Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
wirklich nicht jeder ins Tonstudio. Den Termin hatte sie erst einen Tag vorher bestätigt und ihn gebeten, im Sender keinerlei Aufhebens davon zu machen. Je weniger Leute wussten, dass sie dort war, desto besser. Das war der Geheimniskrämerei um ihre Identität geschuldet, ein Marketingding.
»Ich kenne den Podcast dieser Sendung«, sagte Forsberg. »Worüber haben Sie sonst noch mit der Frau gesprochen?«
Leander fragte sich, worauf der Kommissar hinauswollte. Er überlegte. Es war nicht einfach, eine vier Jahre zurückliegende Unterhaltung zu rekonstruieren.
»Nicht viel«, sagte er wahrheitsgemäß. »Ich fragte sie bei der Begrüßung, ob sie zum Kulturfest nach Göteborg gekommen sei, und sie sagte, nein, ihre Mutter habe Geburtstag. Das war alles, was wir sozusagen außerdienstlich gesprochen haben, soweit ich mich erinnere.«
»Haben Sie über Ihre Frau oder Ihr Kind geredet?«, fragte Forsberg.
»Nein«, sagte Leander bestimmt. Das tat er nie mit Autoren. Für sie wollte er ausschließlich Leander Hansson, der Kritiker, sein, eine Respektsperson, ein arrogantes Arschloch, seinetwegen, auf keinen Fall aber Leander Hansson, der Ehemann oder Vater.
»Haben Sie vielleicht den Namen Nordin erwähnt?«
»Nein, natürlich nicht«, antwortete Leander ungeduldig. Was für seltsame Fragen dieser seltsame Mensch stellte.
»Und sie? Hat sie etwas erzählt? Vielleicht von ihrer Tochter?«
Leander schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich wusste gar nicht, dass sie eine hat.«
»Hat diese Frau etwa Lucie entführt?«, platzte Tinka heraus.
»Einen Moment bitte«, sagte Forsberg und hob die Hand in ihre Richtung wie ein Schiedsrichter. Die Ellbogen auf die Knie gestützt, nahm er wieder Leander ins Visier.
»Wie lief dieser Besuch genau ab?«
»So wie alle anderen«, sagte Leander. »Ich habe sie an der Pforte abgeholt, dann sind wir in mein Büro gegangen, wo sie ihre Sachen ablegte. Jacke und Handtasche. Dort bespreche ich mit den Autoren kurz die Fragen, die ich im Interview stellen werde, aber bei ihr musste ich das nicht. Sie sagte, es wäre ihr lieber, spontan zu antworten. Manche wollen das, sie sind dann weniger verkrampft. Also sind wir gleich zusammen rüber ins Tonstudio.«
»Wann war das?«
»Das weiß ich doch heute nicht« Leander unterbrach sich. Er hatte plötzlich ein Bild vor Augen.
»Was?«, fragte Forsberg, und auch Tinka sah ihn gespannt an.
Leander spürte seinen Puls beschleunigen, als er Forsberg beschrieb, woran er sich erinnerte.
»Nach der Aufnahme – die dauerte nur eine gute Viertelstunde – sind wir zurück in mein Büro, ihre Sachen holen. Ich war gerade dabei, sie zu verabschieden, als Tinka anrief. Ichich habe kurz mit meiner Frau geredet, und sie stand da, bereit zu gehen. Ich winkte ihr, sie solle warten. Also wartete sie. Und auf dem AktenschrankAuf dem Schrank steht ein Foto von Tinka und Lucie. Ich glaube, ich habe beim Telefonieren dieses Bild angeschaut« Etwas schnürte ihm die Kehle zu.
»Hat sie irgendwas dazu gesagt?«, fragte Forsberg.
Leander konnte nur den Kopf schütteln.
»Jetzt sagen Sie schon endlich, hat diese Frau Lucie entführt?«, herrschte Tinka nun den Kommissar an.
»Möglicherweise«, sagte Forsberg. Seinen Worten folgte eine atemlose Stille.
Leander war heiß geworden, und mit einem Mal war da wieder dieses Gefühl der Enge in seinem Brustkorb, genau wie vor ein paar Stunden in der Sportsbar. Er rang nach Luft. Tinka griff nach seiner Hand und hielt ihm ihr Wasserglas hin, das er in einem Zug leerte.
»Verzeihung«, murmelte er und schämte sich ein wenig für seine Schwäche, während er Forsberg zuhörte, der etwas von einer verlassenen Wohnung in Kopenhagen erzählte, die zur Stunde von der dänischen Polizei durchsucht werde.
»Also lebt sie?«, rief Tinka unbeherrscht.
»Wir müssen den DNA -Vergleich abwarten. Falls die dänische Polizei DNA -Spuren in der Wohnung findet, was wahrscheinlich ist, denn es sind noch Möbel da.«
»Mein Gott«, flüsterte Tinka. »Wo ist Lucie jetzt?«
»Das wissen wir nicht. Vielleicht hat die Person, die auch Sie erpresst hat, Kontakt zu ihr aufgenommen, warum auch immer, oder sie hatte das Gefühl, dass sie beobachtet wirdAber wir kennen jetzt ihre Identität, es wird weltweit nach ihr gefahndet. Ihr richtiger Name lautet übrigens Lillemor Ahlborg. Sagt Ihnen der Name etwas? Oder Camilla Ahlborg?«
Forsberg hatte die Fragen an Tinka gerichtet, warum auch immer. Die schüttelte den Kopf, aber Leander
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