Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
die gefangener Tiere. Augen, die seelenlos in ihren eigenen Alptraum hineinstarrten. Höhnische, spöttische, in kreischendem Lachen verzerrte Gesichter.
Und doch stumm.
Kein Flüstern, kein Lallen. Kein wildes Brüllen, keine Schreie, die bis ins Mark drangen. Keine gestammelten Verwünschungen. Jeder war allein in seiner Hölle, stumm; das Einzige, was Susan hörte, waren die wirren gurgelnden Laute, die wütende Lippen und Zungen erzeugten.
Eine Stille, die garantiert ewig währte, von der nur die unerreichbaren Aufzeichnungen zeugten, die irgendwoeingeschlossen in Katherines Zimmer lagen. Zeugnisse des Wahnsinns. Eine unregelmäßige Narbe an der Kehle eines jeden dieser Köpfe deutete darauf hin, dass der Kehlkopf entfernt worden war.
Susan stand regungslos da. Wie viele? Zwanzig? Mindestens. Versuchskaninchen, die am Leben erhalten wurden, bis der Tod eintrat und niemand beschuldigt werden konnte, ihn herbeigeführt zu haben. Passive Wesen, an denen zweifellos jedes neue Medikament ausprobiert wurde.
Eine junge Frau sah Susan flehentlich an. War es Peggy? Ja. Susan berührte sanft ihren Kopf.
„Gib nicht auf! Wir werden dich schneller hier herausholen, als du denkst.“
Ein Hoffnungsschimmer flackerte auf. Dann verschleierten sich die Augen und wandten sich ab. Noch eine Lüge!
Aber Susan sah es nicht. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes gerichtet.
An einer Wand hinter den aufgereihten Köpfen standen auf Metallregalen ein Dutzend Glasbehälter. Und in jedem Behälter schwebte in Formaldehyd einer der „Entsorgten“ und wartete auf die Autopsie.
Starre, halboffene Augen, einst braun oder blau oder grün oder grau, waren nun trüb und gelblich. Zersetzte Haut und runzlige Lippen waren, längst vergessen, im Tode erschlafft. Farblose Haare trieben in der von Gewebsfetzen getrübten Flüssigkeit. Weiße Fäden konservierten Fleisches hingen fasrig von abgetrennten Hälsen.
Zwei dieser Köpfe hatten keine Augen. Drei der Köpfe hatten Kindern gehört.
Susan war es, als klemmte ihr ein schrecklicher, eiserner Schraubstock die Brust zusammen. Ihr Atem stockte.Der Raum verdunkelte sich, entfernte sich, die Reihen der Köpfe schienen plötzlich weit, weit weg zu sein. Sie wusste, dass sie gleich ohnmächtig werden würde, aber sie fand noch die Kraft sich zu bewegen.
Sie drehte sich um, um zu fliehen, sich für immer vor allem zu verstecken, es auszulöschen, zu vergessen.
Und hielt inne.
Jemand stand in der Tür, aber kein Pfleger. Diesmal war es nicht Al Luczynski, der Katherine nachahmte. Diesmal war es Katherine selbst.
Ihr Gesicht, ihre Augen waren wie Eis.
29
Die Zeit stand still. Das Gurgeln verstummte, als ließen sich sogar die Wahnsinnigen einschüchtern.
Katherine lächelte kalt und sagte: „Ich weiß nicht, wie du hierhergekommen bist und was du vorhast – wahrscheinlich steckt Luczynski dahinter, und wenn ja, dann gnade ihm Gott. In jedem Fall muss ich das mit Admiral Burnleigh besprechen und hören, was er nun mit dir machen will. Einstweilen möchte ich dich an die Schweigepflicht erinnern, das hast du unterschrieben, als du hier angefangen hast. Die Regierung weiß, wie sie mit Leuten verfahren muss, die die Schweigepflicht ignorieren.“
Katherine verschwand so leise, wie sie gekommen war, und ließ Susan bei den lebenden Toten, und wieder setzten die gurgelnden Laute ein. Als Susan endlich wieder in den Korridor vor dem Entsorgungsraum trat, war Katherine nirgends zu sehen.
Susan fand den Ausgang aus der Abteilung 1. Die Schwester war noch immer mit der Überwachung beschäftigt und blickte nicht auf. Susan ging hinunter in ihr Zimmer und ordnete mechanisch ihren Schreibtisch. Nichts wie weg, rasch! Sie sah niemanden außer dem Wächter, der die Pokerrunde in der Cafeteria verlassen hatte und wieder auf seinem Posten in der äußeren Hauptvorhalle stand. Er war freundlich wie immer, aber Susan wusste, dass Katherine angeordnet haben musste, dass er hierher zurückkehrte.
Als sie nach Hause kam, klingelte das Telefon. Es konnte nur Michael sein. Sie wartete, bis das Klingeln verstummte, und nahm dann den Hörer ab. Sie hielt es nicht aus, an ihn zu denken, oder an den nächsten Tag; daran, was man mit ihr machen würde, und ob sie Johnje wiedersehen würde. Sie nahm eine Schlaftablette und sank in einen unruhigen Schlaf.
Gegen Morgen hatte sie einen schrecklichen Traum. Sie sah den alten Hund ihrer Eltern, aber er war nur ein blutüberströmter Kopf, der in
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