Toete John Bender
unterbrochen.«
Jeffrey nickte und sah ihn wissend an.
»Verstehe«, antwortete er breit und kratzte sich hinter dem Ohr. Scheiß Ami, dachte er nur.
Frederik zeigte erneut einen Schauplatzwechsel an.
»Was ist mit Matthes«, schrie sie zurück und lief den Gang entlang. Tische, Pulte, Bildschirme, Steuerelemente. Ihr Herz sprang vor Freude, als sich der Gang vor ihr öffnete und zur Kontrollstation führte.
»Weiß nicht«, rief er. »Wir haben uns geprügelt.«
»Lebt er noch? Oder hast du ihn wie Diana getötet, du Schwein!«
»Das war ein Unfall und das weißt du, du Schlampe!«
Sie hörte, dass er wütender wurde. Und schneller. Sie sah sich um, konnte sich aber keinen Überblick verschaffen, der sie zu einer Lösung führte. Sie saß in der Falle.
»Du hast Tom mit der Axt erschlagen!«, schrie er.
»Er wollte mich töten. Vergewaltigen und dann töten!«
Sie erinnerte sich und Tränen schossen ihr hoch. Tom war total wahnsinnig geworden. Er hätte sie umgebracht. Sie hörte Brian schreien. Hasserfüllt.
»CARLA! Was hast du mit ihr gemacht?«
Sie musste sich eingestehen, dass eine weitere Antwort unglaubwürdig geklungen hätte, also verzichtete sie darauf.
»Ich bring’ dich um, du Fotze!«, brüllte er wie ein tollwütiges Tier.
Ihr Herz pochte und ihr Verstand raste. Was sollte sie tun? Brian würde sich nicht beruhigen lassen. Er hatte Diana erschlagen und Matthes würde es ähnlich ergangen sein.
»Das haben die mit uns gemacht! Matthes hatte Recht!«
Sie hörte ihn laufen, sah seinen Schatten, als er um die Ecke bog.
»FOTZE!« Mit Anlauf rannte er auf sie zu.
»Brian!«, warnte sie ihn.
»Du hast Carla umgebracht!«
Seine Augen glühten, er stieß Dampf aus. Er senkte den Kopf und wollte sie auf die Hörner nehmen. Sie holte aus und jagte ihm die Axt in den Rumpf. Sie rächte sich für Matthes, für Diana. Schlug und schlug, bis sie nicht mehr konnte. Sie keuchte und ließ die Axt fallen. Schweiß rann ihr in die Augen. Sie beruhigte sich und setzte sich neben ihm auf einen Stuhl, suchte nach einer Option. Offenbar hatte Brian eine Möglichkeit gefunden. Wie konnte das sein? Er hatte sie doch eben erst angegriffen! Egal. Sie nahm seine Hand von den Bedienelementen, studierte die Beschriftungen. Dann wusste sie, wie es gehen konnte.
Frederik atmete laut und verschnaufte einen Augenblick. Er sah sein Publikum an, straffte sich und setzte zum Endspurt an: Eine Szene im Pharmakonzern …
Er sah betreten und anteilnehmend aus dem Fenster.
»Tja, durch die Überhitzung ist ein Feuer ausgebrochen. Der Betreiber hat nicht rechtzeitig reagiert, fahrlässig gehandelt.« Er machte eine Pause, der Wirkung wegen, und nickte tadelnd mit dem Kopf. »Und somit den Tod aller fünf Probanden verschuldet!« Er hielt inne, ließ die Worte wirken, aber nicht zu lang. »Unsere Ergebnisse sind vor dem Feuer verschont geblieben und zeigen, dass wir auch Phase 3 überaus erfolgreich beenden konnten. Derzeit verifizieren wir unsere Ergebnisse in die Breite und ich kann hoffnungsvoll verkünden, dass wir in naher Zukunft imstande sein werden, sogenannte Emocodes ohne Nebenwirkungen und mit absoluter zeitlicher Präzision verabreichen zu können. Dies wird alle psychopharmakologischen Produkte obsolet werden lassen.«
Er nickte in die Runde und analysierte die Atmosphäre. Er hatte ein gutes Gefühl. Proband Nummer 6 hatte er verschwiegen.
…
Nummer 6 war sich sicher, dass sie verfolgt wurde. Und – dass Matthes Recht hatte. Sie war sich jedoch nicht sicher, welche Rolle sie dabei spielte. Sie wusste nicht, dass Proband Nummer 6, sie selbst, ein Versuchsobjekt außerhalb der Norm war. Belastete Proteinketten, extrahiert aus emotionalen Reaktionen psychisch Erkrankter. Sie wusste aber, dass diese komische Gruppe damit zu tun hatte, die auf der Insel, zu der sie geflüchtet war, um ein Lagerfeuer saß und einer Geschichte lauschte.
Merle schlich an die Gruppe heran und lächelte. Dann holte sie mit ihrer Axt aus.
Frederik setzte sich.
»Fertig«, sagte er, kniete sich hin, um nach seiner Tasse zu greifen, und trank aus ihr den letzten Schluck Tee.
Doris und Silvia drehten sich um. Außerhalb des Feuerkreises und des Jurtendachs regierte die Dunkelheit, und ihre Angst machte sie nun glauben, Schatten würden dort herumtanzen. Wolfgang schüttelte sich und langte nach dem Rum. Niemand konnte die Wirkung dieser von Frederik vorgetragenen Geschichte abstreifen, zu sehr waren sie noch gebannt. Tom
Weitere Kostenlose Bücher