Tödliches Lachen
Verhältnis zu Viola Richter hatte, nein, nicht nur gespalten, sie hasste sie für das, was sie mit Hellmer machte. »Professor, ich danke Ihnen … «
»Was macht Ihr Kopf?«
»Geht. War wohl nur der Hunger. Tschüs.« Durant nahm sich die Ausdrucke vor, die sie von Schreck bekommen hatte. Sie legte sie nebeneinander, links Svenja Martens, in der Mitte Carolina und Alexandra Fischer und rechts Barbara Hentschel. Noch ein Glas Cola, um die erneut aufkeimende Müdigkeit zu vertreiben. Sie verglich die Namen der Personen, die in den verschiedenen Adressbüchern und Terminkalendern aufgeführt waren, und war erstaunt, welche Männer bei der Martens regelmäßig ein und aus gegangen waren. Etliche davon kannte sie aus den Medien, Politiker, Unternehmer, Künstler. Aber es waren auch einige darunter, deren Namen ihr nichts sagten. Nur einen von ihnen kannte sie persönlich, hatte mit ihm gesprochen. Gerd Rösner. Hatte er nicht behauptet, die Martens nicht zu kennen? Er hatte angeblich sogar Mühe, sich an ihren Vornamen zu erinnern. Bei Carolina Fischer und ihrer Schwester Alexandra gab es nicht viel zu lesen, sie waren keine Huren im klassischen Sinn, sie hatten Freunde und Freundinnen, aber keine Freier. Doch natürlich war auch hier Rösner vermerkt. Aber bei Barbara Hentschel stutzte sie und kam ins Grübeln. Ihr Adressbuch bestand aus neunundvierzig Namen, die allesamt auch im Terminkalender auftauchten. Männernamen. Und auch hier war Rösner vermerkt, mit dem sie sich zwischen November letzten und Mai dieses Jahres mehrere Male getroffen hatte; insgesamt zwölfmal bei ihr und viermal in einer Wohnung in der Frankfurter Innenstadt. War die Hentschel eine der beiden Frauen, mit denen Rösner nach eigenen Angaben zwar sexuell verkehrt hatte, die ihm aber nichts bedeuteten? Sie würde ihn fragen. Vor allem interessierte sie, was zwischen ihm und der Martens gelaufen war. Hatte er doch gelogen? Aber er als gewiefter Anwalt müsste doch wissen, dass wir es rauskriegen würden, dachte Durant und zündete sich eine Zigarette an, die vierte, seit sie allein war.
Nach anderthalb Stunden sah sie in ihren Postkasten, keine neue Mail. Sie stand auf, streckte sich und dachte nach. Sie wollte Rösner schon anrufen, als sie es sich anders überlegte und in Bergers Büro ging, um nach der Akte über den Mordfall zu suchen, der sich in Düsseldorf vor siebzehn Jahren ereignet hatte. Die Kollegen aus Düsseldorf hatten die Daten am Vormittag per E-Mail durchgeschickt. Sie lagen ausgedruckt auf Bergers Tisch. Durant nahm sie mit und begann sie aufmerksam zu studieren. Mit einem Mal kniff sie die Augen zusammen, ging in Windeseile die Adressbücher und Terminplaner durch. Alles in ihr vibrierte, sie war nervös, trank von ihrer Cola und rauchte noch eine Zigarette.
»Das ist es«, sagte sie zu sich selbst, »das ist es!« Es war nur ein Name, den sie in den siebzehn Jahre alten Protokollen gelesen hatte, der ihr aber bekannt vorkam. Und sie hatte recht behalten.
Robert Wimmer war zusammen mit seinem Sohn Michael am 14, April 1988 von der Polizei zu dem Mord an Louise Mayer befragt worden, doch sie wurden sehr schnell aus dem Kreis der potenziellen Täter ausgeschlossen, da beide hieb- und stichfeste Alibis vorweisen konnten. Michael war zu dem Zeitpunkt fünfzehn Jahre alt, sein Vater achtunddreißig, die Mutter hatte laut Protokoll bereits zehn Jahre zuvor die Familie verlassen. Michael pflegte eine enge Freundschaft mit Louise, obwohl diese zwei Jahre älter war.
War das die Spur, die zum Täter führte? Diese alte Akte? Plötzlich machte alles Sinn, die fast identische DNA, der ungeklärte Mord … Sie las weiter, doch auf keiner der folgenden Seiten tauchte der Name Wimmer noch einmal auf.
Aber ein Robert Wimmer war in den Aufzeichnungen von Svenja Martens und Barbara Hentschel vorhanden, als Robert W., als Bobby, als Wimmer, als R. W. Doch nirgends war eine Telefonnummer oder gar eine Adresse von ihm. Er hatte Svenja Martens zuletzt am 14. November, also am vergangenen Montag, zwei Tage vor ihrem Tod, gesehen.
Durant blätterte mit flinken Fingern die Notizen von Svenja Martens durch, fand aber keinen Eintrag zu dem betreffenden Datum. Sie nahm sich das Kassenbuch vor, in dem vermerkt war: »14. 11. Robert Wimmer - 600 Euro«, Außerdem hatte sie an jenem Tag noch einen weiteren Kunden gehabt, der vierhundert Euro bezahlt hatte. Ihre Müdigkeit war schlagartig verflogen, und auch die Kopfschmerzen hatten sich endgültig
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