Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
deiner gerechten Strafe errettet – und nicht wegen deiner Sünden!«
Der alte Mann schüttelte angewidert den Kopf. »Du bist ein böses Kind, Junge – ein böses Pflänzchen aus einem bösen Samen in einem fremden Feld.«
Das war der liebe alte Dad gewesen.
Nathans Mutter war nicht viel besser. Eine fettleibige Frau, die nicht mal regelmäßig gebadet hatte. Nathan hatte stets vermutet, dass sie Nathans Bestrafungen insgeheim gerne mit angesehen hatte. Der säuerliche Geruch, der von ihren Achselhöhlen aufgestiegen war, hatte ihm stets den Magen umgedreht bis hin zu dem Punkt, an dem er ihre bloße Nähe nicht mehr ertragen hatte. Bis zum heutigen Tag reichte allein die Erinnerung an ihren Gestank, um Übelkeit in ihm aufsteigen zu lassen.
Zum Glück hatte seine Mutter ihn die meiste Zeit ignoriert. Sie gab sich damit zufrieden, ihre Tage mit Essen zu verbringen. Sie aß alles, was in ihre Reichweite kam, selbst die kostbaren Äpfel, während sie mit ihren dicken Fingern durch ihre zahlreichen abgegriffenen Bibeln blätterte. Mit der Sünde der Völlerei schien sie allerdings nicht vertraut zu sein, auch wenn Nathan es niemals wagte, eine derartige Beobachtung laut zu äußern. Trotz allem war er nicht ganz sicher, ob die Missachtung durch die Mutter nicht noch mehr geschmerzt hatte als die Misshandlungen durch seinen Vater.
Er hatte als Kind niemals Umarmungen oder Küsse gekannt, und nach den Schlägen hatte er seine Wunden stets selbst versorgen müssen – kein leichtes Unterfangen, da die blutigen Striemen auf dem Rücken und dem Hintern waren, wo die Lehrer in der Schule und der Pfarrer in der Kirche sie nicht sehen konnten.
Erstaunlicherweise schienen seine Eltern wunderbar miteinander auszukommen. Nathan war jedes Mal erstaunt und angewidert, wenn er nachts das eiserne Bettgestell seiner Eltern unter dem Gewicht der Fettmassen seiner Mutter quietschen und knarren hörte. Er fragte sich, wie sein Vater es fertigbrachte, mit einer dermaßen ungepflegten Frau zu schlafen. Andererseits war der gute Dad selbst nicht gerade ein Hauptgewinn.
Nathan hatte als Kind zahlreiche Pflichten im Haus gehabt, doch anstatt zu versuchen, ihnen aus dem Weg zu gehen, wie die meisten Kinder es getan hätten, hatte er schnell gelernt, darin aufzugehen. Seine Hausarbeiten waren ein sicherer Hafen für ihn, eine vorübergehende Befreiung vom höllischen Alltag seiner Existenz.
Beispielsweise war der Boden ihres baufälligen alten Hauses, wann immer Nathan den Auftrag dazu erhielt, perfekt geschrubbt. Und wenn er die Vorratskammer aufräumen sollte, wischte er sorgfältig den Staub von sämtlichen Gläsern und Konserven, bevor er sie ordentlich aufeinanderstapelte. Jedes Etikett zeigte nach vorn, jede Dose war perfekt ausgerichtet, die Lebensmittel nach Alphabet sortiert und so arrangiert, dass sie möglichst schnell zu greifen waren.
Als Nathan älter wurde, nahm sein Sauberkeitswahn immer mehr zu bis hin zu dem Punkt, da ein Fleck unter dem Fingernagel ausreichte, um ihn nach draußen rennen zu lassen, wo er sich unter der Außendusche von Kopf bis Fuß mit derber Kernseife wusch, sogar im tiefsten Winter, bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt.
Alles und jedes in Nathans Leben – zumindest soweit er die Kontrolle darüber besaß – musste perfekt sein.
Perfekt und sauber.
33.
Vier Stunden nachdem Dana den blutigen Schauplatz des Mordes im Haus der Oteros verlassen hatte, schlüpfte sie in ihrem Hotelzimmer im Wichita Hyatt unter die Decke. Sie wollte gerade die Augen schließen, als das Telefon auf dem Nachttisch läutete.
Sie tastete in der Dunkelheit nach dem Hörer und hob ab. »Special Agent Whitestone hier.«
Es knackte und rauschte, und eine verstümmelte Stimme war zu hören.
»Hallo?« Dana hielt sich das andere Ohr zu, um Hintergrundgeräusche auszuschalten. »Wer ist da?«
Endlich wurde die Verbindung besser. »Hallo, Dana.«
Sie richtete sich kerzengerade auf. »Wer spricht da?«
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang tief und roboterhaft und war elektronisch verändert. »Alles zu seiner Zeit, meine Liebe, alles zu seiner Zeit. Du weißt ganz genau, wer hier ist, oder? Es würde mir gar nicht gefallen, wenn du mich vergessen hättest.«
Danas Herz hämmerte in ihren Ohren. Tränen schossen ihr in die Augen. Im Bruchteil einer Sekunde war sie wieder ein vier Jahre altes kleines Mädchen. Sie kämpfte um ihre Selbstbeherrschung. Sie klappte ihr Handy auf und versuchte, Brown
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