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Tödlicher Staub

Tödlicher Staub

Titel: Tödlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Frack nach Parfüm. Man sieht ihm an, daß sich die Taschen vor Geld beulen.
    Im Vorraum wurde Sendlinger von dem Oberkellner empfangen. Er blickte den Gast fragend an und wartete, in welcher Sprache er sprechen würde.
    »Dr. Sendlinger«, sagte Sendlinger. »Ich hatte bestellt.«
    »Please, Sir …« Der Oberkellner ging vor, zeigte auf einen runden Tisch in der Nähe der Bühne und schob den Stuhl vor, als Sendlinger sich setzte. Auf der Bühne tanzte ein Paar einen erotischen Tanz. Das Mädchen trug nur ein winziges glänzendes Höschen, ihr Partner verbarg seine Männlichkeit in einem ledernen Futteral. Sie rieben sich aneinander, drehten und wanden sich und spielten eine Kopulation, die in einem ebenso vorgetäuschten Orgasmus endete. Der Beifall war mäßig. Wenn schon Sex, dann richtiger.
    Dr. Sendlinger schaute sich um. Das Lokal war um diese Zeit nur halbvoll, aber der erste Überblick zeigte ihm bereits, daß nicht alle, die hier Champagner tranken und ihren Damen auf die halbentblößten Dekolletés starrten, zur Gattung der Ehrenmänner gehörten. Ich bin zu früh hier, dachte Sendlinger. In einer Stunde sieht das anders aus. Nachtschattengewächse werden erst im Dunkeln munter und blühen dann auf. Warten wir ab, was kommt. Gespannt bin ich vor allem auf diese Natalja, diesen Teufel, wie sie der Taxifahrer nannte.
    Mit großer Zufriedenheit studierte Sendlinger die Speisekarte, die auf russisch, englisch, französisch und arabisch geschrieben war, aber nicht auf deutsch. Was er bestellte, begeisterte ihn wirklich: eine fulminante Borschtschsuppe mit einer großen Haube aus saurer Sahne, dann ein Fischgericht, ein auf den Punkt gekochtes Störfilet, ein medium gebratenes Hirschsteak mit Waldpilzen und Multbeerenkompott, eingerahmt von kleinen knusprigen Blinis, und als Nachtisch ein Eisparfait, das den von beleidigten Italienern bestrittenen Ruf rechtfertigte, das russische Eis sei das beste der Welt. Dazu trank er einen wunderbar würzigen, rubinroten Krimwein, der im Abgang einen Hauch von schwarzen Johannisbeeren schmecken ließ.
    Dr. Sendlinger, schon immer ein Gourmet, stellte fest, daß er seit langer Zeit nicht mehr so gut gegessen hatte. Er gönnte sich noch einen grusinischen Kognak und einen starken Kaffee à la Aserbaidschan.
    Und dann, es war genau dreiundzwanzig Uhr, wie Sendlinger feststellte, betrat ein Gast das Tropical, bei dem sogar der Geschäftsführer herbeirannte und ihn persönlich zu einem Tisch in der ersten Reihe vor der Bühne führte, auf dem ein großer Strauß roter Rosen stand. An den Händen des Mannes funkelten unübersehbar Brillant- und Saphirringe.
    »Das ist der Boß!« dachte Sendlinger. »So kann nur einer aussehen, der jeden ungestraft in den Hintern treten darf.«
    Eine Wiederkehr der Al-Capone-Gesellschaft. Bugsy Siegel würde sich freuen und Mayer Lanski die Nase rümpfen. Eine hervorragende Kopie, und das 1991 im neuen Rußland!
    Zwei Kellner eilten sofort an den Tisch und standen stramm, als sei der Zar erschienen. Der Oberkellner hastete mit der Speisekarte herbei.
    »Wie immer.« Igor Germanowitsch Sybin blätterte in der Speisekarte herum.
    »Kaviar auf Eis?«
    »Frag nicht so dämlich. Wo ist das Krimgesöff? Ich verdurste.«
    Die Kellner eilten davon. Sybin blickte sich kurz um. Sein Blick traf Dr. Sendlinger, der zurückgelehnt die Szene beobachtete und nun lächelte. Sybin lächelte ebenfalls und wandte sich dann ab.
    »Wer ist der Fremde an Tisch neun?« fragte er den Geschäftsführer.
    »Einer aus Deutschland. Heißt Sendlinger. Dr. Sendlinger. Wohnt im Monopol.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von dort wurde der Tisch bestellt.«
    »Und was weißt du noch?«
    »Er ist ein Rechtsanwalt aus Berlin. Das ist alles.«
    Sybin nickte, blickte aber nicht wieder zu Sendlinger hinüber.
    »Sag Natalja, sie soll ihn scharf machen.« Sybin nahm den Kognak entgegen, den ihm ein Kellner im Eilschritt gebracht hatte. »Was hat er gegessen?«
    »Das Menü Nummer eins und den besten Wein.«
    »Also kein neugieriger Tourist. Die sitzen auf dem Geld wie brütende Hennen. Rechtsanwalt ist er? Er will hier Geschäfte machen. Das spüre ich auf der Haut.«
    »Soll ich ihn an Ihren Tisch bitten?«
    »Aber nein, du Idiot!« Sybins Stimme wurde unwirsch. »Natalja soll ihm ihren Hintern ins Gesicht recken … das andere findet sich von allein.«
    Auf der Bühne erschien jetzt eine Frau mit Riesenbusen. Sie ließ ihn im Takt der Musik hin und her schwingen, wie fleischfarbene

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