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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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du auch?«
    Sie blinzelte zweimal und sagte: »Sicher ist jedenfalls, er hat an diesen Designer-Drogen auch in der Zeit gearbeitet, als Melissa in den Betrieb einstieg.«
    Tim fuhr hoch.
    Sie legte ihm die Hand auf den Arm: »Natürlich hat sie nichts davon gewußt. Sie arbeitete in einem ganz anderen Bereich. Aber dann – Moment mal … Ja, hier haben wir es: Dann, am 16. November, passierte der Unfall, bei dem er gelähmt wurde. Er lag ein Jahr in der Klinik, wurde ein halbes dutzendmal operiert – mit seiner Karriere, dem Werk und den Drogen war's vorbei. Dachte man … Gut, das Werk hat er verkauft. Dann verschwand er auch, nur komisch blieb: Dieses Teufelszeug, mit dem er sich in den einschlägigen Kreisen einen großen Namen gemacht hatte, das blieb auf dem Markt, und nicht nur in der Bundesrepublik, in ganz Europa und in den USA, und zwar in solchen Mengen, daß sich die amerikanische Drogenfahndung einschaltete. Und die hatten Erfolg. Die haben ihn gefunden. – Was ist denn?«
    Was war? Er hatte sein Bierglas umgestoßen. Es rollte über den Tisch und fiel zu Boden. Er hob es auf und stellte es wieder vor sich hin. Unterhalb der Terrasse, auf der sie saßen, steuerte ein Bauer seinen Traktor über die rote Erde des Mandelhains. Weiter links, lebkuchenbraun und friedlich, lag ein Haus. Die Ebene versank im Hitzedunst. Und Tim konnte nicht denken. Er versuchte es: ein querschnittsgelähmter Drogenfabrikant und Melissa? Und nun diese alte Frau, die ihm eine Vergangenheit aufdeckte, nach der er nie gefragt hatte … Fantastisch! Fantastisch und gespenstisch zugleich …
    »Nun darfst du raten, wo Fischer steckt.«
    Er wollte nicht raten. Er war viel zu benommen dazu.
    »Auf Mallorca.«
    Helene Brandeis warf ihren glatten, schwarzen Glimmstengel in den Aschenbecher. Ihre Augen schienen ihm größer und blauer denn je. Etwas glitzerte darin, das er nicht kannte. Jagdinstinkt, Vitalität? Was wußte er schon?
    »Und er wohnt hier unter einem anderen Namen. Er nennt sich Alfred Fraser. Und weißt du wo? Gar nicht weit vom Formentor. An der Ostseite der Bucht, in der Nähe der Cala Radjada. Von dort kommt man in einer halben Stunde oder vierzig Minuten nach Formentor. Und jetzt, Tim …« Helene Brandeis lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über ihrer Brust: »Jetzt versuch dich mal anzustrengen. Denk nach. Kombinier mal, los schon! Was meinst du, was könnte geschehen sein? Wie haben sie sich getroffen?«
    15 Uhr 10
    »Woher hast du das eigentlich gewußt?« Melissa sagte es schnell und laut.
    »Was denn?«
    »Daß Tim und ich im Formentor sind? Wir waren ja gerade erst angekommen.«
    »Gewußt?« Nun lachte Fischer, zeigte zwei Reihen verblüffend gesunder weißer Zähne: »Nichts habe ich gewußt. Das ist es ja.«
    »Wieso …«, sagte sie tonlos.
    »Wieso? Warum …? Der alte Wahn, die Dinge immer erklären zu wollen. Ein Wahn namens Logik – oder Vernunft? Ein Wahn halt. Deshalb funktioniert es manchmal nicht.«
    Und wieder sein Lachen.
    Sie sah ihn an. Ja, sie wollte etwas sagen. Ihr fiel nichts ein. Sie starrte nur.
    »Ich will dir etwas verraten, Melissa: Du weißt, so schnell lasse ich mich nicht beeindrucken. Ich hab's nun leider auch mit der Vernunft. Als ich dich sah, dort im Park vom Formentor, glaubte ich zuerst zu träumen. Und es war ein Traum, den ich kannte. Mein Lieblingstraum. Ich habe ihn so oft geträumt. Noch Kaffee?«
    Sie schüttelte nur den Kopf. Sie griff wieder nach einer Zigarette, aber sie hielt sie nur in der Hand, drehte sie zwischen den Fingern, um seinem Blick nicht zu begegnen. Sie zündete sie nicht an. Sie fürchtete, daß ihre Hand dabei zittern könnte. »Ich fragte mich das gleiche«, hörte sie ihn jetzt sagen.
    »Was?«
    »Ja nun: Woher hat sie erfahren, daß ich auf Mallorca wohne? Wer hat es ihr gesagt? Wieso denn ausgerechnet das Formentor-Hotel? Sie muß also wissen, daß ich ganz in der Nähe bin. Schließlich, ich wohn' hier ja nicht unter meinem Namen. Aus den verschiedensten Gründen ist das nicht drin. Aber wie, Herrgott, hab' ich mir gesagt, wie um Himmels willen hat sie das bloß rausgekriegt?«
    Sie schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Und da hast du mich durch deine Leute kidnappen lassen.«
    Er schien gar nicht zuzuhören. Bedrohlicher aber als dieses Schweigen waren seine Augen: Ihre Farbe, ein bernsteinhelles Gelb, wurde von den stark geschliffenen Gläsern der Brille ins Riesenhafte vergrößert. Darin funkelte der schwarze Kreis der Pupillen.

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