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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Selbstmord?«
    »Wieso?«, fragte Forsberg.
    »Weil du hier bist«, sagte Eva.
    »Ach, das bin ich nur so«, sagte Forsberg.
    Sie waren weitergegangen, ihre langen Schritte knirschten über den Kies. Forsberg amüsierte sich im Stillen, bis sie fragte:
    »Geschieht eigentlich noch etwas im Fall Lucie Hansson?«
    »Wir bekommen immer noch Hinweise aus ganz Europa.«
    »Glaubst du, dass sie noch lebt?«
    Sein Blick wanderte über die Gräber. Drei Mädchen, dachte er. Lucie, Valeria, Annika. Und ihre Angehörigen, die sich diese Frage hundertmal am Tag stellten. Nicht umsonst war das Verschwindenlassen von Personen ein erprobtes Druckmittel von Diktatoren. Um Tote konnte man trauern, man konnte sie beerdigen und irgendwann mit ihnen abschließen. Mit Verschwundenen wurde man nie fertig.
    »Im Vertrauen?«, fragte Forsberg.
    Sie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu und blies den Rauch aus, auf eine laszive Art, wie man es nur noch in alten französischen Filmen sah.
    »Ich glaube nicht«, sagte Forsberg.
    Im zweiten Stock funktionierte die Klingel einwandfrei. Es näherten sich eilige Schritte und eine Frauenstimme sagte erleichtert: »Da ist ja deine Mama.«
    Ein zu enges und eindeutig zu laut geblümtes Kleid und eine altmodische Schürze umhüllten die dralle Figur von Janne Siska, einer Frau in den späten Dreißigern mit rötlich gefärbten Haaren, die auf ihrem Hinterkopf einen strengen Dutt bildeten. In die Kurve ihrer ausladenden Hüfte klammerte sich ein Baby mit verschmiertem Mund. Selma fühlte sich angesichts dieser vollbusigen Üppigkeit für eine Sekunde selbst wie ein Kind. Dann stellte sie sich vor, wies sich aus und Janne Siska musterte sie mit einer Mischung aus Überraschung und Misstrauen. Ein blondlockiges Mädchen, drei oder vier, lugte um die Ecke und gleich darauf erschien hinter ihr ein zweites Kind, das aussah wie ihr Negativ: dunkle Haut, schwarzes Strubbelhaar, braune Samtaugen. Beide huschten nach einem kurzen Blick auf Selma davon wie scheue Tiere, den Geräuschen eines Fernsehers hinterher. »Lena, mach das leiser, der Papa schläft«, brüllte Janne Siska. Sie bat Selma herein. Die Wohnung der Siskas schien größer zu sein als die der Bobrows. Über einen orientalisch gemusterten Läufer gelangte man in die Küche. Topfpflanzen drängten sich auf dem Fensterbrett, und auf dem Herd köchelte etwas, das verführerisch duftete, besonders jetzt, als Frau Siska den Deckel hob und umrührte. Gulasch, vermutete Selma, oder Borschtsch. Ihr fiel ein, dass sie heute erst einen Apfel gegessen hatte.
    Selma durfte auf der gepolsterten Eckbank Platz nehmen. Hinter ihr schmückten Keramikteller die Wand, und eine Flagge: Querstreifen in Gelb, Grün, Rot. Litauen. Offenbar war man bemüht, sich in feindlicher Umgebung einen Anstrich von Bürgerlichkeit zu bewahren, denn alles wirkte sauber und ordentlich, nur vor dem Heizkörper harrten schmutzverkrustete Männerstiefel auf Zeitungspapier der Reinigung.
    »Mein Mann hat die ganze Nacht gearbeitet«, erklärte Janne Siska ungefragt. Sie setzte sich Selma gegenüber, während der kleine Alexander wie ein Käfer über den Fußboden krabbelte.
    »Wo und was arbeitet Ihr Mann?«, fragte Selma.
    Janne Siska zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Er fährt Taxi.«
    »Für welches Unternehmen?«
    »Selbständig.«
    Ihre blaue Stimme bekam einen Grünschimmer. Das Thema schien ihr nicht zu behagen. Bestimmt fuhr er eines der zahlreichen Schwarztaxis. Sie waren den regulären Taxiunternehmen ein Dorn im Auge, denn besonders nachts hielten sie sich nicht an die vorgegebenen Halteplätze für Taxen, sondern griffen die Kundschaft direkt vor den Nachtklubs auf.
    Janne Siska bestätigte, dass sie ab und zu auf den Sohn von Oxana Bobrow aufpasste, wenn diese arbeiten musste. Selma fragte, ob sie wisse, worin diese Arbeit bestand.
    »Putzen«, antwortete Frau Siska in Grün und fuhrwerkte dabei wild in ihrem Kochtopf herum.
    »Hatte sie ab und zu Männerbesuche?«
    Frau Siska hörte auf zu rühren und stemmte die Fäuste in die Hüften.
    »Woher soll ich das wissen? Sie bringt und holt das Kind, das ist alles!«
    Ein untersetzter Mann in ausgebeulten Trainingshosen und einem weißen Feinripphemd schlurfte an der Küchentür vorbei. Das Bad musste sich gleich nebenan befinden, denn durch die dünne Wand war deutlich zu hören, dass Herr Siska auf dem Klo saß. Vergeblich klapperte seine Frau mit dem Kochlöffel gegen die Geräusche an. Selma verkniff sich ein

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