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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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damit?«
    »Zu Grenzzeiten. Damals waren die Gesetze anders als heute. Männer waren Männer und so.«
    »Erzählen Sie von der Rehabilitierung. Woher wissen Sie, dass Sie rehabilitiert sind?«
    »Das bin ich auf jeden Fall. Hab meine Lektion gelernt.«
    »Woher wissen Sie das so genau?«
    »Ich frag die Frauen jetzt. Ich leg nicht einfach los, damit habe ich im Gefängnis abgeschlossen. Ich frage.«
    »Demnach sind Sie sexuell aktiv?«
    Er lacht und wedelt mit der Zigarettenhand, als wolle er eine Horde Paparazzi verscheuchen. »Da verweigere ich die Aussage.«
    »Was ist mit dem Schneiden, Mr. Hopkins?«
    »Was soll damit sein?«
    »Haben Sie damit auch im Gefängnis abgeschlossen?«
    Jetzt schnaubt er nur kurz. »Im Gefängnis geht es immer nur ums Schneiden. Da lernt man, aus allem und jedem ein Messer zu machen. Hier zum Beispiel«, sagt er, springt auf und durchquert mit drei großen Schritten den Raum. Es ist warm hier und eng. Keine Klimaanlage. Spätestens im Juni wird es hier höllisch heiß sein. Er reißt eine Küchenschublade auf und bringt etwas mit zum Sofa, einen Nagel, das hintere Ende xmal mit glänzendem, schwarzem Isolierband umwickelt, die Spitze geschärft.
    »Probieren Sie’s«, sagt er und lässt das Teil in meine geöffnete Hand fallen. Ich schließe die Finger um den Isolierbandgriff. »Fasst sich gut an, was?«
    Ich nicke.
    »Fühlen Sie mal die Spitze.« Ich taste mit einem Fingerüber das Metall, ziehe ihn aber schnell zurück. »Sag ich doch! Scharf, oder?«
    »Und wie.«
    »Ich kann inzwischen aus allem ’ne Klinge machen, Mann. Geben Sie mir ’ne volle Windel, und ich mach ein Messer aus Scheiße.«
    »Das kann nicht jeder.« Ich gebe ihm die selbst gemachte Waffe zurück, und er steckt sie in die Hosentasche.
    »Na ja, manchmal sitz ich rum und langweile mich, und dann mache ich mir so was. Hab ’ne ganze Schublade voll davon. Lauter verschiedene. Ist eine Art Hobby.«
    »Und in welcher Beziehung steht dieses Hobby zu den Frauen, mit denen Sie sich jetzt treffen?«
    Seine Augen verengen sich. »Da gibt’s keine Beziehung. Ich mach das einfach, okay? Ich schneide niemanden.«
    »Warum haben Sie es früher getan? Was fanden Sie gut daran, die Frauen zu schneiden?«
    Er zuckt die Achseln. Sein Blick wandert unruhig im Raum hin und her.
    »Mr. Hopkins?«
    »Kann ich nicht sagen. Weiß ich nicht. Hat mir einfach gefallen, nehm ich an.«
    »Aber können Sie auch erklären, warum? Bitte. Für meine Leser.«
    »Ich weiß es nicht.« Wieder zuckt er die Achseln. »Warum tut jemand was? Nur als Beispiel – warum tun Sie das hier?« Er sieht mich herausfordernd an.
    Gute Frage. »Na ja, es ist mein ...«
    »Hey!«, unterbricht er mich.
    »Ja?«
    »Gefällt mir, dass Sie mich Mr. Hopkins nennen. Macht sonst keiner.«
    »Danke.«
    »Wie alt sind Sie?« Seine Hände flattern.
    »Wie bitte?«
    »Wie alt Sie sind.«
    Ich starre ihn ungläubig an, probiere ein Grinsen. »Alt genug, um nicht so blöd zu sein.«
    Er grinst zurück. Puh. Stimmung gerettet. Das hätte auch anders ausgehen können.
    »Wissen Sie was?«, sagt er mit einer Miene, als wolle er mir ein Geheimnis anvertrauen; als hätte ich mich als dessen würdig erwiesen.
    »Was?«
    »Die alten Mexikaner haben ihre Schwänze bluten lassen.«
    »Wie bitte?«
    »Die Könige unten in Mexiko. Mayas und so. Wegen ihrer Religion. Die haben sich zugedröhnt und dann ihre Schwänze angeritzt. Sind rumgetanzt und haben überall Blut hintropfen lassen. Auch die Frauen. Haben sich die Muschi aufgeschnitten. Nur die Könige und Königinnen, die hohen Tiere. Meistens waren auch Priester dabei und so. Die sind rumgetanzt und haben alles mit Blut bespritzt. Damit es Regen gibt, Fruchtbarkeit und das ganze Zeug.«
    »Oh«, bringe ich heraus – diesen nützlichen Allzwecklaut. »Das ist interessant.«
    Er lehnt sich zurück und sieht mich, eine Augenbraue hochgezogen, erwartungsvoll an. Aus seinen Nasenlöchern quillt Rauch.
    Ich korrigiere mich mit einem Lächeln. »Das ist sehr interessant, Mr. Hopkins.«
    »Auf jeden Fall! Hätte ich damals gelebt, wär ich in keinen Knast gewandert. Ich wär ein verdammter König, Mann!« Er lacht und lehnt sich zurück, stützt den Hinterkopf in eine Hand und zieht gierig an seiner Zigarette. »Die Leute würden mich anbeten und alles.«
    »Woher wissen Sie das mit den Maya-Ritualen?«
    »Im Knast gibt’s Bücher, Mann. Dort kannst du mit deiner freien Zeit nichts anderes anfangen als klauen oder lesen.«
    Ich

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