Tödlicher Staub
ihr? Sie ist in St. Tropez.«
»Nein. Sie ist in Paris.«
»Unmöglich. Auch Madame de Marchandais bestätigte, daß …« Ducoux hielt inne und kam zwei Schritte auf Fontana zu. »Wie können Sie behaupten, Natalja sei in Paris?«
»Ducoux, sie ist bei mir …«
»Bei …« Ducoux wurde rot im Gesicht. »Bei Ihnen im Hotel Monique?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Raten Sie mal …«
Ducoux starrte Fontana an und verstand plötzlich, warum man wegen einer Frau zum Mörder werden konnte. Es war ein fiebriger Gedanke, eine kurze Aufwallung, dann hatte er sich wieder in der Hand.
»Das hätte ich ihr nicht zugetraut.« Bitterkeit lag in seiner Stimme. »Und Sie sind ein Schwein, Dick!«
»Sie sind erregt, deshalb schlage ich Ihnen jetzt nicht ins Gesicht.«
»Sie verdammter Weiberheld! Wie lange wird es dauern und Sie haben Natalja satt und werfen sie weg? Eine solch wunderbare Frau muß auf Sie hereinfallen! Kennen Sie überhaupt das Wort Gewissen oder Moral in Ihrer Sprache?«
»Trinken Sie einen Kognak, Ducoux. Ich rate es Ihnen.«
»Respektieren Sie einen Wunsch von mir?«
»Wenn er erfüllbar ist. «
»Gehen Sie! Gehen Sie sofort!«
»Das wäre ein Fehler … denn Sie würden die Pointe nicht erfahren.« Fontana griff zur Flasche. »Doch ein Gläschen?«
»Nein!« schrie Ducoux. »Gehen Sie!«
»Wie Sie wollen.« Fontana goß sich ein Glas ein, prostete Ducoux zu und trank einen großen Schluck. »Natalja Petrowna Victorowa war die Geliebte von Igor Germanowitsch …«
Es schien einen Augenblick, als hätte Ducoux kein Wort verstanden, sein Unterkiefer klappte herunter, aber dann faßte er sich und ballte die Fäuste. Er verlor völlig die Beherrschung.
»Sie Saukerl!« brüllte er. »Sie hinterhältiges Schwein! Sie unterstellen …«
»Ducoux, fassen Sie sich. Ich weiß es.«
»Sie Lügner.«
»Ich weiß es von ihr. Sie hat es gestanden. Und noch mehr … Doch einen Kognak?«
Ducoux nickte. Er war unfähig, ein Wort zu sagen. Als er das halbvolle Glas in einem Zug ausgetrunken hatte, sprach Fontana weiter.
»Natalja ist im Auftrag von Sybin nach Paris gekommen, zu dem einzigen Zweck, über Sie an die Akten heranzukommen, die sich mit dem Atomschmuggel befassen. Sybin wollte aus Ihren Ermittlungen die Namen seiner Konkurrenten erfahren, die er dann liquidiert hätte.«
Ducoux ging um den Tisch herum und ließ sich schwer in den Sessel fallen.
»Wenn das wahr ist …« sagte er leise.
»Es ist wahr, Natalja hat mir alles erzählt. Sie hat bis ins Detail ausgepackt.«
»Wie kann ein Engel so ein Luder sein?« Ducoux wischte sich über die Augen. Er war bis in seine Grundfesten erschüttert. »Ich war für sie also nur Mittel zum Zweck?«
»Haben Sie geglaubt, Sie würden ihr mehr bedeuten?«
»Ich verstehe … sie ist ein mieses Stück Dreck!«
»Moment, Ducoux.« Fontana goß die Gläser wieder voll. »Ihr Ärger ist gerechtfertigt, Ihre Enttäuschung verständlich, aber bitte nicht solche Worte. Sie beleidigen die zukünftige Mrs. Fontana …«
»Kognak!« Ducoux streckte seine zitternde Hand aus. »War das nun alles?«
»Nein.«
»Sie haben noch mehr anzubieten?«
»Dann ist der dritte Kognak fällig. Natalja ist von Sybin nach Paris geschickt worden mit einem ganz speziellen Auftrag, das wissen Sie jetzt. Aber Sie haben sich anscheinend nie Gedanken darüber gemacht, wieso Natalja sich ausgerechnet im ›Roten Salon‹ bei Madame de Marchandais einquartiert hat. Wie kommt eine Russin, die noch nie in Paris war, in diese Villa?«
Ducoux spürte, wie sein Herzschlag sich verdoppelte. »Sie werden es mir sagen, Fontana.«
»Auf Empfehlung: Ein lieber Gast des ›Roten Salons‹ hat sie Madame empfohlen.«
»Ich kann mir nicht denken, wer das sein könnte.«
»Auch ein guter Freund von Ihnen. Achtung, der nächste Kognak wird fällig …«
»Spucken Sie es aus! Wer?«
»Dr. Paul Sendlinger aus Berlin.«
»Nein! Der Docteur hat Natalja erst bei Madame kennengelernt. Ich habe ihn ihr vorgestellt.«
»Alles Theater! Dr. Sendlinger ist vielleicht der intelligenteste und qualifizierteste Mann der Bande. Er ist Sybins europäischer Dreh- und Angelpunkt. Er hat die Geschäfte eingefädelt, die Verhandlungen geführt … Sybin hat geliefert. Sendlinger ist die Schlüsselfigur! Ohne ihn hätte es Sybin schwer gehabt, sein Plutonium loszuwerden. Und nicht nur das – über Sendlinger laufen auch die Lieferungen von gestohlenen Atomsprengköpfen russischer Raketen, von Lithium 6 zur
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