Tödlicher Staub
häppchenweise. So viele Dollars, soviel Lithium.«
»Und wo lagern wir das Teufelszeug?« Hässler hielt an einer Kreuzung an. Die Ampel stand auf Rot.
»Bei Ihnen im Keller.«
»Unmöglich!« rief Hässler entsetzt. »Völlig indiskutabel!«
»Und warum?«
»Sollen der Dicke Adolf und alle Gäste verstrahlt werden? Und ich auch?«
»Hässler … Lithium strahlt nicht.« Dr. Sendlinger lehnte sich zurück. Seine Stimme nahm einen dozierenden Tonfall an. »Lithium ist ein sehr weiches, silberweißes Leichtmetall aus der Gruppe der Alkalimetalle. Es strahlt nicht, sondern geht meistens eine Verbindung mit einem Hydridmolekül ein, was es zu einem festen Stoff macht. Der in ihm gebundene Wasserstoff ist leicht wieder herauszuziehen und wirkt als starkes Reduktionsmittel. Seine Reaktionsfähigkeit ist großartig … das Lithiumhydrid ist zur Erzeugung von Wasserstoff hervorragend geeignet und wird als Raketentreibmittel verwendet. Eine andere chemische Verbindung mit einem Deuterium, das Lithiumdeuterid, ist der Hauptbestandteil der Wasserstoffbombe.«
»Das beruhigt mich nicht!« sagte Hässler und fuhr weiter. »Ich will das Zeug nicht in meinem Keller haben!«
»Die Hauptsache – es strahlt nicht. Es ist nicht radioaktiv. Es ist, wenn es so rumliegt, ein harmloses Metall. Aber es wird durch Atomspaltung ein unverzichtbarer Grundstoff zur Herstellung der Wasserstoffbombe. Durch eine Verringerung der Druckwelle – die technischen Details möchte ich jetzt nicht erläutern – entsteht die alles vernichtende Neutronenbombe. Am gefährlichsten aber ist die Plutoniumbombe. Da genügen nur fünf Kilogramm Plutonium 239, um Hunderttausende von Menschen zu vernichten.«
»In welcher Scheißwelt leben wir nur!« sagte Hässler dumpf. »Und wir mischen da auch noch mit!«
»Auch auf Plutonium werden wir noch Zugriff bekommen, Hässler. Die Politik arbeitet für uns. Je mehr man abrüstet, um so leichter wird man an dieses Material herankommen. Wir werden den Handel an uns reißen …«
»Und uns damit den Arsch vergolden!«
»So ist es, Hässler.« Dr. Sendlinger wandte sich zur Seite und stieß mit seinem Ellenbogen Waldhaas in die Rippen. »Sie hatten 1989 die beste Idee, die es je gab. Jetzt wird Wirklichkeit daraus.«
»Ich habe damals nur vage Informationen ausgewertet. Ich befürchte allerdings, daß Petschin – trotz Lithiumproben – nicht der richtige Mann ist. Nicht, weil er zu geizig für vernünftige Provisionen ist, sondern weil er, trotz Generalsuniform und drei Reihen Orden, im Grunde ein Feigling ist. Für dieses Geschäft darf man keine Skrupel haben, aber Petschin geht auf Nummer Sicher und scheut jedes Risiko. Da läuft nicht mehr viel.« Waldhaas blickte hinaus auf die Straße. Es hatte zu regnen begonnen, die Lichtreklamen zuckten über den nassen Asphalt, ein paar späte Spaziergänger huschten unter Regenschirmen oder mit hochgeschlagenen Kragen an den Häuserwänden entlang. »Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, Doktor.«
»Worüber?« fragte Dr. Sendlinger erstaunt.
»Wen Sie in Moskau besuchen wollen.«
»Das weiß ich selbst noch nicht.«
»Es gibt keine Kontaktadresse?«
»Nein. Zumindest habe ich keine … aber wir alle wissen, daß es in Rußland seit der ›Erneuerung‹ eine Art Mafia gibt. Nicht nach italienischem Muster … das ist für einen Russen nicht effektiv genug. Die wie ein Pilz wachsende russische Mafia soll – so sagt man – neben den chinesischen Triaden die gnadenloseste und grausamste Organisation sein, die je in der Unterwelt entstanden ist. Und da will ich rein!«
»Verrückt, Doktor!« Waldhaas sah ihn entsetzt an. »Hängen Sie nicht am Leben?«
»Ich lebe mit Begeisterung.«
»Und wie wollen Sie an die Mafia herankommen? Glauben Sie, die umarmt Sie, wenn Sie in irgendeinem Hotel sitzen?«
»So ähnlich.« Dr. Sendlinger lächelte verschmitzt. »Auch da sind Dollars der beste Schlüssel, um geheime Türen zu öffnen. Wie bei uns gibt es auch in Moskau Orte, wo man die richtigen Männer treffen kann. Die junge russische Mafiageneration besteht aus fixen Jungs mit intelligenten Köpfen, denen kann man nichts vormachen. Da gelten nur Fakten, und die bringe ich mit.«
»Meine lieben Mafiosi … ich will Plutonium …«
»So ähnlich.« Dr. Sendlinger lachte. »Wenn ich zurückkomme, habe ich etwas dabei.«
»Im Handköfferchen …«
»Nicht doch. Ich meine das Wort des russischen Syndikats, daß wir zusammenarbeiten.«
»Gott sei mit
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