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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Knien von Wellen sprühenden, rotblonden Haaren umhüllt war. Die zarten Füße standen auf einer Kugel, die wohl den Erdball darstellen sollte. Das Gesicht, die grünen Augen, der lächelnde, fragende Mund – das Bild – war sie! Oder vielmehr: Das Bild versuchte sie wohl so zu zeigen, wie er sie sah …
    »Sag was, mein Herz. Ich warte.«
    »Wer hat das gemalt?«
    »Spielt das eine Rolle? Ich gab es in Auftrag nach einer Fotografie. Wie findest du es?«
    »Schrecklich«, sagte sie. »Kitschig.«
    Er lächelte weiter zu dem Bild hoch, an ihr vorbei. »Melissa«, sagte er dann, »sei dir über eines klar: Meine Gefühle sind nicht zu treffen. Und schon gar nicht von dir … Und weißt du den Grund? Weil du deine eigenen Gefühle nicht kennst.« Beschwörend schienen sich die dunklen Pupillen in die ihren zu bohren: »Noch nicht, Melissa …«
    15 Uhr 25
    Die Sonne machte müde.
    Tim fuhr einfach nach den Angaben der alten Dame, die auch nicht groß zu Gesprächen aufgelegt schien. Er fuhr, ohne die Schilder zu beachten. Er brauchte es gar nicht. »Dort vorne kommt eine Abzweigung. Und paß auf den Omnibus auf. Nicht überholen! Sonst fahren wir vorbei.«
    Es war die letzte von vielen Abzweigungen, die sie ihm angab. Sie schien die Insel tatsächlich zu kennen wie ihre Handtasche. Erschöpft war auch sie, richtig blaß um die Nasenspitze, doch woher nahm sie nur immer noch die Energie, mit der sie ihn antrieb und das Kommando führte. Reine Willenssache, dachte Tim. Und was ihr Orientierungsvermögen angeht – in den Zeiten, als sie noch die Insel heimsuchte, hat sie es wohl nicht lange in Formentor ausgehalten? Er konnte es ihr nachfühlen. Die Abzweigung.
    Ein Höhenrücken, Pinien, Feigenbäume, die ihre grünen Kronen über die Erde spannten. Und dann, an der Flanke einer Felsküste ein Ort, mit Kirche, Kastell und zinnenbewehrten Mauern.
    »Capdepera«, sagte Helene Brandeis. Diesmal hatte sie eine Karte auf den Knien. »Halt mal an! Willst du ein Pfefferminzbonbon?«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    Ihr Zeigefinger wanderte über irgendwelche Striche: »Dort drüben geht's nach Cala Ratjada. Ja, siehst du den Einschnitt, das Tal? Und dort oben, bei den Oliventerrassen, die Gebäude? Einen Pool hat er auch. Und Orangen. Und Mandeln. Und einen richtigen Weinberg. Der ganze Hang gehört dazu. Schon doll!«
    ER!
    Tims Blick folgte ihrer ausgestreckten Hand. Wenn das so war, wenn dieses Gut dort oben Fischer gehörte, dann mußte dieser Kerl mit seinen dreckigen Geschäften nicht nur Unmengen von Geld verdienen, dann hatte er – Tim mußte es widerstrebend zugeben – auch Geschmack.
    Dies war keine Villa, kein Hof, sondern ein Herrensitz! Na, und jetzt würde man ja sehen, was das für ein Herr war …
    Er schaltete in den zweiten Gang, zwang den kleinen Seat mit aufheulendem Motor an einem großen, braunroten Findlingstein vorbei, auf dem S ON V ENT stand, dann ging es wieder hangaufwärts. Nach einigen Kurven erwartete sie das Endstück der Straße: Ein Spalier junger Zypressen, das in einen runden Platz mündete. Vor ihnen aber, nach Westen wie nach Osten, zog sich die Grundstücksmauer. Zwei bis drei Meter hoch, aus soliden Sandsteinquadern gebaut und in der Mitte geteilt von einem halbrunden Eingangsbogen, den zwei kantige Säulen trugen. Die beiden Flügel der Tür waren aus schwarzlackiertem Metall. Sie waren verschlossen.
    »Und jetzt?«
    »Park mal dort drüben unter dem Baum. Mir ist schon heiß genug. Und kurbel das Fenster herab. Ja, und jetzt? Sieht aus wie ein Gefängnis, was?«
    Tim nickte nur. Womöglich war es das auch. Melissas Gefängnis oder … Er brach ab, konnte den Gedanken nicht zu Ende führen.
    »Ich würde ja aussteigen«, meldete sich die alte Dame wieder, »wenn's ginge, oder wenn du mir hilfst. Mein Gelenk ist schon die ganze Zeit am meutern.«
    »Darauf habe ich gewartet«, sagte er.
    Sie warf ihm einen herausfordernden, fast wilden Blick aus ihren blauen Augen zu: »Na und?«
    »Nichts na und! Du bleibst jetzt sitzen, und ich steig' mal aus.«
    »Und was ändert das?«
    »Ich werde nicht nur aussteigen, ich nehme an, die haben 'ne Klingel. Und da läute ich mal.«
    »Und dann?«
    Die Betonung naiver Unschuld in ihrer Frage konnte ihn nicht aus dem Konzept bringen. Im Gegenteil. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    »Dann werde ich mich ganz höflich, wie sich das gehört, bei Herrn Fischer anmelden.«
    »Fraser heißt der hier. Nicht Fischer.«
    »Na schön, dann heißt er eben

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