Toete John Bender
grollte vom Himmel und ein einzelner Blitz zerriss die Dunkelheit über dem Meer.
»Gehen wir!«, sagte Tom und wollte vorangehen.
Jens hielt ihn am Arm zurück. »Was ist mit dem Floß?«, flüsterte er und sah beinahe hilflos aus. Offensichtlich fehlte ihm der rote Faden. Oder er spielte es geschickt!
»Vielleicht später«, zischte Tom und weihte ihn bewusst nicht ein.
»Was heißt später ? Wie soll das gehen, Tom? Warum gehen wir jetzt in den Wald?«, beharrte Jens auf einer zufriedenstellenden Antwort.
»Auch später, Jens. Ich kann und will es dir jetzt noch nicht erklären.«
Mittlerweile waren alle Teilnehmer aufgebrochen und Tom folgte ihnen. Jens lief ihm hinterher. Er wäre gerne noch etwas länger und ausführlicher eingeweiht worden.
»Wenn wir diesen Typen treffen, Jens, dann schnappen wir ihn uns, klar?«
»Wie, schnappen ?«
»Wir überwältigen ihn und fragen ihn, was er hier zu suchen hat. Er hat Bert und Lynn belästigt. Das reicht jetzt langsam«, sagte Tom entschlossen.
Jens konnte sich mit der Idee nicht anfreunden, zu suspekt war ihm der Fremde, zu brachial Toms Vorschlag.
»Sollen wir nicht lieber die Polizei verständigen?«, schlug er vor.
Tom musterte seinen Assistenten. Er wurde aus ihm nicht schlau. Wollte Jens Zeit schinden und spielte den naiven Unbeteiligten oder fürchtete er sich wirklich? Mit seiner Antwort wollte Tom provozieren.
»Scheiß auf die Polizei! Wenn wir den Typen kriegen, ist er dran. Wir schlagen ihn zusammen und quetschen ihn aus!«
Jens sah seinen Vorgesetzten ungläubig an. »Das meinst du nicht ernst, oder?«
Tom überlegte reiflich, ehe er antwortete: »Doch. Ich schlage ihn zusammen, wenn ich ihn kriege.«
***
S ie passierten den See auf der rechten Seite und die dunkle Silhouette des Waldes rückte immer näher. Tom hatte den Wald am Morgen als bedrohlich empfunden. Jetzt, eingetaucht in ein unwirkliches Zwielicht, wirkte er surreal, nicht von dieser Welt und noch bedrohlicher als vorher. Flankiert vom Zirpen der Grillen und dem Rufen der Frösche schritten sie schweigend voran. Sascha und Wolfgang setzten die Truhe ab und suchten nach einem natürlichen Einstieg in den Wald. Erneut donnerte es und eine kräftige Windböe fauchte durch die trockenen Gräser und kurz darauf durch die Kronen der Bäume.
»Ich glaube, es wird uns doch erwischen, oder? Zumindest sagen sie das durch«, meinte Frederik und zog sich einen Ohrhörer heraus.
»Was hörst du denn da die ganze Zeit?«, wollte Tom wissen und stellte fest, dass sie – er eingeschlossen – nur mit gedämpfter Stimme redeten.
»Im Moment habe ich so einen dänischen Regionalsender drin. Alle Schiffe aus dieser Region sollen in ihre Häfen zurückkehren, so viel habe ich verstehen können.«
Frederik drückte sich den Hörer wieder ins Ohr. Tom versuchte, sich zu orientieren. Heute Morgen hatte er den See beinahe umrundet, war von der anderen Seite in den Wald eingedrungen und dann auf den unheimlichen Bunker gestoßen. Sie mussten dem Waldrand noch ein Stück in Richtung See folgen.
»Die Bunkeranlagen liegen weiter in dieser Richtung«, wies er an und deutete in den Wald.
»Alles klar«, antwortete Sascha.
Er und Wolfgang hoben die Kiste wieder an und schritten in einer Entfernung von ungefähr fünfzig Metern am Waldrand entlang. Sie stießen auf den Pfad, den sie auch am ersten Tag zum See genommen hatten, und folgten ihm.
»Unheimlich!«, bemerkte Doris und meinte den Wald zu ihrer Linken. Das restliche Licht wurde von der Fülle an Totholz verschluckt und es schien, als würde auch jedes Geräusch verschlungen werden. Stille drang förmlich zwischen dem verkrüppelten Geäst hervor.
»Ja, der Wald ist echt unheimlich. Hast du gut gemacht, Tom«, scherzte Sascha.
Tom musste auflachen. Das war seinem Zynismus geschuldet. Er sah sich nach einem Pfad oder einem begehbaren Einstieg um. Von der Höhe her konnte es langsam stimmen. Zwei Blitze entluden sich hintereinander, illuminierten die Heide, den See und die ersten Meter Unterholz des Waldes. Nicht weit vor sich sahen sie im Schein des grellen Lichts eine dunkle Gestalt stehen, ihnen zugewandt, doch komplett durch einen Umhang mit Kapuze verhüllt. Silvia schrie erschrocken auf. Ihre Augen mussten sich erst wieder an die nun vorherrschenden Verhältnisse gewöhnen, dann erkannten sie, dass dort niemand mehr stand. Ein weiterer Blitz gab ihnen Gewissheit.
»Das war der Fremde«, stammelte Silvia.
Doris rieb sich die
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