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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht. Dann aber war er überzeugt davon …
    Tim sah auf die Uhr.
    Mehr als eine halbe Stunde war verstrichen.
    Er hatte sich vor Jahren das Rauchen abgewöhnt und nie Entzugsprobleme gehabt. Doch nun? Er griff nach der Zigarettenpackung, die ihm Melissa zuvor in die Tasche geschoben hatte. Ein Glück, daß er die Streichhölzer für die Kerzen gekauft hatte. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen, erbitterten Zug. Acht Uhr zwanzig …
    Zum dutzendsten Mal rückte er die Deckstühle zurecht. Den mit dem Rosenmuster etwas mehr nach hinten, das machte sich dekorativer, den anderen konnten sie als Tisch benutzen. Morgen … Heute taugte er gerade für die Flasche und die beiden Gläser, die Melissa aus dem Badezimmer mitbringen wollte.
    Herrgott nochmal, wo steckte sie?
    An der Hotelauffahrt ging das Licht an. Große, runde Leuchten brannten im Spalier. Die Luft hatte sich etwas abgekühlt, doch gerade das war angenehm.
    Wieder verließ Tim den Pavillon, stieg drei Stufen hinab auf den sandigen Weg, ging die zehn Meter zu der kleinen Plattform und betrachtete von dort die funkelnden Lichterreihen, die drüben aus dem bläulichen Abenddunst der Bucht auftauchten. Als er diesmal den Hemdsärmel über der Armbanduhr zurückstreifte, empfand er es beinahe als Erleichterung, daß es so dunkel geworden war, daß er die Zeit nicht ablesen konnte.
    Sie macht sich schön. Und für wen? Für dich natürlich, du Idiot! Na gut, Frauen brauchen ihre Zeit. Er versuchte sich vorzustellen, womit sich Melissa gerade beschäftigte: Haarefönen …? Womöglich war sie auf die Idee gekommen, die Haare zu waschen? Und bis die trockneten, das dauerte …
    Doch nicht so lange. Wieso denn so lange? Eine Dreiviertelstunde war nun vergangen, seit sie sich auf dem Parkplatz getrennt hatten.
    Warum nur? Warum läßt sie dich hier stehen? Der Zeiger seiner Armbanduhr rückte von 21.45 auf 21.46 Uhr. In dieser Minute fühlte Tim Tannert zum erstenmal tiefes Unbehagen. Oder war es schon so etwas wie eine Ahnung? Nein – eher eine sonderbare Kühle, die durch seine Adern floß.
    Vielleicht war Melissa etwas dazwischengekommen? Was konnte das sein? Vielleicht ging es ihr nicht gut? Ein Migräneanfall, eine dieser vegetativen Störungen, denen sie manchmal ausgeliefert war?
    Zurück ins Hotel! Doch was konnte schon geschehen sein? Er ließ die Champagnerflasche stehen, wo sie stand: auf der breiten Holzlehne des Deckstuhls. Dann lief er los, nach einigen Metern warf er noch einen Blick zurück auf Helenes Pavillon. Er war nur noch ein dunkler, fast drohender Schatten.
    Die Leuchten im Park wiesen ihm den Weg. Tim ging langsam. Blätter streiften sein Gesicht, und die Steinplatten des Weges sogen sich mit Dunkelheit voll …
    »Haben Sie vielleicht meine Frau gesehen?«
    »Bedaure, Señor.«
    Der Lange hatte Dienst, die ›Andalusische Fahnenstange‹, wie Melissa ihn getauft hatte. Das Gesicht, ein gelassenes olivbraunes Oval. Darin standen dunkle teilnahmslose Augen.
    »Vermissen Sie sie, Señor?«
    Wortlos drehte sich Tim um und ließ den Blick durch die Halle wandern. In einer riesigen chinesischen Vase flammten Gladiolen. Die Halle war fast leer. Ein paar Gäste waren in ihren Sesseln versunken, die Zeitung in der Hand. Die meisten Damen kleideten sich wohl gerade für das Abendessen um.
    Und du?
    Als er über den stillen Korridor zur Suite ging, war es ihm, als sei er der einzige Mensch auf dieser Welt. Das Atmen machte Mühe, als schnüre sich eine Schlinge stark, würgend und lautlos um seinen Hals.
    Irgend etwas war geschehen. Irgendwas …
    Er begann zu laufen, drückte die Klinke: verschlossen.
    »Lissa!« Er klopfte mit dem Handballen gegen das Holz. »Hör doch, Lissa, ich bin's.«
    Keine Antwort. Vom Ende des Korridors kam das leise Summen des Aufzugs.
    »Lissa …«
    Tim schlug die Fäuste gegen die Tür, dabei drehte er den Kopf und sah vor der Lifttüre zwei Gäste. Sie starrten ihn an. Die Frau trug einen hellen Reitdress und überragte ihren Begleiter um einen halben Kopf. Trotz der Entfernung war das pikierte Staunen auf ihrem Gesicht so klar gezeichnet wie auf einer Karikatur. So benahm man sich doch nicht … Also wirklich nicht … Und schon gar nicht im Hotel Formentor!
    Seine Arme sanken herab. Sie hat den Schlüssel mitgenommen? Wahrscheinlich hängt er unten am Empfang.
    Also wieder zurück in die Halle.
    Diesmal herrschte am Tresen Betrieb. Eine ganze Gruppe von Leuten drängte sich. Sie sprachen Englisch

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