Tödliches Paradies
achtziger Jahre mit zunächst verdeckten polizeilichen Ermittlungen begonnen wurde, konnte festgestellt werden, daß das Interesse Fischers von seiten seiner jungen Mitarbeiterin unerwidert blieb. Im übrigen konnten Zusammenhänge zwischen der beruflichen Aktivität Melissa Klingers und dem Untersuchungsgegenstand nicht aufgedeckt werden …«
Nicht aufgedeckt … Untersuchungsgegenstand … Verdeckte Ermittlungen …
Dies alles klang so fantastisch, daß Tim der Atem wegblieb. Und Fred Fischer? Ja, Melissa hatte den Namen erwähnt. Er war nicht irgendwo aus den Nebeln der Vergangenheit aufgestiegen, doch er kannte diesen Fischer nur so, wie sie ihn beschrieben hatte: Nicht einmal einen Vornamen hatte sie für ihn gehabt. Und daß Fischer sie direkt von der Universität weggeholt hatte, auch davon war nie ein Wort gesprochen worden. Fischer – das blieb der Mann, der den Wagen fuhr, als der Unfall passierte. Auch der Mann, mit dem sie zuvor so schrecklich gestritten hatte. Warum? »Frag mich doch nicht, bitte, Tim!« Hätte er bloß … »Es war einfach so, daß ich mich anschließend für die ganze Katastrophe mitverantwortlich fühlte. Er war nervös, Tim, außer sich … Wirklich. Und dann passierte es …«
Es? Querschnittslähmung. Fraktur dreier Lendenwirbel. Auch das wußte er. Nie aber hatte sie von irgendwelchen ›Ermittlungen‹, über irgendwelche ›Vorkommnisse‹ ein Wort verlauten lassen.
»Was für Ermittlungen waren das?« fragte er und schluckte angewidert den Rest seines Biers.
»Nun, da haben wir das Papier ›Fischer‹. Bei Melissa steht sowieso nichts mehr drin, was wir nicht wüßten. Ein bißchen allerdings gibt sie ihre Geheimnisse nun doch preis.«
Er fand diese Bemerkung überflüssig, wenn nicht geschmacklos. »Was für Ermittlungen?«
Sie tupfte den Mund sorgsam mit einem Papiertaschentuch ab und beugte dann wieder den Hut über das Papier: »Du hast recht, machen wir's kurz. Reden wir von Fischer. Daraus ergibt sich der Rest. Anscheinend ist Fischer schon während des Studiums aufgefallen, weil er damit anfing, in irgendeiner Waschküche Psycho-Energizer … was ist denn das?«
»Vieles. Der Kaffee, den du trinkst. Das Nikotin in deinen Zigarillos. Wahrscheinlich sind hier synthetische Verbindungen auf Phenylalcylamin-Basis gemeint. Amphetamine, Benzedrine und so Zeug, Aufputschmittel halt … Sie werden auch in der Medizin verwendet.«
»Ich wußte doch, du bist ein kluger Kopf!« Das rote Oval ihres Fingernagels wanderte über enggeschriebene Schreibmaschinenzeilen: »Jedenfalls fiel er schon damals wegen des großkotzigen Lebensstils auf, den er sich zulegte. Aber Anklage wurde nicht erhoben. Seine Behauptung, er habe sich die Pillen für den persönlichen Bedarf, nämlich zur Bekämpfung und Überwindung seiner Examensangst angefertigt, konnte nicht widerlegt werden. An diese Methode, mit Examensängsten fertig zu werden, erinnerte man sich aber dann später. Jahre später. Nämlich als Fischer in Handschuhsheim bei Heidelberg einen supermodernen kleinen Pharmazie-Betrieb aufzog. Aufträge hatte er. In irgendwelchen neuen Forschungsbereichen arbeitete er mit der Großindustrie zusammen. Doch das war wohl Tarnung, denn neben dieser offiziellen Produktionslinie hatte er es wieder mal mit seinem Lieblingsthema: den Aufputschmitteln, diesem Psycho-Energizer-Mist. Die machen doch süchtig, nicht?«
»Meist.«
»Na, jedenfalls, man kam ihm wieder dahinter. Es gab eine Anzeige von einem seiner Mitarbeiter. Aber sie konnten ihn nicht festnageln. Die Unterlagen waren verschwunden. Es fehlten gerichtsverwertbare Beweise.«
Tim hatte ein krankes Gefühl im Magen: Gerichtsverwertbare Beweise? Und ein pensionierter Kriminalist, der ihr Unterlagen aus dem Bundeskriminalamt per Fax nach Oberbayern schickt … Dazu ihre Ausdrucksweise: »Du redest daher wie ein Detektiv. Ist das denn dein Hobby?«
»Hobby? – Das war Schmalkinn, Tim. Der hieß tatsächlich so: Hubert Schmalkinn. Er spielte für uns vor zwanzig Jahren den Prokuristen. Und ist mit zweieinhalb Millionen aus der Firmenkasse abgehauen. Um die ganze Welt bin ich ihm nachgereist, aber ich habe ihn erwischt! Doch bleiben wir bei Fischer …« Sie stieß jetzt Rauchwolken aus wie die Lokomotive in einem Westernfilm. »Fischer mit seinen Energizern, mit Drogen, die die Leute fertigmachen. Aber natürlich Drogen von der feinen Sorte, denn er ist ja auch ein feiner Mensch. Designer-Drogen wird so etwas genannt.«
»Das weißt
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