Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
in mein Büro.«
Für Kunz und Sarah war die Besprechung beendet. In der Tür drehte sich Sarah noch einmal um. » Albo«, sagte sie.
» Wie?« David Gruber und Martin Stein hatten sie offensichtlich schon wieder vergessen.
» Na, der Name, den Hilde Jahn im Brief erwähnt hat.«
» Was ist damit?«, fragte Stein. » Wir werden ihn sicher finden, auch wenn es ein Deckname ist. Wir finden ihn, glauben Sie mir.«
» Albo bedeutet Liste, Register, Album. Es ist italienisch.« Dann ging sie.
» Warum können sich die beiden nicht leiden?«, fragte Sarah Kunz auf dem Flur der Redaktion.
Kunz zuckte die Achseln. » Es ist nicht so, dass sie sich gar nicht leiden können. Ach, vergiss es. Ist eine lange Geschichte. Du sprichst Italienisch?«
» Ganz schlecht. Mein Bruder kann’s besser. Unsere Mutter hat uns nur wenig beigebracht, und später war ich zu faul, die Sprache zu lernen. Vielleicht hole ich es mal nach.« Sie seufzte, so als erinnerte sie sich an einen versäumten Lebenstraum. » Der Brief war an beide gerichtet. Ich hab Zeit. Also raus damit! Hat Hilde Jahn etwas damit zu tun?«
Kunz schluckte, überlegte einige Sekunden, gab sich einen Ruck und sagte:
» Du wirst es eh bald erfahren. Dieses Haus ist eine einzige Gerüchteküche. Hilde hatte mit beiden ein Verhältnis. Du weißt schon … zur selben Zeit, und keiner wusste vom anderen.«
» Wirklich?« Sarah war ehrlich überrascht. » Was ist passiert?«
» Eines Tages hat irgendwer Gruber ziemlich deutlich gesteckt, dass sie es auch mit Stein treibt.«
» Wer?«, fragte Sarah.
Kunz runzelte die Stirn. » Jemand, der auch gern mal mit dem Chef ins Bett steigen würde und deshalb einen Fotografen auf Hilde angesetzt hat. Jemand, dem keine Sensation zu billig ist.«
Sarah blieb stehen, hielt Kunz am Ärmel fest, sah ihn fragend an. Sie war noch nicht lang genug dabei und als freie Journalistin zu selten im Haus, um den internen Tratsch genauer zu kennen. In diesem Moment bog Conny um die Ecke.
» Wenn man von der Sonne spricht«, strahlte Kunz mit falschem Lächeln.
*
Albo war später als gewöhnlich aufgestanden.
Kopfschmerzen hatten ihn ans Bett gefesselt. Jetzt saß er beim Küchentisch, vor ihm ein Glas Wasser, zwei Aspirin, ein Kaffee. Abwechselnd nippte er an dem Glas und der Tasse. Mit der rechten Hand malte er Buchstaben auf ein Blatt Papier. Ähnlich wie früher im Unterricht beim Deutschaufsatz. Schön schreiben, hatte seine Lehrerin ihn regelmäßig ermahnt.
Sachte bewegte er seine Hand von links nach rechts. Ein Name erschien: Katharina Mohn. Dann ihre Adresse, ihre Daten. Durch die gleichmäßigen Bewegungen, die seine Hand machte, um die Buchstaben und Zahlen aneinanderzureihen, trat er mit seinen Opfern in Verbindung. Jedes Mal bekam er dieses wohlige Bauchgefühl, wenn er den Namen seiner nächsten Auserwählten niederschrieb. Diese Tätigkeit kam ihm sehr bedeutend vor, war eine Art spirituelles Schaffen. Was wäre, wenn wir das Schreiben verlernen würden? Vergessen, wie man die Hand führt, um Schriftzeichen zu Papier zu bringen?
Schreiben.
Ein kostbarer Prozess, der im Gehirn beginnt und sich über die obere Extremität entlädt. Der Arm, der eigentlich der Hand die Beweglichkeit ermöglicht, das zu tun, was das Gehirn befiehlt. Schreiben, malen, töten.
Er war fasziniert. Wie gern hätte er sich selbst beim Denken zugesehen. Mittels Magnetresonanztomographie ging das. Er hatte davon gelesen und einen Satz aus einem medizinischen Buch auswendig gelernt: » Lernen und die Verarbeitung unbekannter Informationen basiert darauf, dass die Nervenzellen im Gehirn neue Verbindungen miteinander eingehen.«
Diese Verbindung der Nervenzellen hätte er gern beobachtet.
Das Radio lief. Die Nachrichten hatten begonnen. Berichte von der großen Finanzkrise wechselten sich ab mit Arbeitslosenstatistiken, Meldungen über Firmenschließungen und dem Tod Hilde Jahns. Gefolgt vom Wetterbericht und den Verkehrsnachrichten. Es war immer der gleiche Ablauf. Das mochte er. Abläufe mussten immer gleich sein. Daran konnte man sich orientieren. Alles andere war unprofessionell.
Auch das Gehirn hielt sich an exakte Reihenfolgen, um den menschlichen Körper zu beherrschen. Die Idee war neu: Das Gehirn beherrscht den Körper.
Die Nachrichten waren zu Ende. Musik spielte.
Albo blickte auf den Plan, den er sich erarbeitet hatte. Er war perfekt.
Er würde zwei Fliegen mit einer Klappe erledigen. Zum einen hätte eine Sozialschmarotzerin mehr den
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