Tokio Killer - 02 - Die Rache
Machtkämpfen kommen. Und dabei wird es nicht ohne Betrug und Verrat abgehen. Spitzel und Kontakte, die jetzt noch versteckt sind, werden aufgedeckt werden. Der kriminelle Einfluss auf legale Unternehmen wird geschwächt.»
«Eine Zeit lang», sagte ich.
«Eine Zeit lang.»
Ich dachte daran, was Kanezaki mir über Crepuscular erzählt hatte.
«Ich hatte neulich einen Zusammenstoß mit jemandem von der CIA», sagte ich. «Er hat etwas erwähnt, was dich vielleicht interessieren wird.»
«Ja?»
«Sein Name ist Kanezaki Tomohisa. Er ist Amerikaner japanischer Abstammung. Er hat von einem CIA-Programm zur ‹Förderung von Reformen und zur Beseitigung von Reformhindernissen› gesprochen. Es nennt sich Crepuscular. Klingt ganz nach deinem Spezialgebiet.»
Er nickte einen Moment lang bedächtig, dann sagte er: «Erzähl mir von dem Programm.»
Ich fing an, ihm das wenige zu berichten, was ich gehört hatte. Dann fiel bei mir der Groschen. «Du kennst den Typen», sagte ich.
Er zuckte die Achseln. «Er war einer der beiden, die zu uns gekommen sind und uns um Hilfe bei der Suche nach dir gebeten haben.»
Na prima. «Wer war der andere?»
«Holtzers Nachfolger als Dienststellenleiter der CIA in Tokio. James Biddle.»
«Nie von ihm gehört.»
«Er ist relativ jung für den Posten. Etwa vierzig. Vielleicht gehört er zur neuen Generation bei der CIA.»
Ich erzählte ihm, wie es zu der Begegnung mit Kanezaki und seinem Begleiter gekommen war, veränderte die Details aber ein wenig, um zu verdecken, welche Rolle Harry dabei spielte.
«Wie haben sie dich gefunden?», wollte er wissen. «Ich habe ein ganzes Jahr gebraucht, und das mit Informanten und Zugriff auf Juki Net und die Kameras.»
«Eine Schwachstelle in meinem Sicherheitssystem», erklärte ich. «Sie ist beseitigt worden.»
«Und Crepuscular?», fragte er.
«Ich weiß nicht mehr, als ich dir erzählt habe. Genaueres habe ich nicht in Erfahrung bringen können.»
Er trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. «Macht nichts. Ich glaube kaum, dass Kanezaki-san dir mehr hätte erzählen können, als ich bereits weiß.»
Ich sah ihn an und war wie immer beeindruckt von der Fülle seiner Informationen. «Was weißt du?»
«Die US-Regierung schleust verschiedenen japanischen Reformern Geld zu. Es ist ein ganz ähnliches Programm wie das der CIA nach dem Krieg, als sie die Liberaldemokratische Partei als Bollwerk gegen den Kommunismus unterstützt haben. Bloß die Empfänger haben sich geändert.»
«Und was hat es mit der ‹Hindernisbeseitigung› auf sich?»
Er zuckte die Achseln. «Ich könnte mir schon vorstellen, dass ihnen, wie Kanezaki-san angedeutet hat, in dieser Hinsicht deine Hilfe gelegen gekommen wäre.»
Ich lachte. «Die Burschen sind manchmal derart anmaßend, dass es schon fast wieder eine gewisse Größe hat.»
Er nickte. «Vielleicht nehmen sie aber auch fälschlicherweise an, dass du irgendwas mit dem Ableben von William Holtzer zu tun hast. In jedem Fall solltest du dich von ihnen fern halten. Ich denke, wir wissen, dass denen nicht zu trauen ist.»
Ich lächelte, weil er vermutlich bewusst von «wir» und «denen» sprach, als wären Tatsu und ich Partner.
«Also gut», sagte ich. «Erzähl mir was über den Gefallen, den ich dir tun soll.»
Er zögerte, dann sagte er: «Es geht um einen weiteren wichtigen Yamaoto-Mann. Wieder einer, dessen grobschlächtiges Äußeres seine feineren Fähigkeiten maskiert.»
«Wer ist es?»
Er sah mich an. «Jemand, in den du dich hineinversetzen können müsstest. Ein Killer.»
«Ach nein», sagte ich und tat unbekümmert.
Die Kellnerin brachte seinen Tee und stellte ihn vor ihm auf den Tisch. Er hob die Tasse in meine Richtung, prostete mir lautlos zu und trank einen Schluck.
«Er ist ein seltsamer Mann», sagte er, ohne mich aus den Augen zu lassen. «Bei dem Hintergrund, den er hat, könnte man meinen, er sei bloß irgendein brutaler Schläger. Als Kind misshandelt, Prügeleien in der Schule und frühe Hinweise auf sadistische Neigungen. Die Schule geschmissen, um Sumo-Ringer zu werden, konnte es aber nicht auf die erforderliche Körpermasse bringen. Dann versuchte er sich als Thaiboxer und hatte eine kurze aber unspektakuläre Profikarriere. Vor etwa fünf Jahren fing er mit diesem NHB-Kampfsport an. NHB, das steht für ‹No Holds Barred› und bedeutet, dass alles erlaubt ist. Die Variante, die er praktiziert, nennt sich ‹Pride›. Schon mal davon gehört?»
«Klar», sagte ich.
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