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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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einzige Erklärung, die Yu finden konnte, war, dass sie mit ihrem sozialen Aufstieg angeben wollte. Aber tat man so etwas beständig und über Jahre hinweg?
    »Wenn sie eine so glückliche Ehe führt«, unterbrach Peiqin seinen Gedankengang, »warum kommt sie dann ständig nach Shanghai zurück?«
    »Das begreife ich auch nicht«, erwiderte er. Ermittlungen, bei denen man nicht wusste, worum es eigentlich ging, waren äußerst unbefriedigend. Aber vielleicht hatte Chen ja selbst keine klare Vorstellung von dem, was er suchte.
    Wieder klingelte Yus Handy. Auf dem Display erkannte er Chens Nummer.
    »Ich muss dich um einen weiteren Gefallen bitten, Yu.«
    »Schieß los, Chef. Wir sind gerade in Frau Lius früherem Viertel unterwegs.«
    »Danke, Yu, ich weiß das zu schätzen. Die andere Sache betrifft die Wuxi Chemiefabrik Nr. 1. Sie steht kurz vor dem Börsengang und wurde von dem ermordeten Liu geleitet. Ich kenne mich mit so etwas leider nicht aus, aber da fiel mir ein, dass das Lokal, wo Peiqin arbeitet, der Plum Blossom Pavilion Group angehört, die ebenfalls an die Börse will. Peiqin als Buchhalterin kann vielleicht herauskriegen, wie das bei der Chemiefabrik laufen soll.«
    »Ich werd’s ihr ausrichten, aber sie steht direkt neben mir. Sprich doch selber mit ihr.«
    »Nicht nötig. Mehr kann ich ihr auch nicht sagen. Aber bitte richte ihr aus, wie sehr ich ihre Hilfe zu schätzen weiß. Ich bin euch beiden wirklich etwas schuldig.«
    »Gibt’s wieder was zu tun für mich?«, erkundigte sich Peiqin lächelnd.
    Yu erklärte ihr Chens Anliegen.
    »Unser Restaurant ist nur eines von vielen innerhalb dieser Gruppe«, sagte sie kopfschüttelnd. »Solche Entscheidungen werden auf der Führungsebene getroffen, davon erfährt eine kleine Buchhalterin nichts.«
    »Aber du weißt doch, wie das so läuft an der Börse.« Yu dachte daran, dass sie gelegentlich ihr Glück mit Aktien versuchte.
    »Jeder Betrieb geht da eigene Wege, schließlich hat es das nach 1949 in unserem Land nicht mehr gegeben«, erwiderte sie nachdenklich. »Ich habe lediglich mal gehört, dass der Betriebsleiter, der den Börsengang initiiert, je nach Position einen bestimmten Aktienanteil bekommt – entweder gegen eine symbolische Summe oder ganz umsonst. Das heißt, durch die Umwandlung eines Staatsbetriebs in eine Aktiengesellschaft kann ein Parteikader und Firmenchef zum Millionär, wenn nicht zum Multimillionär werden.«
    »Aber das widerspricht doch völlig den Grundsätzen einer Partei, deren Funktionäre selbstlos und von ganzem Herzen dem Volke dienen sollen.«
    »Und ist zugleich der wichtigste Beweggrund, warum jemand heutzutage noch Parteikader werden will«, ergänzte sie mit ironischem Lächeln. »Mehr kann ich dazu nicht sagen. Wie soll ich Einblick in einen Betrieb in Wuxi haben? Dein Chef muss ganz schön verzweifelt sein, wenn er sich mit einer solchen Frage an jemanden wie mich wendet. Nur der Schwerkranke akzeptiert jeden Arzt .«
    »Du meinst, Chen steckt wieder mal in Schwierigkeiten?«
    »Zumindest scheint er ziemlich ratlos zu sein. Vielleicht hängt es mit dieser Affäre zusammen. Jedenfalls hat es keinen Sinn, in eines dieser Börsenbüros zu gehen, die haben heute geschlossen, weil Samstag ist.«
    »Ich kann nicht mal meine Autorität als Polizist geltend machen, das hat Chen sich ausdrücklich verbeten.«
    »Würde auch nichts nützen. Was wir brauchen, ist jemand, der Insiderwissen über diese Chemiefabrik in Wuxi hat.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Lass uns den anderen ein bisschen ausforschen, diesen Fu.«
    Fus Wohngegend war zufällig auch jene, in der Peiqin vor Ausbruch der Kulturrevolution ihre Kindheit verbracht hatte. Da sie einer »schwarzen« Familie entstammte, hatte sie schon immer wenig Kontakt mit den Nachbarn. Die Erinnerung daran, wie es gewesen war, ein »schwarzer Welpe« zu sein, der mit gesenktem Kopf und eingezogenem Schwanz herumlief, hatte sich ihr unauslöschlich eingeprägt. Deshalb war sie auch nur selten hierhin zurückgekehrt.
    »Nach so vielen Jahren wird mich wohl kaum noch jemand kennen«, sagte sie nachdenklich. »Und wenn, werden sie mir schon gleich gar nichts erzählen. Soweit ich mich erinnere, wohnte Fus Familie in einer Seitengasse.«
    Yu hatte da schon mehr Glück. Auf dem Weg telefonierte er ein bisschen herum und konnte einen Kollegen ausfindig machen, der mit dem zuständigen Nachbarschaftspolizisten, einem Mann namens Wei Guoqiang, befreundet war. Dieser hatte sich

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