Töte mich - Osborne, J: Töte mich - Kill Me Once
Knie sank.
Ein Jahr später wurde Jennifer geboren. Sie war das hübscheste Baby, das Nathan jemals gesehen hatte.
Die Dinge waren gut gewesen damals. Geradezu perfekt.
Aber das war, bevor er eines Nachts spät von der Arbeit nach Hause kam und sich im schlimmsten Albtraum seines Lebens wiederfand.
37.
Draußen im geschäftigen Terminal des Hopkins International Airport schaltete Dana ihr Mobiltelefon wieder ein und stellte fest, dass sie einen Anruf von Crawford versäumt hatte. Sie suchte sich einen ruhigen Tisch in einer Ecke der großen Halle und rief ihn zurück.
»Bell hier«, meldete er sich.
»Ich bin es, Dana. Was gibt’s denn?«
Crawford stieß langsam die Luft aus, bevor er antwortete. »Ich bin nicht sicher, ob es Ihnen gefallen wird, Dana. Haben Sie einen Moment Zeit?«
Eine eisige Faust umschloss ihre Kehle, und sie schluckte mühsam. »Ja. Was ist denn?«
Crawford räusperte sich. »Nun ja, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche möchten Sie zuerst hören?«
»Die gute. Ich kann sie gebrauchen.«
Crawford lachte auf. »Dachte ich mir, dass Sie das sagen würden. Wie dem auch sei, ich habe mit Bill Krugman geredet, und er lässt Ihnen den Fall. Für den Augenblick zumindest. Er war strikt dagegen, aber ich konnte ihn überreden.«
»Wie haben Sie das angestellt?«
Crawford zögerte. »Ich hoffe, dass das jetzt nicht die schlechte Nachricht für Sie ist, Dana. Krugman will, dass ich mich offiziell an den Ermittlungen beteilige. Ihnen helfe, wo ich kann. Haben Sie ein Problem damit?«
Dana dachte kurz über diese Frage nach. Hatte sie ein Problem damit? Vor ein paar Monaten noch hätte sie einen Luftsprung gemacht, auch wenn sie sich alleine ausgezeichnet schlug. Doch inzwischen hatten sich die Dinge zwischen ihr und Crawford geändert. Sie hatte eine gewisse Entrücktheit an ihm bemerkt, eine geistige Abwesenheit. Vielleicht bildete sie sich alles nur ein, aber das erschien ihr eher unwahrscheinlich. Trotzdem war Crawford Bell immer noch einer der besten Agenten des FBI. Außerdem konnte sie, Dana, jede Hilfe brauchen. Abgesehen davon verdichtete sich in ihr der Eindruck, dass sie gar keine andere Wahl hatte. Sie waren früher ein gutes Team gewesen, und sie konnten es wieder sein.
»Seien Sie nicht albern, Crawford«, sagte sie. »Selbstverständlich freue ich mich über Ihre Hilfe. Wo wir gerade davon reden – wie weit sind Sie mit dem Profil? Es wäre ein großer Schritt nach vorn, wenn ich etwas Konkretes über die Psyche des Täters erfahren könnte. Ich habe das Gefühl, als würde ich ins Blaue schießen.«
Crawford schwieg. Sie konnte ihn am anderen Ende der Verbindung atmen hören, ehe er schließlich antwortete. »Ich muss Ihnen ein Geständnis machen, Dana. Ich bin noch nicht dazu gekommen, ein Profil zu erstellen. Ich hatte eine Menge andere Dinge zu tun.«
Dana traute ihren Ohren nicht. Sie versuchte den aufwallenden Zorn aus ihrer Stimme zu halten. »Was für Dinge, Crawford? Wir jagen hier einen Serienkiller. Finden Sie nicht, das sollte oberste Priorität haben?«
»Sicher, Sie haben ja recht …«, erwiderte Crawford verlegen. Er hustete, bevor er fortfuhr. »Es geht mir in letzter Zeit nicht so gut, Dana. Gesundheitlich, meine ich. Nachdem Sie Los Angeles verlassen hatten, war ich beim Arzt, um mich untersuchen zu lassen. Ich wollte wissen, was mit mir nicht stimmt. Man hat eine Kernspintomographie und eine Reihe weiterer Untersuchungen gemacht.« Er zögerte und fuhr nach kurzer Pause fort: »Tut mir leid, wenn ich Ihnen das am Telefon sagen muss, Dana, aber wie sich herausgestellt hat, habe ich einen Hirntumor. Unheilbar. Die Ärzte geben mir noch sechs Monate. Höchstens.«
Dana hätte beinahe das Handy fallen lassen, so groß war der Schock. Heiße Tränen schossen ihr in die Augen. »O Gott, Crawford! Es tut mir … es tut mir leid …«
»Ja. Mir auch. Aber was können wir daran ändern? Wenn unsere Zeit gekommen ist, dann ist sie gekommen. Wie dem auch sei, es wäre gut für mich, mit Ihnen an diesem Fall zu arbeiten. Es lenkt mich ab, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Dana wusste nicht, was sie sagen sollte. Er klang eigenartig entrückt, ganz nüchtern, als ginge ihn das alles überhaupt nichts an. Vielleicht war dies der einzige Weg für ihn, mit seinem Todesurteil umzugehen. Sie war keine medizinische Expertin, doch sie hatte gehört, dass ein Hirntumor manchmal schreckliche Auswirkungen auf den Verstand eines Betroffenen hatte
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