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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Marchandais trafen sich Ducoux und Dr. Sendlinger wieder. Louise nannte Sendlinger einen alten Freund, küßte ihn auf beide Wangen und machte ihm das Kompliment, daß er gut aussehe. Eines der Mädchen brachte ihm ein Champagnerglas und flüsterte: »Vierzehn, Monsieur.« Das war ihre Zimmernummer im ersten Stockwerk der Villa.
    Sendlinger hatte kein Interesse, seinen Abend mit einer bezahlten Frau zu verbringen. Er ging hinüber zu dem runden Stammtisch, begrüßte Ducoux, Pataneau, Lumette, einen François Lasanna, der ein Abteilungsleiter einer Behörde bei der EU und daran beteiligt gewesen war, das bahnbrechende Gesetz zu formulieren, wie lang, wie dick und wie krumm eine der EU genehme Banane zu sein hat.
    Auch Anwar Awjilah war gekommen und gab Dr. Sendlinger die Hand. Sie blinzelten sich kaum merklich zu … es war das Zeichen, daß das Plutonium 239 zur Übergabe bereitstand. Wirklich vier Kilogramm? Awjilah war gespannt – morgen in der iranischen Botschaft würde man mehr wissen.
    Dr. Sendlinger blickte sich suchend um. Enttäuscht fragte er:
    »Ist Natalja Petrowna nicht hier?«
    »Sie ist verreist.« Madame de Marchandais, die Sendlinger gefolgt war, machte ein bedauerndes Gesicht. »Nach St. Tropez …«
    »Natalja ist schon seit einer Woche nicht mehr bei uns.« Ducoux fingerte eine seiner Zigarren aus einem silbernen Etui. »Wir vermissen sie sehr.«
    »Sie wollte eigentlich gestern zurück sein.« Louise trank einen Schluck Champagner. Wenn sie log, bekam sie immer eine trockene Kehle vor Aufregung. »Und Monsieur Fulton ist auch nicht da.«
    »Er hat mir gesagt, er müsse nach Lyon … wegen seines Ladykillers.« Auch Ducoux log glaubhaft. Dr. Sendlinger, der zum ersten Mal den Namen Fulton hörte, versuchte einen Witz.
    »Sind Sie sicher, Jean«, fragte er, »daß dieser Herr in Lyon ist und nicht in St. Tropez, Ladys killt?«
    Ducoux fand das gar nicht lustig. »So etwas kann nur jemand sagen, der Natalja kaum kennt.«
    Dr. Sendlinger verkniff sich ein Grinsen. Mein lieber Ducoux, wenn du wüßtest, mit wem du sprichst. Wenn jemand Natalja Petrowna kennt, dann bin ich es. Du bist ein alter Esel, der sich einbildet, Eindruck auf sie gemacht zu haben, und du ahnst nicht, daß sie dich verführerisch anlächelt, um an das Material der Sûreté heranzukommen, an die Informationen, die ihr über den Nuklearhandel gesammelt habt, damit Sybin, der für euch große Unbekannte, die Konkurrenz ausschalten kann.
    Ohne Natalja wurde es Sendlinger schnell langweilig im ›Roten Salon‹. Die halbnackten Mädchen riefen bei ihm mehr Ablehnung als Interesse hervor, mit einer der ›Damen der Gesellschaft‹ wollte er auf gar keinen Fall eine Affäre beginnen, das Bäumchen-wechsle-dich-Spiel ekelte ihn an und war nicht seine Sache. Warum also bei Madame bleiben?
    Er hatte noch einen schnellen Blickkontakt mit Awjilah, verabschiedete sich von allen und verließ die Villa. Ein Taxi, das er hatte bestellen lassen, holte ihn ab und brachte ihn zum Hotel Crillon.
    In der prunkvollen Halle sprang Waldhaas auf, der in einem der Sessel saß und offensichtlich auf Sendlinger gewartet hatte. Er stürzte ihm entgegen und machte einen verzweifelten Eindruck.
    »Sybin ist weg!« rief er mit unterdrückter Stimme. »Ich wollte ihn mitnehmen ins Crazy Horse … sein Zimmer ist leer.«
    »Was soll das heißen?« Sendlingers gute Laune verflog schlagartig. »Er ist wieder allein losgezogen?«
    »Er ist jedenfalls nicht mehr da.«
    »Ist es nicht möglich, daß du einen einzigen Mann im Auge behältst?« Sendlinger war wütend. »Was hast du denn vierzehn Jahre lang bei der Stasi getan? Hunderte von Menschen überwacht … und das hat fabelhaft geklappt. Und jetzt kannst du nicht einmal einen Mann festhalten?«
    Waldhaas setzte sich beleidigt in den nächsten Sessel und verzichtete auf eine Entgegnung. Es war für ihn ein Trauma, auf seine Stasi-Vergangenheit angesprochen zu werden. Das war vorbei und aus … jetzt war er einer der größten Baustoffhändler Berlins. Wer redet denn noch von der fatalen Vergangenheit – nur die Gauck-Behörde, die alle verfügbaren Akten der Stasi durcharbeitete … na ja, eine Langzeitbeschäftigung für einige Beamte. Den Namen Waldhaas suchte man vergeblich in der Hinterlassenschaft des DDR-Staatssicherheitsdienstes, er hatte alle ihn betreffenden Papiere verbrannt und auch wichtige Ermittlungsberichte, die ihn hätten belasten können. Dann war er untergetaucht in der Menge und hatte sogar

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