Tödlicher Steilhang
abgesägten Weinstöcke gemessen?«
Wenzel und Klaus schauten jetzt gleichermaßen verwirrt.
»Es könnte für den zeitlichen Ablauf wichtig sein. Wie viele wurden abgesägt? Wie schnell ist eine Akku-Säge da durch? Dann wissen Sie, wie lange der Täter sich im Weinberg aufgehalten haben muss. Man müsste dann nur noch feststellen, wer zur fraglichen Zeit hier gearbeitet hat oder spazieren gegangen ist. Es gibt Touristen, die hier Ferien machen.«
»Sie halten sich wohl für besonders schlau. Aber ich habe Anweisung, mich nicht weiter mit Ihnen zu befassen.«
»Wenn Sie mit meinem früheren Arbeitgeber korrespondieren, sollten Sie sich ernsthaft überlegen, mit wem Sie zukünftig Umgang pflegen wollen.«
»Was soll das heißen?« Wenzel verstand nicht, was Georg meinte. Er schien ehrlich verunsichert.
»Dass Sie unter diesen Umständen nicht mit meiner Kooperation rechnen können.«
»Ich habe Ihnen bereits neulich das Nötige dazu gesagt.« Wenzel schien zwar beleidigt zu sein, aber er blieb aufmerksam.
»Sie werden mich nicht von der Erfüllung meines Auftrags abbringen«, sagte Georg, »mein Wort dem Toten und seinem Vater gegenüber gilt weiterhin. Wenn Sie nicht mit mir reden, spreche ich mit der Presse. Die lechzt nach Neuigkeiten. Es wundert mich, dass das Landeskriminalamt sich noch nicht eingeschaltet hat, bei der Brisanz, die der Fall annehmen könnte.«
»Die sind schon da, was glauben Sie, wer in den weißen Anzügen steckt?«
Bevor Georg weitere Fragen stellen konnte, erregte die Ankunft von zwei Fahrzeugen die Aufmerksamkeit des Polizeibeamten. Er seufzte. »Da kommt sie schon, die Presse. Darf ich Sie um etwas bitten?«
»Jederzeit, Herr Wenzel. Nur ob ich Ihre Bitte erfülle, hängt davon ab, ob Sie kooperationsbereit sind.«
»Sparen Sie sich das Wortgeplänkel«, meinte der Kommissar verbindlich. »Natürlich arbeiten wir zusammen. Ich möchte nicht, dass Sie mit denen da sprechen.« Er wies auf das Kamerateam, das die Ausrüstung aus dem Wagen holte. »Lässt sich das einrichten?«
»Wenn Sie mich meine Arbeit machen lassen.«
»Tun Sie, was Sie für richtig halten, aber ohne meinen Segen.«
»Den kriegen wir vom Bischof«, meinte Klaus, doch Wenzel ging darüber hinweg, er wollte sich keine neue Blöße geben und nachfragen, was das zu bedeuten hatte. Er ging auf das Fernsehteam zu.
In den Medien wurde wild über Helmut Menges’ Tod spekuliert. Eine Boulevardzeitung hatte sich erneut zu der These verstiegen, dass Brückengegner die Täter waren, um das »verhasste Projekt« wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Während die Befürworter des Flughafen Hahn sich beeilten, die Vorteile der Anbindung schönzureden und von sinkenden Passagierzahlen ablenkten, enthielt sich die Bürgerinitiative aller Mutmaßungen.
»Das mit Ihrem Sabbatjahr neulich war ein Spruch, Herr Hellberger, ich hab’s gleich kapiert«, bemerkte Klaus vertraulich. »Was ist das für ein Arbeitgeber? Wieso weiß der Bulle davon?«
»Die Polizei wäre nicht die Polizei, wenn sie nichts davon wüsste. Wenzel wird herumtelefoniert haben, er will selbstverständlich wissen, wer ich bin. Mehr erfährst du, wenn dashier vorbei ist.« Dabei wusste Georg nicht einmal selbst, was er damit meinte.
Er begann, mit seinem Mobiltelefon Fotos zu machen. Manchmal sah man auf ihnen später mehr als vor Ort, besonders Strukturen zeigten sich deutlicher, die man sonst leicht übersah.
Den Gesten des Kriminalkommissars nach zu urteilen, wies er den Fernsehreportern einen Standort zu, von dem aus sie ihre Bilder machen durften. Das war im Grunde lächerlich, denn mit der modernen Optik ließen sich auch aus größter Entfernung gute Aufnahmen machen. Wahrscheinlich hofften sie auf ein Interview oder eine Erklärung. Ein zweiter Mann in Zivil trat hinzu, anscheinend jemand mit Autorität für offizielle Erklärungen, der leitende Beamte vom LKA.
»Es ist Zeit zu gehen.« Georg wollte jeden Kontakt mit dieser Dienststelle vermeiden. Das würde seine Angelegenheit komplizieren. Zum LKA hatte er keine Verbindung, wohl aber COS. Sie hatten dort jemanden abgeworben.
Auf dem Rückweg zu ihren Fahrzeugen lud Georg seinen Begleiter zum Abendessen ein, »…und du erzählst mir ein wenig von dir«.
»Würde ich gern machen, aber meine Eltern warten.«
Schön, wenn jemand wartet, dachte Georg und beneidete den Jungen darum. »Dann ein andermal …«
»Ach, ich hab’s fast vergessen.« Klaus schloss den Koffer auf, der hinten auf dem
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