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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Kommandant feststellen konnte, ging dem Kommissar Wachtmeister Els’ Bekenntnis noch immer sehr im Kopf rum. »Wie schreiben Sie Präparator?« fragte er Wachtmeister Oosthuizen.
    »Ach, ich würde zu keinem gehen«, erwiderte der Wachtmeister, »Sie brauchen einen richtigen Chirurgen.«
    »Ich hatte auch nicht vor, zu einem Präparator zu gehen«, schrie der Kommandant. »Ich will bloß wissen, wie das Wort geschrieben wird.«
    »Das wichtigste ist erst mal, einen geeigneten Spender zu finden«, fuhr der Wachtmeister fort, und der Kommandant hatte den Versuch aufgegeben, den Brief noch fertigzukriegen. »Warum reden Sie denn nicht mal mit Els? Er sollte Ihnen doch einen verschaffen können.«
    »Ich will aber keinen Nigger«, sagte der Kommandant entschlossen, »lieber würde ich sterben.«
    »Das sagte mein Vetter auch genau an dem Tag, als er abnippelte«, fing Verkramp an.
    »Schnauze«, bellte der Kommandant, ging in sein Büro und machte die Tür hinter sich zu. Er setzte sich an den Schreibtisch und überlegte, wie Wachtmeister Els ihm einen Spender verschaffen könne. Eine halbe Stunde später griff er zum Telefon.
    Nicht ohne einiges Erstaunen nahm Jonathan Hazelstone zur Kenntnis, daß Kommandant van Heerden die Bitte geäußert habe, ihn zu sehen.
    »Kommt doch bloß, um sich an meinem Anblick zu weiden«, sagte er, als Direktor Schnapps ihm die Mitteilung des Kommandanten überbrachte. Noch erstaunter war er über die Art, wie diese Bitte formuliert war. Kommandant van Heerden bat nicht geradezu um eine Audienz, aber seine Zeilen sprachen von »einem Zusammentreffen, vielleicht in der Abgeschiedenheit der Gefängniskapelle, um eine Angelegenheit in unser beider Interesse zu erörtern«. Jonathan zermarterte sich das Gehirn nach einer Angelegenheit in ihrer beider Interesse, aber abgesehen von seiner bevorstehenden Hinrichtung, an der Kommandant van Heerden ein beträchtliches Interesse haben mußte, wenn seine Bemühungen, sie zuwege zu bringen, etwas war, wonach man gehen konnte, fielen ihm keine Interessen ein, die er mit dem Kommandanten teilte. Zunächst hatte er erwogen, die Bitte abzuschlagen, aber dann hatte er sich doch von dem alten Wärter überreden lassen hinzugehen. Dessen Darmbeschwerden hatten aufgehört, seitdem Els die Säcke nicht mehr zum Platzen brachte.
    »Man weiß doch nie. Er könnte ja vielleicht eine gute Nachricht für Sie haben«, sagte der Wärter, und der Bischof hatte dem Treffen zugestimmt.
    Sie kamen eines Nachmittags in der Gefängniskapelle zusammen, genau eine Woche, bevor die Hinrichtung stattfinden sollte. Mit Ketten und Handschellen gefesselt rasselte der Bischof hinüber und fand den Kommandanten auf einem Betstuhl sitzen und auf ihn warten. Auf Vorschlag des Kommandanten gingen die beiden Männer den Mittelgang hinauf und knieten nebeneinander an der Altarschranke, außer Hörweite der Wärter an der Kapellentür, nieder. In den Fenstern über ihnen filterten Szenen erbaulichen Grauens, im neunzehnten Jahrhundert in farbigem Glas ausgeführt, das Sonnenlicht, das die duffen Farben und die Rippen hinter dem Glas zu durchdringen vermochte, bis die ganze Kapelle wie von dunklem Blut erglühte.
    Während Kommandant van Heerden ein kurzes Gebet sprach, starrte der Bischof, der die Aufforderung des Kommandanten, ebenfalls zu beten, abgelehnt hatte, ehrfurchtsvoll zu den Fenstern hinauf. Er hatte sich überhaupt noch nie klargemacht, wie viele Arten es gab, Leute zu Tode zu bringen. Die Fenster stellten einen umfassenden Hinrichtungskatalog dar, der von der einfachen Kreuzigung bis zur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen reichte. Die heilige Katharina auf dem Rad verdiente nach Ansicht des Bischofs ihre Berühmtheit als Feuerwerksmarke durchaus, und der heilige Sebastian hätte ein ideales Warenzeichen für Nadelkissen abgegeben. Einer nach dem anderen gelangten die Märtyrer an ihr Ende, und das in einem Realismus, der den Künstler als ein Genie, und ein übergeschnapptes obendrein, zu erkennen zu geben schien. Der elektrische Stuhl auf dem einen Fenster gefiel dem Bischof besonders gut. Mit einer wahrhaft viktorianischen Versessenheit auf Naturalistisches in Verbindung mit Hochdramatischem war die Gestalt auf dem Stuhl in eine Aura elektrischblauer Funken gehüllt dargestellt. Der Bischof blickte zu ihr hoch und war froh, in das Zusammentreffen eingewilligt zu haben. Diese Fenster gaben ihm die Gewißheit, daß sein eigenes Ende am Galgen, ganz gleich, wie gräßlich

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