Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedlicher Staub

Toedlicher Staub

Titel: Toedlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
Vom Netzwerk:
war doch allzu deutlich etwas faul. Er dachte, er sollte Manns genug sein zu sagen, er würde sich persönlich darum kümmern, während Tore beim Senator einen auf große Politik machte. Doch er brachte nichts heraus, die Stimme saß ihm irgendwie in der Kehle fest. Er fürchtete, eine Antwort zu hören in der Art von: Er solle schön die Klappe halten und gehorchen, denn »ihr vom Justizvollzug könnt eh nur Zellen auf- und zusperren«. Tore konnte ihm mit seiner Scheißstimme derart auf die Nerven gehen, dass er am liebsten das Lenkrad zerquetscht hätte. Und Tores Gurgel.
    »Mario, was ist mit dir?«
    »Nichts, ich hab heut Nacht schlecht geschlafen.«

    Der Senator war in einer früheren Regierung ein hohes Tier gewesen, hatte sich jedoch gegenüber dem Großen Häuptling eine Verfehlung zuschulden kommen lassen und war auf die Reservebank verbannt worden. Aber er war ein alter Hase, der schon in der Nachkriegszeit eine Rolle gespielt hatte. Nachdem man ihn von den Listenplätzen ausgeschlossen hatte, war er in seine Heimat zurückgekehrt, nach Sardinien, wo er binnen kürzester Zeit seinen Platz an der Spitze zurückerobert hatte. Heute erwog er ernsthaft, ob er als Regionalpräsident kandidieren sollte. Wirklich keine leichte Entscheidung. Niemand hatte sich bislang dazu bereit erklärt, aus Angst, vorzeitig verbrannt zu werden. Er mehr als alle anderen. Er wollte definitiv wieder an die Macht, durfte sich allerdings keine Fehler mehr leisten. Tore arbeitete gern für ihn. Der Senator war ein gebildeter Mann, mit liebenswertem, zurückhaltendem Auftreten, und vor allem stand er zu seinem Wort. Natürlich nur für seine Freunde, doch das war heutzutage schon eine Menge.
    Tore kam pünktlich, die anderen waren bereits da. Freunde des Senators, die er samt und sonders mit dem rechten Maß an Ehrerbietung behandeln musste, denn er stand eine Stufe unter ihnen, und ihm war nur zu bewusst, dass er nie an sie heranreichen würde. Sie fanden sich alle um einen Tisch im extra dafür reservierten Besprechungsraum desselben Hotels ein, in dem Ceccarello abgestiegen war, weil auch sie konkrete wirtschaftliche Interessen an dem militärischen Sperrgebiet Salto di Quirra hatten, bekannt als Perdas de Fogu. Der Senator war der Garant der lokalen Interessen, die er bei der Regierung vertrat, beim Minister und bei dem Kombinat von Industriellen.
    Der Politiker hob den Blick zu Tore, reichte ihm lächelnd die Hand, lauschte aber weiter aufmerksam einem Fünfzigjährigen, der bei gewissen Auftragsvergabeverfahren die Finger im Spiel hatte: »Hab ich dir doch gesagt: Wenn der Mann, der dem Alten am nächsten steht, sich hier unten eine Villa baut, statt an der Costa Smeralda, dann lässt das Böses vermuten.«
    »Vielleicht hatte er keine Lust, ständig den Alten vor der Nase zu haben«, scherzte der Senator unaufgeregt.
    »Aber aus dem Geschäft sind wir raus«, entgegnete der andere. »Wenn die Fristen stimmen, die in der Zeitung stehen, sind die Würfel längst gefallen.«
    »Wohnungen und Infrastruktur für eintausendsechshundert Mann«, warf einer der beiden anwesenden Bauunternehmer verbittert ein.
    Der Senator strich sich mit der Hand durchs frisch schwarzgefärbte Haar. Graue Haare gingen in der Politik einfach nicht mehr. »Noch heute fahre ich nach Rom und mache an passender Stelle deutlich, dass das hier unser Gelände ist und nichts ohne unsere Beteiligung vom ›Kontinent‹ aus verfügt werden kann.«
    »Bist du sicher, dass die nicht längst Mittelsmänner vor Ort haben?«
    »Ich wäre geneigt, das auszuschließen«, antwortete der Senator. »Unsere Leute wissen, dass ich der Zuständige bin.« Er setzte die Brille auf und entnahm einer eleganten ledernen Aktenmappe einen Zeitungsausschnitt. »Dreißig Kilometer unberührte Küste in einem friedlichen Landstrich wie unserem werden regelmäßig bombardiert«, las er laut die Reaktion des Gouverneurs auf die Nachricht von der Stationierung der Bersaglieri vor. »Und nur ein Drittel der damit einhergehenden Aufträge werden auf der Insel vergeben. Das ist inakzeptabel. Erstens wünschen wir keine Verstärkung der Kräfte, zweitens wollen wir, dass die bereits vorhandenen Strukturen rückgebaut und Land sowie Meer saniert werden.«
    »Geschwätz«, brummte der Bauunternehmer, der bislang geschwiegen hatte. »Die können sowieso nichts unternehmen. Weder er noch die Pazifisten, nicht mal die Madonna di Bonaria.«
    Der Politiker lächelte. »Immerhin hat ein Minister

Weitere Kostenlose Bücher