Tödlicher Staub
Wir denken da an Sprengköpfe von russischen SS-18- und SS-22-Raketen … die Treibsätze können wir woanders beziehen. Seit Rußland abrüstet, liegt viel Material in den Verschrottungslagern herum … nur an die Sprengköpfe kommen wir nicht heran. An diese verdammt komplizierten Zünder.«
»Wir werden auch diese beschaffen können. Das dauert allerdings länger als bei Plutonium.«
»Und noch etwas wäre von Interesse: B- und C-Bomben. Die Zukunft liegt in den biologischen Kampfmitteln. Mit einer normalen Bombe, die durch einen Zeitzünder in der Luft explodiert, kann man giftige Mikroorganismen über ganze Landstriche verteilen. Kein Land der Erde hat eine Abwehrmöglichkeit dagegen. Können Sie Bakterien und Toxine liefern?«
Sendlinger sah, wie stolz Ngolala war, dieses Wissen anzubringen. Und er hatte sogar recht: Nicht sichtbare Bakterienwolken, vom Wind getrieben und verteilt, konnten riesige Gebiete verseuchen und Millionen von Menschen töten, die ahnungslos mit der Luft ihren Tod einatmeten.
»Noch nicht«, beantwortete Sendlinger die Frage. »Wir haben uns bis jetzt nur mit Atomen beschäftigt.«
»Das wird schnell veraltet sein.« Ngolala trank noch ein Gläschen Wodka. »Atombomben machen Krach … B-Bomben sind lautlos. Man braucht sogar keine Bombe mehr … von einem Hubschrauber aus kann man die Toxine streuen. Sir, erkennen Sie die Zukunft. Fünfundsechzig Millionen für ein Kilogramm Plutonium ist ein Wahnsinn, wenn man ein Kilo Botulinus-Toxin für ein paar tausend Dollar bekommen kann!«
»Aber Sie bekommen es nicht. Keiner liefert Ihnen dieses Teufelszeug.«
»Warten wir es ab.« Ngolala lehnte sich in den mit Damast bezogenen Sessel zurück. Sein dunkles Gesicht glänzte. »Syrien, der Iran und Pakistan sind dabei, die Produktion biologischer Waffen aufzubauen. An erster Stelle steht der Iran … seit den achtziger Jahren läuft die Forschung für B-Waffen auf vollen Touren. Man flüstert in eingeweihten Kreisen, daß bereits eine nicht bekannte Menge von B-Vernichtungskampfstoffen vorhanden ist. Und Syrien … In Damaskus arbeitet das ›Centre des Études et de Recherche Scientifique‹ – kurz CERS genannt – an der Erforschung von B-Waffen. Schwerpunkt der Forschungen sind Bakterien und Toxine. Besonders interessieren Kampfstoffe auf der Basis von Botulinus-Toxin und Bacillus anthracis .«
»Das haben Sie fabelhaft auswendig gelernt!« sagte Dr. Sendlinger spöttisch.
Ngolala schluckte den Spott, nur sein Gesichtsausdruck wurde verschlossener. Diese arroganten weißen Säue, dachte er. Noch immer sind wir Dreck für sie, nur weil wir eine schwarze Haut haben. Der Spott wird euch vergehen, wenn wir euch zeigen, was wir können und welche Macht bald in unseren Händen liegt.
»Botulin, das Toxin des Bakteriums Clostridium botulinum , ist die giftigste Substanz, die die Natur in seiner Jahrmilliardenevolution hervorgebracht hat. Ein Gramm reicht aus, um eine Million Menschen zu töten!«
»Das schafft auch der Plutoniumstaub mit hundert Gramm.«
»Nur kostet es keine siebzigtausend Dollar pro Gramm!« Ngolala griff wieder zur Wodkaflasche. Man sah ihm seinen Triumph an … er wußte mehr als der Weiße! Er hatte ihn in die Enge getrieben. Es gab keine Argumente mehr für den Vorteil einer Atombombe. Nur noch ein paar Jahre, und der Schrecken von Plutonium- und Wasserstoffbomben wird zu einem Kindermärchen. Der unsichtbare, geruchlose Staub von hochgiftigen Bakterien, etwa dem Milzbranderreger oder dem unbesiegbaren Botulin, sicherte die Macht auf der Welt. Wer über diese Waffe verfügte, war unangreifbar und konnte die Menschheit nach seinem Diktat leben lassen … oder ganze Erdteile vernichten.
»Sie wollen also kein Plutonium 239?« fragte Dr. Sendlinger. »Ich liefere Ihnen das waffenfähige Pulver mit einem Anreicherungsgrad von neunundneunzigeinhalb Prozent! Das bekommen Sie nirgendwo.«
»Und wo bekommen Sie es her?«
»Mr. Ngolala … sagen Sie mir, wo Ihre Mikroorganismen lagern?«
»Wir sind mit den Staaten, die an den B-Waffen forschen, befreundet …«
»Und von Freunden bekomme auch ich das Plutonium.« Sendlinger lächelte breit. »Ein guter Freund bereichert das Leben.«
Ngolala nickte und kippte seinen fünften Wodka. Du arroganter Hund, dachte er dabei. Du stinkende Hyäne! Wie schlau kommst du dir vor?! Es gibt auch andere Köpfe, die denken können … und stell dir vor, sie sind sogar schwarz! Es wird nicht lange dauern, und du wirst angekrochen
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