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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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rumgetanzt. Es war gut, dass er den Posten abgegeben hat. Aber er war immerkorrekt.«
    »Korrekt«, sagte Dag.
    Martas Finger zuckten auf der Bettdecke.
    »Reflexe«, sagte Dag.
    Eva nickte.
    »Weißt du eigentlich, warum ich damals von zu Hause abgehauen bin?«
    Eva zögerte kurz.
    »Ich glaube schon. Natürlich habe ich mitgekriegt, dass es manchmal laut war bei euch drüben.«
    »Laut, ja«, sagte er und strich sich über den Nacken.
    Eva fühlte sich unwohl. Diese alten Geschichten.
    »Weißt du, manchmal war auch monatelang Ruhe, und wir dachten schon, es hätte sich gebessert. Aber dann wieder genügte ein geringer AnlassIch lebte ständig in einer Art Lauerstellung, hatte Angst vor einem Missgeschick, Angst vor einer schlechten Note oder dass etwas passierte, für das ich gar nichts konnte. Deshalb war ich so gern bei euch drüben.«
    »Ich fürchte, ich war als Kind nicht immer nett zu dir«, sagte Eva.
    »Das war mir egal. Bei euch fühlte ich mich sicher.«
    Blau gerahmte Birken im Schnee und ein Schwarm Krähen an der Wand gegenüber. Evas Beklommenheit wuchs. Das schlechte Gewissen. Sie hatte Forsberg gegenüber behauptet, sie wäre nie mit Magnus Cederlund allein gewesen. Aber das stimmte nicht ganz. Einmal war sie doch mit Dags Vater allein gewesen. Damals, als er sie an der Bushaltestelle stehen gesehen und in seinen Wagen gebeten hatte. Nach einer kurzen Strecke, die sie wortlos zurückgelegt hatten, war er in eine Seitenstraße eingebogen, eine Zufahrt zu einem Sportgelände. Dort hatte er angehalten und den Motor abgestellt. Sich zu ihr umgedreht, sie mit Blicken durchbohrt und sie noch einmal gebeten, zu überlegen, wo Dag sein könnte. Eva fand das unheimlich, aber dennoch hatte sie erneut behauptet, sie wisse es nicht. Daraufhin hatte er sich von ihr abgewandt, die Arme über dem Lenkrad gekreuzt, den Kopf darauf gelegt und geweint. Richtig geweint, Rotz und Wasser. Eva hatte noch nie einen erwachsenen Mann derart weinen sehen. Peinlich berührt von seiner Verzweiflung und um der Situation zu entkommen, hatte sie gesagt, er solle seinen Sohn im Schlosswald suchen, dort, wo immer die Punks herumhingen.
    »Hat erMarta auch geschlagen?«, fragte sie.
    Dag sah sie an, und dann fing er an zu lachen. Ein unbeholfenes, trauriges Lachen, als habe er richtiges Lachen nie gelernt.
    »Du hast es auch nicht kapiert«, sagte er dann. »Nicht er hat uns geschlagen. Sie war es. Meine Mutter hat mich wegen der geringsten Kleinigkeit verhauen. Sie benutzte alles Mögliche – Teppichklopfer, Gürtel, was ihr gerade in die Quere kam. Und manchmal ist sie auch auf meinen Vater losgegangen, wenn sie eine ihrerLaunen hatte. Sie war dann wie ausgewechselt, wie eine Furie. Angeblich hat es angefangen, nachdem meine kleine Schwester gestorben war. Ich erinnere mich nicht an sie, ich war noch sehr klein, als das geschah. Danach muss bei ihr da oben irgendwas durchgebrannt sein.«
    Eva vergaß, den Mund zu schließen.
    Dag lächelte traurig. »Das versteht niemand. Sieh sie dir an, sie wirkt so zerbrechlich. Fast wie ein Kind.«
    Ein Kind, dachte Eva.
    Martas Lider flatterten. Ob sie wohl hören konnte, was sie sagten? Angeblich gab es Komapatienten, die noch so einiges mitbekamen. Wenn schon, dachte Eva, sie erfährt ja keine Geheimnisse.
    »Er hat nie zurückgeschlagen. Vielleicht hätte er das tun sollen. Aber so war er nicht, das konnte er nicht. »Man schlägt keine Frauen«, das sagte er mir immer wieder. Aber ich hab’s eines Tages doch getan. Ich wollte sie wenigstens ein einziges Mal in die Schranken weisen. Als mein Vater davon erfuhr – sie konnte es nicht verheimlichen, ich hatte sie mit der Faust über dem Auge erwischt –, hat er mich angeschrien und verprügelt. Danach bin ich abgehauen. Aber die Polizei hat mich gefunden und zurückgebracht.«
    Eva schluckte. Sie überlegte, ob sie es Dag sagen sollte. Ob er es verstehen würde, ihren damaligen Verrat. Sie zögerte, kam dann aber zu dem Schluss, dass man die Vergangenheit besser ruhen ließ.
    »Danach sagte meine Mutter, ich müsse ausziehen, und auch mein Vater meinte, das wäre das Beste für mich. Sie fanden ein Internat für mich, und in den Ferien war ich bei Tante Helga in Malmö. Ich habe meinen Vater bis zu seinem Tod vielleicht noch drei, vier Mal gesehen.«
    Das Beste für ihn.
    »Er hatte bestimmt ein schlechtes Gewissen, weil er dich im Stich gelassen hat«, sagte Eva und realisierte dabei, dass sie sich anhörte wie die Ratgeberkolumne

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