-e-r…«
    »Ich begreife das nicht«, unterbrach ihn Dr. Sendlinger.
    »Wer kann das begreifen? Seit zehn Tagen höre ich nichts von ihm! Planmäßig ist er in Istanbul auf das Schiff gegangen, aber nicht in Ägypten, in Alexandria, angekommen. Ich habe mir die Passagierliste der Reederei kommen lassen … Anassimow steht drauf! In Alexandria muß er – so die Reederei – mit vierzig anderen Passagieren das Schiff verlassen haben. Aber unser Mann in Ägypten hat vergeblich gewartet. Anassimow kam nicht an. Auch in Libyen ist er nicht aufgetaucht … unser Kunde ist sehr verärgert.«
    »Das heißt, dein sogenannter bester Mann ist mit zweihundert Gramm reinem Plutonium zu Luft geworden!«
    »Anassimow hatte mein vollstes Vertrauen! Er arbeitete schon sieben Jahre für mich. Immer Sonderaufträge, die er gewissenhaft erfüllte.«
    »Ich kann dazu nur sagen: Igor, den Preis für diese zweihundert Gramm mußt du tragen.« Dr. Sendlinger sah dem Qualm seines Zigarillos nach. »Nehmen wir an, er ist aufgefallen und verhaftet worden.«
    »Von wem denn? Er war ja die ganze Zeit auf dem Schiff.«
    »Wie würde sich dieser Anassimow bei einem Verhör verhalten?«
    »Wie ein Fisch: glotzen und schweigen.«
    »Auch bei ›harter‹ Befragung?«
    »Auch dann.«
    »Und wenn er sich selbständig gemacht hat und die zweihundert Gramm auf eigene Rechnung anbietet? Immerhin ist das ein Millionenbetrag, da ist die Versuchung groß.«
    »Er kennt keine Namen und keine Adressen. Nur Codeworte für die Übergabe. Und er hat das Schiff nicht verlassen können.«
    »Es gab auf dieser Reise viele Stationen. Rhodos, Zypern, Beirut, Haifa …«
    »Mit einem Kasten Plutonium zu den Israelis! Das ist doch idiotisch!« schrie Sybin. Weniger der Verlust der zweihundert Gramm erregte ihn so, sondern der Vertrauensbruch seines alten Mitarbeiters. Konnte man sich auf keinen mehr verlassen? »Außerdem hat er von Beirut aus noch angerufen. Alles planmäßig. Bedankt hat er sich sogar für diese fröhliche Urlaubsreise. Ich stehe vor einem Rätsel.«
    »Was können wir tun, Igor?« Dr. Sendlinger zerdrückte den Rest seines Zigarillos in einem aus Ebenholz geschnitzten Aschenbecher. Andenken an eine Reise nach Zaire, wo er im Auftrag einer pharmazeutischen Fabrik wegen der Lieferung von Medikamenten verhandelt hatte, die letztendlich die deutsche Entwicklungshilfe bezahlte. »Wir können gar nichts tun – nur warten, ob, wo und wann dein lieber Anassimow auftaucht oder die zweihundert Gramm Plutonium.«
    »Ich habe jetzt drei Kilo zusammen.«
    »Wann kommen sie an?«
    »Nächste Woche.«
    Sie konnten jetzt frei miteinander sprechen: Dr. Sendlinger und Sybin hatten getestet, ob ihre Gespräche abgehört werden. Sybin hatte in einem Telefonat verkündet: »In Kürze läuft die Aktion gegen Jelzin an!« Keine Reaktion des russischen Geheimdienstes. Wäre man bei ihm erschienen, hätte er lachend gesagt: »Liebe Freunde … es geht um den Geburtstag von Jelzin! Wir wollen ihn mit einem Fackelzug überraschen.« Und Dr. Sendlinger hatte am Telefon gesagt: »Das Attentat auf Kohl ist gesichert.« Auch er hätte beim Eintreffen des Berliner LKA verwundert geantwortet: »Meine Herren, wir wollten lediglich dem Bundeskanzler einen großen Korb

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